Das „Kleine Steakhaus“ behauptet sich an einem schwierigen Standort. Mit erstaunlichem Erfolg.
Seit 26 Jahren am StandortWie das „Kleine Steakhaus“ auf der Hohe Straße überlebt – und das gut

'Wer geht eigentlich da rein?', fragt man sich beim Vorbeigehen: Doch 'Das kleine Steakhaus' mitten auf der Hohe Straße gibt es jetzt schon seit 40 Jahren. Die Besitzer erzählen über Laufkundschaft, Touristen, Stammgäste und die Veränderungen in der Straße.
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Wenn man aus dem Fenster schaut, sieht man gegenüber die Baustelle für die Stadtbibliothek und die gestapelten Käselaibe von „Cheese & More“. Links hängt das Logo von „Lego“, rechts das vom „DM“-Drogeriemarkt. Und unten vor der Tür tobt der übliche Wahnsinn der Hohe Straße. Menschen schieben sich durch die schmale Fußgängerzone, die zwischen Marken-Glanz am Anfang und Billig-Elend ab der Mitte oszilliert. Mittendrin weist ein Aufsteller darauf hin, dass sich im ersten Stock ein Restaurant befindet: „Das kleine Steakhaus“. „Wer geht hier wohl rein? Ist das eine Touristenfalle?“, mag sich so mancher schon gefragt haben, wenn er die Werbung überhaupt bemerkt.
Kölner Steakhaus hat keine Laufkundschaft auf der Hohe Straße
Es gehen viele rein. So viele, dass das „Kleine Steakhaus“ in diesem Jahr seinen 40. Geburtstag feiern kann, 26 Jahre davon am schwierigen Standort Hohe Straße. Und es ist auch gar nicht klein: Insgesamt gibt es hier in drei Räumen auf zwei Etagen 200 Plätze, dazu gehört ein großer Eventsaal für Feiern. Dimensionen, die man sich von unten nicht vorstellen kann.

Heike Bridi und Edi Viskovic führen das Steakhaus.
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Heike Bridi, die das Restaurant gemeinsam mit ihrem Mann Edi Viskovic führt, kennt das Vorurteil mit der Touristenfalle und kann darüber nur lächeln. „Touristen kommen hier fast keine. Von 100 Gästen sind vielleicht drei Laufkundschaft. Wir leben von Stammgästen.“ Der Ruf habe sich über die Jahre herumgesprochen. Die Lage in der abends toten Fußgängerzone und dann auch noch im ersten Stock sei für einen Gastronomiebetrieb eigentlich ein Albtraum. „Das schaffen höchstens Chinesen.“ Aber die Lage habe auch Vorteile. „Hier gibt es sonst in der Nähe nur Brauhäuser, und das ist vielen Gästen zu rummelig. Außerdem geht der Kölner an sich ja nicht in die Altstadt“, sagt Edi Viskovic und lacht. Das versteckte Steakhaus sei da wie ein Leuchtturm.
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Ungewöhnliche Ausblicke auf die Hohe Straße vom Gastraum aus
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Ohne den Ruf, den sie sich am ersten Standort in der Komödienstraße erarbeitet haben, wäre der Erfolg aber nicht möglich gewesen, sagen sie. 14 Jahre arbeiteten sie in damals in bester Gastro-Nachbarschaft mit dem Spitzenrestaurant „La Poêle d'Or“ (2015 geschlossen), dem „Daitokai“ (geschlossen 2019) und dem „Sansone“, das auch verschwunden ist. Dann gab es Unstimmigkeiten mit dem Vermieter und man zog an die Hohe Straße. „Wir hatten schon einen Namen, und die Gäste sind mitgekommen, sonst wäre das nicht machbar gewesen an diesem Standort“, sagt Edi Viscovic.
Kölner Geistliche kommen auch an Fisch-Tagen
Zu den Stammkunden zählen viele Prominente. Heike Bridi hat die Namen für die Zeitung fein säuberlich auf ein Blatt Papier geschrieben. Viele Fußballer sind darunter, Schauspieler, TV-Stars und Moderatoren, die in den WDR- und RTL-Studios und Theatern zu tun haben. Ex-FC-Spieler Christian Clemens feierte hier die Unterzeichnung seines Profivertrages. Auch die hohen Geistlichen vom Dom kämen gerne ins Steakhaus – übrigens auch an Tagen, an denen eigentlich Fisch gegessen werden soll. Auch Kardinal Woelki schätze es, dass man hier diskret – ohne einsehbare Fenster – sitzen und auch mal Besprechungen führen kann, erzählen die Gastgeber.

Werbetafel am Eingang des Steakhauses
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Fotos von den berühmten Gästen gibt es nicht. „Wir sind diskret. Das machen wir grundsätzlich nicht. Die Leute wollen ihre Ruhe“, sagt Heike Bridi. Nur einmal, da habe sie sich dann doch nicht zurückhalten können und habe „Tatort“-Star Miroslav Nemec angesprochen. „Wie schön, dass Sie hier sind, Sie sind mein Lieblingskommissar.“ Er sei ja schließlich auch wie ihr Mann gebürtiger Kroate, sagt sie und lacht.
Stolz sind die beiden über Lob von höchster Stelle: Sternekoch Dieter Müller habe das Steakhaus in einem Interview einst als sein Lieblingsrestaurant bezeichnet. Dabei beschreibt Edi Viskovic den Stil seiner Küche ganz bescheiden: „Wir sind gut, korrekt, stabil, vielleicht auch ein bisschen langweilig.“ Die Eheleute, beide im Hotelfach ausgebildet, setzen auf Bewährtes. Spitzenreiter sind sowieso die Steaks.
Das Rezept für die Thousand-Island-Sauce hat sich in 40 Jahren nicht geändert. Es gibt Cordon Bleu, Schweinmedaillons und Lammkotelettes, daneben auch zwei vegane Gerichte und einen trendigen Smashburger. Wobei sie sicher sind: „Die Smashburger-Welle wird in zwei Jahren wieder verschwunden sein, wir bleiben.“ Gar nicht in die Tüte kommen QR-Codes auf den Tischen anstatt Speisekarte. „Hier wird noch richtig am Tisch bedient.“
Kritik am Zustand der Hohe Straße
Die Gäste mögen das, inzwischen kommen schon die Kinder und Kindeskinder der Stammgäste. Allerdings bemerken alle den Verfall drumherum. „Seit ungefähr zehn Jahren geht es stark bergab. Es gibt auch einige Gäste, die deswegen nicht mehr so gerne kommen“, sagt Edi Viskovic. Für das Ehepaar der Hauptgrund für Leerstände und zweifelhafte Zwischennutzungen: „Die Hausbesitzer verlangen immer noch viel zu hohe Mieten, dabei funktioniert der Einzelhandel nicht mehr so wie früher.“ Sie selbst sind allerdings mit ihrem Vermieter sehr glücklich. „Er hat uns auch in der Corona-Zeit sehr unterstützt.“

Der große Eventsaal kann gemietet werden. Hier wird schonmal bis 5 Uhr morgens gefeiert.
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Man hätte der Entwicklung viel früher gegensteuern müssen, meinen sie. Zwar seien viele Umbauten angekündigt – zum Beispiel beim ehemaligen Mantelhaus Goertz und dem Mediamarkt-Gebäude –, aber es wird Jahre dauern, bis alles fertig ist. Über den Interimsstandort der Stadtbibliothek schräg gegenüber freuen sie sich. „Die hat auch sonntags geöffnet, das bringt vielleicht neue Gäste.“ Einen Ruhetag hat das Steakhaus schon jetzt nicht. Und in den Um- und Neubauten sind nun oft auch Wohnungen eingeplant. „Da wird eine neue Infrastruktur entstehen.“
Die Übergangszeit bis zur Genesung der Hohe Straße werden sie auch noch überstehen, sind die beiden überzeugt. Ihr Sohn ist schon ins Geschäft eingestiegen und hilft, die 36 Angestellten zu koordinieren. Und dass auf der Hohe Straße kaum jemand wohnt, habe auch Vorteile. Da könne sich auch niemand über Lärmbelästigung beschweren. Denn im Steakhaus, das üblicherweise bis 23 Uhr geöffnet hat, wird im Eventsaal schon mal bis 5 Uhr morgens laut gefeiert.
Das Ehepaar selbst wohnt weit weg von der Hohe Straße. In Hoffnungsthal. „Im Grünen, das brauchen wir als Ausgleich“, sagt Heike Bridi.