Geheimnis Kölner DomDie Legende um Kölns ersten Dombaumeister steckt voller Aberglauben

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Der Kölner Dom (Symbolbild)

Der Kölner Dom (Symbolbild)

Meister Gerhard kam um 1270 herum bei einem Sturz vom Baugerüst des Doms ums Leben – Anlass für schaurige Geschichten.

Die Geschichte vom Teufelspakt des allerersten Dombaumeisters, Meister Gerhard, wird immer wieder gern erzählt. Sie schildert eingangs die Begegnung Gerhards mit einem geheimnisvollen Fremden, der einen perfekten Grundriss des Kölner Doms in den Boden zeichnete. Gerhard versprach ihm seine Seele für den Entwurf und dazu noch die Seelen seiner Frau und seiner Kinder, wenn es gelänge, den Dom innerhalb von drei Jahren fertig zu bauen. Mit einer List schaffte es Gerhards Frau, den Verlust ihrer Seelen an den Teufel abzuwenden. Doch dafür scheiterte die schnelle Vollendung des Kölner Doms.

Diese Legende ist schaurig schön, aber auch Ausbund blühender Fantasie. Von meinem historischen Vorgänger ist im Grunde nur der Name verbürgt, der in einem Dokument aus dem Jahr 1257 genannt ist. 1248 soll er geheiratet und später mit seiner Frau Gude vier Kinder gehabt haben. Um 1270 herum kam er bei einem Sturz vom Baugerüst des Doms ums Leben.

Kölner Dom: Meister Gerhards Pakt mit dem Teufel

Was wir darüber hinaus aber ganz sicher wissen: Meister Gerhard war ein Genie. Warum? Nun, sehen Sie sich einfach den Kölner Dom an! Wer vor 800 Jahren einen dermaßen gewaltigen und kühnen Bau so zu konzipieren wusste, dass man diesen noch 600 Jahre danach auf Basis der ursprünglichen Planung vollenden konnte, der muss wahrlich einmalige Fähigkeiten besessen haben.

Selbstbildnis des Meister Gerhard am Dom

Selbstbildnis des Meister Gerhard am Dom

Das dürfte denn auch der Ursprung der Legende vom Pakt mit dem Teufel gewesen sein. Dahinter steht offenkundig eine weit verbreitete Abneigung gegen Ausnahme-Erscheinungen, die aber keineswegs auf das Mittelalter beschränkt ist, sondern gelegentlich auch heute noch feststellbar sein soll. Wenn also jemand etwas konnte, was andere nicht konnten und ihnen das deshalb rätselhaft vorkam, dann musste wohl der Teufel seine Hände im Spiel haben. Dieser Aberglaube konnte kräuterkundigen Heilerinnen ebenso zum Verhängnis werden wie auch anderen Menschen mit außergewöhnlichen Begabungen.

Deswegen finde ich die Geschichte von Meister Gerhards Teufelspakt auch fast ein bisschen gefährlich, weil sie unterschwellig die Anerkennung für besondere Leistungen verweigert und diese herabsetzt. In seinem Köln-Krimi „Tod und Teufel“ hat Frank Schätzing dem „Teufelspakt“ des ersten Dombaumeisters die Lesart entgegengestellt, dass Meister Gerhard in Wahrheit Opfer einer politischen Intrige der Kölner Oberschicht gegen Erzbischof Konrad von Hochstaden wurde. Das hat mir gut gefallen.

Geheimnis Kölner Dom – die Serie

Den Kölner Dom kennt jeder. Aber wie gut kennen sich die Kölnerinnen und Kölner wirklich aus in „ihrer“ Kathedrale? Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner erzählt die spektakulärsten und spannendsten Geschichten. Das Buch Dom-Geschichten mit den gesammelten Kolumnen von Barbara Schock-Werner können Sie im KSTA-Shop kaufen.

Dieser Text ist zuerst im Juli 2022 im Kölner Stadt-Anzeiger erschienen.

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