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700 Kilogramm Marihuana bewachtPlädoyer in Prozess um „Kölner Drogenkrieg“

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Die drei Angeklagten mit ihren Verteidigern. (Archivbild)

Die drei Angeklagten mit ihren Verteidigern. (Archivbild)

Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft sieht die Verteidigung keine Belege für bandenmäßigen und bewaffneten Drogenhandel.

Im einem von mehreren Strafprozessen im Komplex „Kölner Drogenkrieg“, die am Kölner Landgericht geführt werden, hatten am Freitag die Verteidiger mit ihren Plädoyers das Wort. In der Woche davor hatte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft für die drei Angeklagten, die in Untersuchungshaft sitzen, Freiheitsstrafen von sechseinhalb bis zu sieben Jahren und neun Monaten gefordert. Die Verteidiger beantragten dagegen Strafen, die nicht über zwei Jahre hinausgehen und zur Bewährung ausgesetzt werden sollten.

Im Kern geht es darum, dass Saddam B. (22), Ayman S. (25) und Aymen G. (22) im Juni 2024 über 700 Kilogramm Marihuana in einer Lagerhalle in Hürth entgegengenommen und eine Weile bewacht haben sollen. Im Prozess, der im April begonnen hat, haben sie Geständnisse abgelegt. Als Drahtzieher gilt Sermet A., gegen den vor kurzem Anklage erhoben wurde. Dessen Drogengeschäfte hätten die drei Männer als Gehilfen unterstützt, ist die Vertreterin der Anklage überzeugt. Sie geht von bandenmäßigem und bewaffnetem Handel mit Drogen aus.

Verteidigung weist Vorwurf des bandenmäßigen Drogenhandels zurück

Weder habe ihr Mandant, dem nicht mehr als Beihilfe vorzuwerfen sei, einen Revolver dabei gehabt noch Schusswaffen bei den anderen Bewachern gesehen, konterte Anne Kieven, die Saddam B. verteidigt. Ebenso wenig treffe zu, dass man es mit einer Bande zu tun habe; die Beteiligten, Verkäufer und Käufer, hätten jeweils „eigene Interessen verfolgt“ und „selbständig“ gehandelt. Ihr Mandant, der mit seinem Geständnis Verantwortung übernommen und Reue und Einsicht gezeigt habe, sei ein „junger Mann, der in einer kritischen Lebensphase eine falsche Entscheidung getroffen hat“.

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Auch Jan-Peter Schwarzhoff, einer der Verteidiger von Aymen S., wies die Annahmen zurück, dass sich im vorliegenden Fall mehrere Personen mit „gleichgelagerten Interessen“ zu einer Bande zusammengeschlossen hätten und dass Waffen im Spiel gewesen seien. Anders als gemutmaßt habe sein Mandant, den jemand als „Finanzmann“ der Gruppierung bezeichnet hatte, keine „herausgehobene Stellung“ gehabt und lediglich einen „Freundschaftsdienst“ geleistet, für den er nichts bekommen habe. Er sei „nicht in die Tatplanung involviert“ gewesen und habe „das Tatgeschehen nicht beeinflussen“ können.

Die Angeklagten sollen kein Geld für ihre Beteiligung bekommen haben

Nach den Worten von Rechtsanwalt Wolfgang Kutsch hat der dritte Angeklagte, Aymen G., für seine Beteiligung ebenfalls kein Geld gesehen. Er habe einen Transporter zur Verfügung gestellt sowie einen Kellerraum für die Zwischenlagerung eines Teils der Drogen, und er habe Koffer besorgt. Nach dem Willen der Staatsanwaltschaft soll er für seine Beihilfe zum Drogenhandel nur dreieinhalb Jahre Haft bekommen, weil er im Ermittlungsverfahren wertvolle Aufklärungshilfe geleistet habe.

Doch die beantragte Strafe erhöht sich auf siebeneinhalb Jahre, denn ein gewichtiger Vorwurf kommt hinzu: G. soll das Drogenversteck verraten haben und daran beteiligt gewesen sein, die Hälfte des Marihuanas gewaltsam zu entwenden. Mit allen Mitteln versuchten die ursprünglichen Besitzer, die gestohlenen 350 Kilogramm zurückzubekommen; zur Welle der dabei ausgeübten Gewalt gehörten Entführungen und Explosionen vor Wohngebäuden – daher die Rede vom „Drogenkrieg“.

Das entscheidende Indiz, dass Aymen G. zurzeit des Raubs am Tatort war, sind für die Staatsanwaltschaft die entsprechenden Standortdaten seines Handys. Der Strafverteidiger blieb jedoch dabei, sein Mandant sei zur fraglichen Zeit nicht dort gewesen. Unter anderem könnten „technische Fehlerquellen“ ursächlich für die Ortungsdaten sein. Folglich beantragte Kutsch in diesem Anklagepunkt einen Freispruch. Aymen G. entschuldigte sich in seinem letzten Wort für diejenige Tat, die er zugibt. Die Beteiligung am Drogenhandel bereue er „zutiefst“, und er schäme sich dafür.

Die 23. Große Strafkammer will das Urteil am 22. September verkünden.