„Woolinale“Erstes „Yarnbombing“-Festival kommt nach Köln

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Die drei halten einen gehäkelten Rahmen, die Peace-Zeichen im Hintergrund

Erste Woolinale-Häkelweltmeisterschaft anlässlich der weltgrößten Handarbeits-Messe in Köln: Elke Hahn, David Wasser und Heike Unger.

„Yarnbomber“ bringen ihre Botschaften in Form von Strick- und Häkelarbeit in den öffentlichen Raum – derzeit versammeln sie sich in Köln.

Wenn Botschaften zum Zustand der Welt auf die Leidenschaft für Handarbeit mit Strick- und Häkelwolle treffen, dann entsteht „Yarnbombing“. Die Kunstwerke dieser Symbiose sind vor allem im öffentlichen Raum zu sehen, an Laternenpfosten, an Bäumen oder Geländern im urbanen, aber auch im ländlichen Raum.

Und das mittlerweile weltweit, denn nicht zuletzt durch soziale Medien vernetzt sich die Anhängerschaft dieser Form der Straßenkunst, die auch als „Guerilla Knitting“ - zusammengesetzt aus spanisch Guerilla und englisch knitting für „Stricken“ -, Radical Stitching, oder gestricktes Graffito bezeichnet wird. Erstmals versammelt sich derzeit die Gemeinschaft der Yarnbomber in Köln, um sich über diese Form der Streetart, bei der Gegenstände im öffentlichen Raum durch Stricken verändert werden, auszutauschen, Werke auszustellen, aber auch neue Kunst zu erschaffen.

Messe Köln-Deutz: Bühnenbild für Stunksitzung erstrickt und erhäkelt

Elke Hahn ist verantwortlich dafür, dass am Rand der Textilwarenmesse eine der Hallen auf dem Deutzer Messegelände seit Freitag in eine Werkstatt und Galerie für Männer und Frauen der Szene aus der ganzen Welt verwandelt hat. Gestrickte Kängurus aus Australien, auf gesprühten Graffiti installierte Stoffbotschaften aus den USA oder gehäkelte Portraits von Menschen aus Spanien, Skandinavien, Asien oder Österreich – rund um den Globus geht die Reise bei einem Besuch der von Hahn organisierten „Woolinale“, dem ersten Internationalen Yarnbombing Festival Deutschlands.

Graffitti aus Stoff

„Yarnbomber“ bringen wie hier ihre Botschaften gehäkelt in den öffentlichen Raum.

„Je nach Land und Künstler oder Künstlerin kann das Yarnbombing vom Anbringen gestrickter Accessoires bis zum Einstricken ganzer Stadtmöbel reichen“, erläutert Elke Hahn. Die Knittings können lediglich der Verschönerung dienen, aber auch eine symbolische Bedeutung haben, zum Beispiel feministische Aussage oder Protest gegen Krieg und Umweltzerstörung. Aber auch zwei Schauspielerinnen der Kölner Stunksitzung haben während der Pandemie ein komplettes, maritimes Bühnenbild erstrickt und erhäkelt, das auch auf der „Woolinale“ zu sehen ist.

Köln: „h+h cologne“ ausschlaggebend

„Ich habe selbst einige solcher Festivals in anderen Ländern besucht und bin davon so begeistert gewesen, dass ich das unbedingt auch bei uns haben wollte“, beschreibt die 61-Jährige ihre Motivation. Mit ihren Co-Organisatoren David Wasser und Heike Unger hat Hahn darum „über Monate mit zahlreichen Leuten per E-Mail und über soziale Medien Kontakt aufgenommen“ und sie eingeladen, wie sie sagt. Auf Köln sei die Wahl auch deshalb gefallen, weil hier im April die „h+h cologne“, die Weltleitmesse der Handarbeitsbranche stattfindet. Mit Erfolg und zur Zufriedenheit des Veranstalter-Trios: Mehr als 40 Männer und Frauen, darunter Einzelkünstler, aber auch Kleingruppen, sind dem Aufruf gefolgt.

Möglicherweise auch, weil eine Jury bei einem Wettbewerb der Yarnbomber über die kreativsten und schönsten Werke in Köln entscheidet und Preise verschiedener Sponsoren bei der Veranstaltung in Aussicht stehen. „Im Vordergrund stehen hier aber ganz klar der Austausch und der gemeinsame Spaß“, betont David Wasser. „Teilweise treten Künstler auch anonym auf, denn nicht überall ist diese Kunstform ganz legal – auch in Deutschland begibt man man sich damit einen Graubereich“, fügt Heike Unger hinzu.

1000 „Peace“-Zeichen

Elke Hahn lebt bereits seit 2015 ihre Leidenschaft für das ausgefallene Garn-Hobby aus. Seit 2017 trägt die 61-Jährige sogar einen Weltmeistertitel, nachdem sie mit Faden und Nadel 111 Pfosten-Mützen erschaffen hatte, die am Rande einer Kreativ-Messe in ihrer Heimat Stuttgart in Form von Schlümpfen oder Sesamstraßen-Figuren das Gelände verzierten. „Wir wollen diese tolle Kunstform und schöne Möglichkeit, sich auszudrücken weiter verbreiten und bekannt machen“, sagt Hahn.

Dafür haben die Veranstalter der „Woolinale“ vorab auch alle Interessierten aufgerufen, sich an einem gemeinsamen Projekt zu beteiligen. Fast 1000 gestrickte oder gehäkelten oder „Peace“-Zeichen sind eingeschickt worden und werden gemeinsam an einer großen Wand der Messehalle aufgestellt. „Die Resonanz auf das Projekt war toll“, sagt Hahn, „so zeigen wir kreativ, das wir gegen den Krieg in der Ukraine, aber auch überall auf der Welt sind.“

„Woolinale“ Messe Köln: Erlös aus Friedenssymbolen geht ans DRK

Die Friedenssymbole werden gegen eine Spende an Besucher der Messe abgegeben. Der Erlös kommt Hahn zufolge der Internationalen Flüchtlingshilfe des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) zugute. Die „Woolinale“ in der Messe Köln ist noch bis Sonntag, 2. April, zu sehen. Informationen auch im Internet.

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