Kauft die Stadt ein 300-Millionen-Bürohaus, obwohl unklar ist, ob sie aus einem anderen ausziehen darf? Der Baudezernent sieht dafür ein geringes Risiko.
Zu viele Büroflächen für Stadt Köln?Baudezernent verteidigt Kauf von 300-Millionen-Euro Bürohaus
Kölns Baudezernent Markus Greitemann bezeichnet das Risiko als „sehr gering“, dass der Eigentümer des Technischen Rathauses die Stadt doch nicht aus dem Mietvertrag für den östlichen Teil des Gebäudes in Deutz herauslässt. Rechtlich verpflichtet ist die Branicks Group AG (früher DIC Asset) dazu nicht. Das hatte die Verwaltung dem Stadtrat in einem nicht-öffentlichen Papier im Juni mitgeteilt. Der Vertrag läuft 2029 aus.
Wie berichtet, hatte die Stadt Ende der 199er-Jahre einen Mietvertrag mit dem damaligen Besitzer abgeschlossen – und zwar über den östlichen sowie den westlichen Gebäudeteil und das Parkhaus an der Lanxess-Arena (siehe Info-Text).
In dem Gebäudekomplex arbeiten tausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, es wird auch Stadthaus genannt. Laut der Vereinbarung ist es eigentlich nicht möglich, nur eines der drei Gebäude einzeln zu kündigen.
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Doch der Eigentümer hat laut Stadt per Vertragsangebot avisiert, dass es eine solche Möglichkeit gibt. FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite ist diese Ankündigung zu unverbindlich. Breite hatte im Juni gesagt: „Was ist, wenn der Vertragspartner die Ankündigung zurücknimmt oder für die Kündigung eine Abstandszahlung in Millionenhöhe einfordert?“
Umzug ab 2026
Von der Antwort auf diese Frage hängt die Bewertung des aktuellen Immobilien-Deals der Stadt ab: Gerade hat die Verwaltung das Bürohaus „Rossio“ im Büroviertel Messe-City am Bahnhof Messe/Deutz für knapp 290 Millionen Euro (inklusive Grunderwerbssteuer und Notarkosten) gekauft. In der Messe-City will sie nach der Fertigstellung überwiegend die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem östlichen Stadthaus ab 2026 nach und nach unterbringen.
Hat sie das „Rossio“ möglicherweise für viel Geld verfrüht gekauft und plötzlich zu viel Büroraum, wenn Branicks der Stadt doch nicht erlaubt, nur den Vertrag für das östliche Technische Rathaus zu kündigen?
Ein Branicks-Sprecher antwortete auf die Frage, ob das Unternehmen die Stadt aus dem Vertrag herauslasse: „Dass es einen langfristigen Mietvertrag der Stadt Köln über das Technische Rathaus gibt, ist allgemein bekannt. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns grundsätzlich nicht zu den einzelnen Inhalten unserer Mietverträge äußern.“ Laut Baudezernent Greitemann sind beide Seiten in konstruktiven Gesprächen.
Greitemann sieht viele Vorteile
Zum Kauf des „Rossio“ sagte Greitemann: „Es ist wichtig, als Stadt Eigentum zu erwerben, um nicht gänzlich dem Mietmarkt ausgeliefert zu sein.“ Der Satz dürfte ein Hinweis sein, dass Greitemann sich von dem Kauf eine bessere Position in den Verhandlungen mit Branicks verspricht. Er kündigte an, den ebenfalls 2029 auslaufenden Vertrag für den West-Teil und das Parkhaus verlängern zu wollen, aber zu „fairen Bedingungen“, wie er sagte.
Die Stadt Köln hat zuletzt die Aufstellung ihres Haushaltes für die nächsten beiden Jahren verschoben, weil sie stärker als geplant sparen muss. Trotzdem hält Greitemann die Investition für sinnvoll, er sagte: „Der Erwerb stärkt langfristig die finanzielle Situation der Stadt Köln, da damit die Abmietung von unwirtschaftlichen Flächen einhergehen wird.“
Das „Rossio“ ist momentan im Bau und steht rund einen Kilometer entfernt vom Technischen Rathaus. Der Stadtrat hatte den Kauf Ende Juni beschlossen, nun hat die Stadt den Notarvertrag unterzeichnet. Das teilten ECE und Strabag als Projektentwickler sowie die Stadt Köln mit.
Damit sind alle Flächen der sechs Häuser in der Messe-City vermarktet, unter anderem die Zurich-Versicherung hat dort ihren Sitz, auch zwei Hotels stehen auf der Fläche des früheren Barmer-Viertels. Das Gelände ist so groß wie umgerechnet 7,5 Fußballfelder.
Skandal um Mietvertrag für Technisches Rathaus
Für die Stadt sollte es Mitte der 1990er-Jahre ein attraktives Geschäft werden: Ein Investor baut ein neues Technisches Rathaus in Deutz, die Stadt mietet es für 30 Jahre und erhält eine Kaufoption, um den Gebäudekomplex danach für vergleichsweise günstige 206,5 Millionen Euro zu kaufen. Zum Vergleich: Der jetzige Besitzer hatte das Gebäude vor fünf Jahren für rund 500 Millionen Euro gekauft.
Die Mietverträge für das Westgebäude und das Ostgebäude laufen am 21. Januar 2029 beziehungsweise am 28. Februar 2029 aus – doch eine Kaufoption existiert nicht. Das städtische Rechnungsprüfungsamt prüfte deshalb den Mietvertrag von 1999 und wollte herausfinden, warum die Option fehlt. Laut der Prüfer ist es unklar, doch die Verfasser sprechen von einem „materiellen Schaden“, die Höhe konnten sie nicht benennen.
Das zuständige Notariat hatte den Rechnungsprüfern mitgeteilt, dass es zwar einen Entwurf gab, der ein Ankaufsrecht beinhaltete. Es sei jedoch nicht zur Beurkundung gekommen, da der damalige Eigentümer steuerliche Bedenken geäußert habe.
„Sollte sich der Hinweis im Rahmen der folgenden Ermittlungen durch entsprechende Dokumentationen festigen, ist von schwerwiegenden Verfehlungen der handelnden Mitarbeitenden der Stadt Köln auszugehen“, heißt es in dem Prüfbericht. Mit dem Wegfall der Kaufoption sei die gesamte Maßnahme nicht mehr wirtschaftlich gewesen. Die Stadt hatte sich zudem verpflichtet, weit über das normale Maß hinaus gehende Verpflichtungen einzugehen, um die Gebäude instandzuhalten. (red)