Für 5,5 Millionen Euro wollte die Stadt den Tunnel am Hauptbahnhof aufwerten. Dann untersuchte die Bahn ihre Tragwerke. Ergebnis: Alles kommt anders.
Kölner HauptbahnhofFrüherer Ekel-Tunnel wird doch nicht groß umgestaltet

So sollte der Tunnel Johannisstraße eigentlich nach den Plänen von Ute Piroeth und Künstler Wolfgang Rüppel umgestaltet werden.
Copyright: Piroeth/Rüppel
Die Stadt Köln hat die millionenschweren Pläne für die Neugestaltung eines der einst hässlichsten Orte im Domumfeld stark reduziert – aber selbst diese Pläne sind möglicherweise nicht finanzierbar.
Es geht um den rund 100 Meter langen Tunnel Johannisstraße unter den Gleisen des Hauptbahnhofs. Die Unterführung verbindet Breslauer Platz und Philharmonie, dort roch es in der Vergangenheit häufig nach Urin und Fäkalien (wir berichteten). Auch Taubenkot war und ist noch ein Problem.
Deutsche Bahn ist ein wichtiger Faktor
Der Tunnel wird doch nicht nach den ursprünglichen Plänen von Architektin Ute Piroeth und Künstler Wolfgang Rüppel aufgewertet. 2017 waren mal 5,5 Millionen Euro dafür vorgesehen, um unter anderem den Boden mit besonderen Ornamenten zu versehen.
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Doch wegen der Gleise spielt auch die Deutsche Bahn eine Rolle – und die hat ihre Pläne geändert, was den Zeitplan der Stadt über den Haufen wirft. Vermutlich vor 2043 kann die Stadt deshalb die Piroeth-Pläne nicht umsetzen, wenn sie es dann überhaupt noch will. Das wäre ein Vierteljahrhundert später als geplant. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Die Grafik zeigt die beiden Tunnel am Welterbe Dom.
Copyright: ksta/klxm
Was sollte im Tunnel Johannisstraße passieren?
Im Konzept heißt es: „Der Tunnel soll die Anmutung einer hellen und freundlichen Unterführung erhalten.“ Vor allem der Bodenbelag aus verschiedenfarbigen Platten und die verspiegelte Decke sollten demnach den Tunnel gestalterisch aufwerten und ihm eine Leichtigkeit verleihen. Und die Ecken an Trägern, die häufig zum Urinieren missbraucht wurden, sollten verkleidet werden.
Warum ist es dann noch nicht umgesetzt?
Weil die Bahn vor Jahren mitteilte, dass die Tragbauwerke für die Gleise erneuert werden müssen. Sie tragen die darüber liegenden Gleise und bilden damit die Decke des Tunnels. Und laut Stadt machte es deshalb keinen Sinn, erst für 5,5 Millionen Euro den Tunnel neu zu sanieren, wenn direkt danach die Bahn die Tragbauwerke neu baut und die Stadt einen Teil ihrer Einbauten wieder entfernen muss. Also wurden die großen Pläne erstmal um ein Jahrzehnt aufgeschoben, weil die Bahn laut damaliger Aussage bis 2025 planen und danach drei bis vier Jahre neu bauen wollte. Sie ging damals davon aus, dass das Tragwerk nur noch bis 2030 ausreichend sei.

Blick auf den Tunnel Johannisstraße (links) und den Tunnel Trankgasse.
Copyright: Alexander Schwaiger
Und was ist jetzt neu?
Dass die Bahn ihren Zeitplan neu aufgestellt hat. Und das hat mit dem benachbarten Tunnel Trankgasse zu tun, der etwas weiter südlich steht und gut 100 Meter lang ist (siehe Grafik und Bilder). Von dort kommen Autos und Radlerinnen und Radler vom Rheinufer. Über beide Tunnel führen die Gleise der Deutschen Bahn. Doch der Zustand der Tragwerke des Trankgasse-Tunnels ist schlechter als der an der Johannisstraße. Ein Sprecher der Bahn teilte mit: „Die Eisenbahnbrücken oberhalb der Johannisstraße haben ihrem Zustand nach eine signifikant längere Lebensdauer als die Konstruktionen der Trankgasse und werden erst nach der Trankgasse erneuert.“
Was heißt das?
Ursprünglich wollte die Bahn den Tunnel Trankgasse dieses Jahr sanieren (wir berichteten im Februar). Doch das hat sich offenbar zerschlagen, auch wenn im Tunnel Baugerüste stehen. Ein Sprecher ließ eine Nachfrage zu deren Zweck unbeantwortet. Zuvor hatte der Sprecher mitgeteilt: „Für die Trankgasse hat sich bestätigt, dass die Planung auf Grundlage der bisherigen Ansätze fortgeführt werden muss und im Ergebnis ein Komplett-Tausch der Brückenteile als Neubau umgesetzt werden muss. Da hier ein Planfeststellungsverfahren notwendig sein wird, ist eine Umsetzung vor 2030 nicht realistisch.“
2030? Dann wird das wohl ziemlich lange nichts mit der grundlegenden Umgestaltung des Tunnels an der Johannisstraße.
Ja. Laut Stadt hat die Bahn mehrfach ihre Meinung geändert, wie lange die Restlaufzeiten der Brückenbauwerke sind und was sie als wie wichtig einstuft. Demnach sehen die neuen Prioritäten der Bahn „eine Erneuerung des Brückenbauwerks Johannisstraße frühestens ab etwa 2040“ vor. Rechnet man die einst von der Bahn genannten drei bis vier Jahre Bauzeit der Bahn ein, hieße das, die ursprünglichen Pläne von Architektin Piroeth wären erst ab etwa 2043 umsetzbar. Das wäre in 18 Jahren.

Der Tunnel Johannisstraße im August 2025.
Copyright: Alexander Schwaiger

Der Tunnel Johannisstraße im Oktober 2019.
Copyright: Alexander Roll
Aber dann kann die Stadt doch jetzt schon ihre ursprünglichen Pläne komplett umsetzen, wenn sie für mehr als 15 Jahre nutzbar sind?
Nein. Sagt die Bahn. Der Sprecher teilte mit: „Gleichwohl besteht aber für die Johannisstraße ein derart umfangreicher Inspektions- und Vorsorgebedarf, der die Entscheidung gegen eine Verkleidung der Überbauten und Widerlager nach wie vor richtig erscheinen lässt.“

Der Tunnel Trankgasse ist mit einem Gerüst versehen. Er muss neu gebaut werden.
Copyright: Alexander Schwaiger
Bis nach 2040 dahin bleibt der Tunnel Johannisstraße tatsächlich, wie er ist?
Nein. Als die Stadt von den neuen Plänen der Bahn erfuhr, hat sie den laut ihrer Aussage „ambitionierten Entwurf“ der Architektin erneut aufgegriffen und eingedampft. „Unter wirtschaftlichen Aspekten wurde dabei vorgesehen, nur Teilbereiche zu gestalten. Gerade die Nischen zwischen den Brückenpfeilern sind besonders anfällig für Verschmutzungen (beispielsweise auch durch Urin und Fäkalien). Daher wurde der Entwurf angepasst, mit dem Ziel, auch für die noch längere Übergangszeit bis zum Brückenneubau eine Verbesserung zu erreichen.“ Unter anderem eine gestaltete Wand soll die Nischen verdecken.
Heißt: Um Geld zu sparen, hat Piroeth ihren Entwurf reduzieren müssen. Noch laufen Abstimmungen, deshalb stellt die Stadt keine Visualisierungen zur Verfügung, auf der Instagram-Seite der Architekin sind sie schon zu finden. Und auch für die reduzierten Entwürfe muss erst mal Geld gefunden werden.
Werden die 5,5 Millionen Euro teuren Pläne denn jemals umgesetzt oder war es das?
Die Antwort der Stadt lässt erahnen, dass eine Umsetzung zumindest eher unwahrscheinlich ist. „Nach einem Brückenneubau durch die Deutsche Bahn, der sicherlich zum Beispiel die Taubenproblematik auf Grund der modernen Bauweise lösen würde, muss die städtebauliche Situation und der eventuell weiterhin bestehende Handlungsbedarf bezüglich einer Aufwertung der Unterführung erneut geprüft werden. Grundsätzlich wäre es dabei denkbar, auf frühere Überlegungen zurückzugreifen und diese entsprechend anzupassen. Zum jetzigen Zeitpunkt lassen sich dazu noch keine Aussagen treffen.“

Nahaufnahme der Decke vor dem Tunnel mit einer Taube.
Copyright: Alexander Schwaiger
Was sagt die Architektin?
Ute Piroeth sagt: „Es wäre schon erfreulich, wenn dieser Schandfleck verbessert würde.“ Es wäre für sie eine große Freunde, wenn wenigstens die kleine Variante umgesetzt würde. Ob ihre ursprünglichen Pläne kommen, dazu sagte sie: „Der Entwurf ist zeitlos, den könnte man auch in ferner Zukunft verwenden.“
Wie ist die Situation aktuell?
Im Gegensatz zu früher ist der Tunnel sauberer, es roch am Donnerstag nur an einer Stelle nach Urin. Auch Taubenkot ist deutlich seltener als früher zu sehen, zumindest am Boden. Die Stadt hatte ja 2020 angekündigt, einige Verbesserungen anzustoßen.
Allerdings teilten die Abfallwirtschaftsbetriebe mit, dass sie nicht häufiger als früher sauber machen. Laut Straßenreinigungssatzung wird der Bereich demnach regelmäßig und bedarfsorientiert gereinigt – bis zu 16-mal wöchentlich im Bereich der Platzfläche und bis zu 14-mal wöchentlich in der Unterführung. Ein Sprecher teilte mit: „Zusätzlich kommen Schwemmfahrzeuge und ein Unimog für die Nassreinigung zum Einsatz.“
Wie geht es jetzt weiter?
Zwischen Stadt und Bahn braucht es noch einen Gestattungsvertrag, dann soll der Stadtrat voraussichtlich zwischen Oktober und Dezember dieses Jahr laut Stadt über die kleine Variante entscheiden. Gibt der Rat sein Okay, sollen die Arbeiten laut Stadt 2026/2027 stattfinden.