Die Kölnerinnen und Kölner nahmen den Biergarten im Grüngürtel 2020 gut an. Rentabel war er laut IG Gastro allerdings nicht. Was jetzt geplant ist.
Alternative zum Brüsseler PlatzRatsbündnis will Neuauflage von Pop-up-Biergarten auf Vogelsanger Straße

Der Pop-up-Biergarten auf der Vogelsanger Straße im Grüngürtel kam 2020 bei den Kölnerinnen und Kölnern sehr gut an.
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Die Debatte um den Brüsseler Platz in Köln geht in eine neue Runde – mit einem neuen Vorschlag: Mit einem temporären Open-Air-Angebot auf der Vogelsanger Straße wollen Grüne, CDU und Volt im Kölner Stadtrat den seit Jahren schwelenden Lärmkonflikt entschärfen. Der Vorschlag sieht vor, an vier aufeinander folgenden Wochenenden im Sommer einen alternativen Treffpunkt für Feiernde zu schaffen – verbunden mit gastronomischem Angebot und Straßensperrung.
Der entsprechende Antrag soll am 19. Mai im Ausschuss für Allgemeine Verwaltung und Rechtsfragen (AVR) beraten werden. Die drei Fraktionen bilden ein Mehrheitsbündnis im Rat und können auch im AVR mit acht von 13 Sitzen eine mehrheitliche Zustimmung zum Pop-up-Biergarten garantieren.
Ziel ist es, abendliche Besucherinnen und Besucher vom stark frequentierten Brüsseler Platz wegzulenken – auf die Vogelsanger Straße zwischen Innerer Kanalstraße und Schmalbeinstraße. An den Wochenenden, die noch nicht näher festgesetzt sind, soll die Straße gesperrt werden. Essen- und Getränkeverkauf sind geplant, aber auch das Mitbringen eigener Verpflegung soll erlaubt bleiben.
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Ein Pop-up-Biergarten am Kölner Grüngürtel wie einst zu Corona-Zeiten
Dort war bereits im Sommer 2020 ein ähnliches Pop-up-Angebot eingerichtet worden, um während der Corona-Pandemie sichere Begegnungen im Freien zu ermöglichen. An zwei Juli-Wochenenden baute die Interessengemeinschaft (IG) Gastro den temporären Biergarten auf der Straße auf, die den Grüngürtel durchquert. Kölnerinnen und Kölner hatten den Biergarten 2020 zwar gut angenommen, die IG Gastro allerdings resümiert, die Betriebskosten für Security und Müllentsorgung seien zu hoch, dass sich der Biergarten gerechnet hätte. Nach zwei Wochen war wieder Schluss. Die IG hatte auch gesagt, das Projekt habe nicht zu der erhofften Entlastung der Party-Hotspots im Belgischen Viertel und auf der Zülpicher Straße geführt.
Wer den Biergarten diesmal organisieren soll, steht noch nicht fest. Eine Grünen-Sprecherin sagte, sollte der Antrag beschlossen werden, hoffe man auf eine Vielzahl von Bewerbungen. IG-Gastro-Geschäftsführerin Maike Block sagte am Mittwoch: „Der Biergarten hat wahnsinnig viel Spaß gemacht.“ Aber aus der Erfahrung heraus gab sie auch zu bedenken: „Um das rentabel zu machen, braucht mach ein gutes Konzept und mehr Langfristigkeit.“
Kölner IG Gastro sieht großen Aufwand bei temporärem Biergarten
Dann, so schätzt Block, könnte ein neuer Anlauf durchaus gelingen, das „ausgesprochen schöne Plätzchen“ im Grüngürtel als Alternative für volle Innenstadtplätze zu etablieren. Auch wenn der Aufwand für ein vorübergehendes Angebot hoch sei. Deshalb fragte sie: „Warum behält man den Biergarten nicht den ganzen Sommer über bei?“ Block sagte aber auch, für die Gastronomiebetriebe am Brüsseler Platz sei das keine Entschädigung, selbst wenn sie letztlich auf irgendeine Weise involviert wären.
Christiane Martin, heute Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat, hatte sich im Interview mit der Redaktion bereits im Juli 2020 vor der Kommunalwahl als damalige Spitzenkandidatin über den Biergarten begeistert gezeigt: „Das war ein Meisterstück, eine Kombination aus politischem Willen, schnellem Verwaltungshandeln und Engagement der Bürger. Es ist genial, wenn man es so schafft.“ Martin sagte zur Neuauflage, die Grünen stünden für „konstruktive Lösungen, um den öffentlichen Raum für alle attraktiv zu machen. Wir werden beobachten, wie das Pop-up-Angebot im Grüngürtel angenommen wird“.
CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz sagte: „Köln ist eine Stadt, die lebt, feiert und sich ständig verändert. Doch wo viele Menschen zusammenkommen, braucht es auch Rücksicht und smarte Lösungen.“ Das sei der Pop-up-Biergarten.
Ergänzend sieht der Antrag vor, den Lärmpegel am Brüsseler Platz bis zum 30. September flächendeckend und durchgehend zu messen. Das Verwaltungsgericht hatte vor zwei Wochen ein von der Stadtverwaltung auf dem Brüsseler Platz im Februar eingeführtes Verweilverbot faktisch gekippt. Unter anderem bezeichnete das Gericht Lärmmessungen aus 2024, die die Stadt als Grundlage für das Verweilverbot genommen hatte, als keine ausreichenden Belege dafür, dass schon kleine Gruppen zu laut seien. Manuel Froh, Mitglied der Ratsfraktion von Volt, sagte, das stütze die Forderung nach einem „sachlichen Vorgehen“: „Das heißt: Erst flächendeckend den Lärm messen und dann entscheiden.“
Urban oder ländlich: Bundesweite Debatte über Lärmschutz gefordert
Die Stadt plant, noch im Mai ein Alkoholkonsum- und Mitführverbot am Brüsseler Platz einzuführen. Daran wollen die Ratsfraktionen auch weiter festhalten. An der Vogelsanger Straße wäre der Konsum hingegen weiterhin erlaubt – auch das soll einen Anreiz bieten, den Treffpunkt zu verlagern. Ziel sei es, „die andauernde Lärmdiskussion am Brüsseler Platz zu befrieden“, so Martin. Allerdings dürften „urbane Räume nicht mit einem Kirchvorplatz im Bergischen Land in einen Topf“ geworfen werden.
Deshalb fordert das Ratsbündnis eine bundesweite Debatte über Lärmschutz. Köln solle sich im Rahmen des Deutschen Städtetags dafür einsetzen, das Bundes-Immissionsschutzgesetz an die Lebensrealität in urbanen Räumen anzupassen.
Ob der neue Treffpunkt die gewünschte Entlastung bringt, bleibt abzuwarten. Eine Auswertung ist für die Zeit nach dem vierwöchigen Testlauf geplant.