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Nahverkehr in KölnOberbürgermeisterin Henriette Reker wirbt für neuen U-Bahn-Tunnel

Lesezeit 4 Minuten
Die Visualisierung einer U-Bahn-Station

So könnte die neue U-Bahn-Haltestelle am Rudolfplatz für die Ost-West-Achse aussehen.

Die Chefin der Stadtverwaltung argumentiert für eine unterirdische Stadtbahntrasse zwischen Heumarkt und Aachener Weiher.

Mehr als fünf Jahre sind vergangen, seit der Stadtrat die Stadtverwaltung damit beauftragt hat, für den Ausbau der Stadtbahntrasse auf der Ost-West-Achse parallel den Bau eines neuen Tunnels und als Alternative eine oberirdische Lösung zu planen. Im Kern geht es darum, in Zukunft unten oder oben 90 Meter lange Stadtbahnen einzusetzen, um mehr Fahrgäste befördern zu können als bislang.

Für die Politiker im Stadtrat soll eine am Mittwoch veröffentlichte 17 Seiten umfassende Beschlussvorlage die Entscheidungsgrundlage sein, die laut Oberbürgermeisterin Henriette Reker in einem transparenten Prozess entstanden sei. Verkehrsdezernent Ascan Egerer, den die Grünen für sein Amt vorgeschlagen hatten, habe für eine Objektivierung gesorgt. Die Untersuchungen und Auswertungen des 90-köpfigen Expertengremiums seien für beide Varianten gleichberechtigt erfolgt, sagte Egerer. Eine Präferenz gab es nicht.

20 von 33 Kriterien sprechen für den Tunnel

Dass der Tunnel am Ende bei 20 von 33 Kritierien als die bessere Lösung überzeugt habe, bestätige sie in ihrer Ansicht, dass der Tunnel nun auch gebaut werden sollte, sagte Reker. „Wir haben die historische Chance, ein Jahrhundertprojekt auf den Weg zu bringen.“ Doch dazu benötigt sie eine Ratsmehrheit, und die ist derzeit nicht in Sicht. CDU und FDP befürworten den Tunnel, Grüne und Linke lehnen ihn ab, SPD und Volt sind noch unentschieden – eine Mehrheit wird also nur äußerst knapp zustande kommen.

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Wenngleich die Kritieren in Bezug auf Stadtraum, Verkehr und Umwelt ebenso wie der um 0,1 Punkte höhere Nutzen-Kosten-Faktor und somit die größere Förderfähigkeit für den Tunnel sprechen, gibt es auch ein schwergewichtiges Argument dagegen. Ein oberirdischer Ausbau kostet geschätzt 193 Millionen Euro, ein Tunnel 1,06 Milliarden Euro – also das Fünffache. Hinzu kommt eine Großbaustelle in der Innenstadt, die laut bisheriger Prognose zehn bis zwölf Jahre andauern würde. Es müssten insgesamt 2,7 Kilometer Bohrtunnel, 800 Meter Rampenbauwerke und drei neue Haltestellen entstehen.

Die unterirdische Haltestelle Heumarkt müsste für den Anschluss der Ost-West-Achse baulich angepasst werden – dafür ist diese vorbereitet. Die Planung am Neumarkt sieht vor, den Verkehr auf der Südseite zu führen, so dass die nördliche Schleife entfiele.

Die Visualisierung einer U-Bahn-Station

So würde die U-Bahn-Haltestelle am Heumarkt nach einem Tunnelbau aussehen.

Bei einer rein oberirdischen Lösung würden die vier Haltestellen Heumarkt, Neumarkt, Rudolfplatz und Moltkestraße für den Einsatz von 90 Meter langen Stadtbahnzügen umgebaut und verlängert, aber auch hier soll es Aufwertungen für den Stadtraum geben, der Verkehr an vielen Stellen umgelenkt werden.

Weitere Veränderungen soll es unabhängig davon geben, ob ein Tunnel gebaut wird oder nicht. Die Gehwege sollen insgesamt breiter werden. Die Radwege sollen als Radfahrstreifen mit einer Mindestbreite von 2,50 Meter angelegt werden. Pro Richtung soll dafür eine Spur für den Autoverkehr entfallen. Die Höchstgeschwindigkeit soll von Tempo 50 auf Tempo 30 herabgesetzt werden.

Oberirdisch wären die Bahnsteige schneller erreichbar

Was die 33 vom Expertenteam untersuchten Kriterien angeht, hat die unterirdische Lösung vor allem bei der Gestaltung des Stadtraums und der Verkehrsführung überzeugt. Abgesehen von den Tunnelrampen würde es mehr Raum für eine Neugestaltung der Oberfläche geben, es würden neue Blickbeziehungen geschaffen, heißt es in der Beschlussvorlage. Die Bahnen seien schneller unterwegs, die Unfallgefahr und die Wahrscheinlichkeit, dass Gleise blockiert würden, nähme ab.

Bei der oberirdischen Lösung gebe es hingegen den Vorteil eines ebenerdigen und schnelleren Zugangs zu den Bahnsteigen. Beim Kriterium Umwelt punktet diese Variante zudem mit geringeren Auswirkungen auf die Treibhausgas-Bilanz und weniger Baumfällungen. Der Tunnel biete wiederum bessere Ergebnisse bei Schall und Erschütterungen.

Politik im Kölner Stadtrat weiterhin zwiegespalten

„Wir setzen wir uns auch weiterhin für den oberirdischen Ausbau ein“, sagte Lino Hammer (Grüne). Diese Variante sei – bei vergleichbarem verkehrlichem Nutzen – deutlich günstiger, nachhaltiger und könne schneller umgesetzt werden als der unterirdische Ausbau. „Köln braucht diesen Tunnel nicht, dessen Bau jahrzehntelange Baustellen im Herzen der Stadt verursacht und obendrein über eine Milliarde Euro kostet.“

„Ich freue mich sehr über die jetzt vorgelegten Ergebnisse. Sie unterstreichen, dass wir als CDU-Fraktion immer richtig gelegen haben – der Tunnel führt in die Zukunft und die oberirdische Variante aufs Abstellgleis“, sagte Teresa de Bellis-Olinger (CDU). „Das ist wichtiger Rückenwind für dieses Mega-Projekt, das mögliche Kritiker und Zweifler überzeugen sollte, für die Tunnel-Lösung zu votieren“, sagte Ralph Sterck (FDP). Der Stadtrat soll noch vor der Sommerpause in seiner Sitzung am 27. Juni eine Entscheidung treffen.