Kölner Müllabfuhr klagtWie aus einem Verschenk-Trend in der Krise Müllberge wurden

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Am Anfang war ein Schreibtisch zu verschenken: Müllberg im Agnesviertel.

  • Was nicht mehr gebraucht wird, landet am Straßenrand. Dieser Trend setzte in Köln sich während der Corona-Krise auf erstaunliche Weise fort.
  • 250 Kubikmeter mehr Müll sind seit Beginn der Krise entstanden. Die Situation stellt die AWB vor große Probleme.
  • Wir erklären, wie es zu dem Trend kam – und was die Kollateralschäden sind.

Köln – Am Anfang steht ein Schüler-Schreibtisch mitten auf der Allee in der Weißenburgstraße im Agnesviertel. Zu verschenken – an wen auch immer. Es folgen eine Stehlampe, ein Kinder-Fahrradhelm, ein Reiseatlas des ADAC auf der Parkbank, eine ausgediente Matratze samt Beistelltisch, ein gelber Drehstuhl, ein ausgedientes Katzenklo, ein Auspuff-Topf – und ein Sondereinsatz der Müllabfuhr, um den ganzen Abfall zu entsorgen. Eine ursprünglich gute Idee, gut erhaltene Dinge, für die man keine Verwendung mehr hat, anderen zur Verfügung zu stellen, verkehrt sich ins Gegenteil.

„Wir beobachten den Zu-Verschenken-Trend auf den Straßen verstärkt seit dem vergangenen Sommer“, sagt Cordula Beckmann, Mediensprecherin der Abfallwirtschaftsbetriebe. Durch Corona habe sich dieser Trend erheblich verstärkt. „Der Lockdown hat bei den Kölnern das Bedürfnis erzeugt, Wohnung, Haus und Keller zu entrümpeln. Es gibt einen deutlichen Anstieg an »Littering» in Köln.“ 250 Kubikmeter Müll haben die Mitarbeiter der AWB im April neben der regulären Straßenreinigung einsammeln müsse, im Mai waren es nur noch 100 Kubikmeter, im Juni hat sich die Lage offenbar durch die Lockerung der Corona-Regeln weiter entspannt. Sechs Kubikmeter sind es bisher .

„Teilweise sind die Menschen auch einfach zu bequem“

Dass immer mehr Müll in Köln im Sog des Verschenk-Trends auf der Straße landet, hat laut AWB mit der eingeschränkten Öffnung der beiden Wertstoffcenter am Butzweilerhof und in Gremberghoven nichts zu tun. „Das ist ein allgemeiner Trend, der auch in anderen Großstädten zu beobachten ist“, sagt Beckmann. Was mit Büchern, Porzellan und kleinen Haushaltsgeräten begonnen habe, entwickle sich immer mehr zu illegalen Müllkippen. Das fange mit dem berühmten Eimer mit Farbresten von der Renovierung an.

„Teilweise sind die Menschen auch einfach zu bequem, mit ein paar Teilen zum Wertstoffcenter zu fahren, obwohl die Annahme dort kostenlos sei. In Berlin, München, Hamburg und Frankfurt gebe es ähnliche Probleme, auch wenn es dort deutlich mehr Wertstoff-Annahmestellen gebe. Die Abfallwirtschaftsbetriebe würden in Köln gern ein drittes Center aufmachen, doch die Suche nach einem passenden Grundstück gestaltet sich seit Jahren schwierig. Müll verbunden mit viel Lieferverkehr will kaum jemand in seiner Umgebung haben.

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Am Dienstag wurde die Kennzeichen-Regelung, mit der die Zufahrt während der Corona-Pandemie eingeschränkt worden war, wieder aufgehoben. „Wir mussten die Beschränkung vornehmen und in Gremberghoven teilweise ganz schließen, weil die Zufahrten so voll waren, dass es zu erheblichen Rückstaus kam.“ In Gremberghoven hätten einige Unternehmen deshalb nicht mehr beliefert werden können, unter anderem ein sogenannter systemrelevanter Betrieb, der Beatmungsgeräte produziert.

Nur wenig Sperrmüll kann angenommen werden

Bedingt durch die Einschränkungen wurde in beiden Centern im April deutlich weniger Sperrmüll angenommen – 2500 Tonnen im April, 3600 Tonnen waren es im Mai. Im Vorjahr waren es 4900 und 4400 Tonnen. Die Zahl der Nutzer lag bei 30000 im April und 49000 im Mai. Im Regelbetrieb nutzen zwischen 60000 und 65000 Kölner im Monat die Wertstoffhöfe. Auch wenn sie jetzt wieder uneingeschränkt geöffnet sind, gelten weiterhin die Maskenpflicht und die Abstandsregeln. Die AWB bitten darum, derzeit nur in dringenden Fällen wie bei einem Umzug zu den Wertstoffhöfen zu fahren. Man werde die weitere Entwicklung der Pandemie abwarten. Es könne zu neuen Einschränkungen kommen.

Ab sofort können Kölner bei der Müllabfuhr auch wieder den kostenpflichtigen Flex-Service buchen, bei dem sie einen Abholtermin für Sperrmüll oder Elektrogeräte innerhalb von zwei Tagen oder zum Wunschdatum bekommen können. Der Termin kann online unter www.awbkoeln.de oder unter der Nummer 0221/922 22 22 gebucht werden.

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