Auf dem CSD machen die Kölner Politikerinnen und Politiker auch Wahlkampf. Mittendrin will die Partei die Seriosität brechen.
Kölner OB-KandidatMark Benecke macht Anti-Wahlkampf auf dem CSD

OB-Kandidat Mark Benecke (v.l.) besucht mit seiner Frau Ines den CSD in Köln.
Copyright: Uwe Weiser
Mark Benecke verteilt auf dem Christopher Street Day (CSD) in Köln am Sonntag falsche Fünfziger. Auf der Rückseite der Satire-Scheine steht „Niemand hat vor, Wählerstimmen zu kaufen“, vorne ein Konterfei von Benecke mit kritisch hochgezogener Augenbraue, dem Kandidaten der Partei für die Oberbürgermeisterwahl am 14. September. Auf dem CSD zieht er in den Wahlkampf, obwohl er keinen Wahlkampf machen will, wie er sagt.
„Klar will ich gewählt werden, alle hier wollen das“, sagt Benecke knapp und wirkt bemüht, eine sinnhafte Botschaft zu vermeiden. Beneckes vielleicht einzige tatsächliche Position als Kandidat ist: Gegen die anderen sein. Auf die Frage, ob Spielplätze in Köln nun weiter Spielplätze oder Spiel- und Aktionsflächen heißen sollen, lautet die Antwort der Partei, Kölschaktionsflächen einführen zu wollen. Als Reaktion auf den Interessenkonflikt zwischen Anwohnern vieler Plätze und Straßen in Köln, die ruhigen Schlaf wüschen, und Gastronomen und Feiernden, die abends die Stadt genießen wollen, veranstaltet die Partei Demos mit noch mehr Lärm. Auf dem CSD ruft Benecke, Landesvorsitzender der Partei, eine neue Forderung aus: „Freie Sicht auf den Kölner Dom vom gesamten Planet Erde aus.“
Marion Sollbach, Kölner SPD-Politikerin, kommt an der Gruppe der Partei vorbei, sie kennt Benecke aus der gemeinsamen Schulzeit auf dem Humboldt-Gymnasium. Er war Schulsprecher „und immer schon aufmüpfig“, sagt sie, mit Respekt. Das ist er mit 54 Jahren geblieben, mittlerweile aber auch Kriminalbiologe, forensischer Entomologe, Autor und einer von elf bisher bekannten Bewerbern um das Kölner OB-Amt.
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Mark Benecke macht Wahlkampf über Tiktok
„Oberbürgermeister Marky“, so nennt sich Benecke auf Tiktok, wo er bislang hauptsächlich seine Nicht-Botschaften für den Anti-Wahlkampf verbreitet, scheint der CSD sehr wohl am Herzen zu liegen. Mindestens so häufig wie Benecke erkannt und gefilmt wird, nimmt auch er besonders aufwändig gekleidetes Publikum mit seinen Botschaften auf. Die politische Bühne, die er haben könnte, schenkt er auf dem CSD eher anderen mit ihren Botschaften für eine tolerantere Welt.
Auf der Deutzer Brücke, bevor der Fahrrad-DJ-Wagen mit Rauchblasenmaschine loszieht, rutscht es Aaron von Kruedener, zweiter Vorsitzender der Partei in Köln, dann tatsächlich heraus: „Heute nehmen wir ernst.“ Die Partei-Mitglieder tauschen hektische Blicke aus. „Er wird schon wieder staatstragend“, sagt Benecke schnell. „Wie kann das hier ernst sein?“, fragt er und zeigt auf den Hut eines Partei-Kollegen, auf den ein pinker Pailletten-Penis gestickt ist. Der Hut wird noch öfter als Mittel gegen die Seriosität eingesetzt. Als die Partei-Kollegen Karl Lauterbach vor ihnen hoch oben auf dem SPD-Wagen entdecken, muss der Hutträger schnell unter seiner Nase vorbeilaufen.
Während sich die SPD in Team-Shirts für ihren OB-Kandidaten um ihren Wagen für den Demo-Zug aufstellen, pappt die Partei hinten einen vorbereiteten Aufkleber auf den Lkw: „Lol SPD“ (bedeutet in etwa „SPD – lautes Lachen“). Hauptsache lustig sein, zwischen all den Botschaften an den Wagen vor unter hinter ihnen. So exzentrisch Benecke sich auch gibt, sucht er nach zwei Stunden doch die Ruhe und verlässt den Demo-Zug am Heumarkt, um sich dort im ruhigeren Backstage-Bereich zurückzuziehen.