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Kölner Oberförster besorgt um den Wald„Im Moment hat das Ökosystem noch Antworten“

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Ein Weg durch den Kölner Stadtwald in Lindenthal – die städtische Forstverwaltung bewirtschaftet in Köln eine Fläche von gut 4000 Hektar Wald.

Ein Weg durch den Kölner Stadtwald in Lindenthal – die städtische Forstverwaltung bewirtschaftet in Köln eine Fläche von gut 4000 Hektar Wald.

Wie der Wald den Klimawandel in Zukunft verkraftet, sei nicht absehbar, sagt Michael Hundt. Esche und Bergahorn leiden in Köln aktuell unter Pilzinfektionen.  

Herr Hundt, wie geht es den gut 4000 Hektar Kölner Wald?

Michael Hundt: Die Situation ist nach wie vor schwierig. Wir hatten in den Jahren 2018 bis 2023 eine ziemliche Dürrephase, die dem Wald arg zugesetzt hat. Wir hatten aber zum Glück nur ein paar kleine Flächen mit Fichten, deren Sterben im Mittelgebirge riesige Lücken in den Wäldern gerissen hat. Bei uns sind sie auch abgestorben, aber weil wir rundherum naturnahe Laubmischbestände hatten, waren auch in diesen Flächen schon Sämlinge von Nachbarbeständen vorhanden. Das heißt, die Lücken haben sich schnell wieder geschlossen. Vielfalt ist in der jetzigen Situation das oberste Gebot.

Warum?

Weil wir noch nicht wissen, wie der Klimawandel ablaufen wird. Dass es wärmer wird, ist relativ klar. Aber ob es eher trockener oder doch feuchter wird, da sind sich die Vorhersage-Modelle nicht einig. Deswegen müssen wir das Risiko auf viele unterschiedliche Baumarten verteilen – das ist wie beim Aktienhandel.

Michael Hundt, 57, Leiter der städtischen Forstverwaltung in Köln

Michael Hundt, 57, Leiter der städtischen Forstverwaltung in Köln

Hat sich noch keine Wunderbaumart herauskristallisiert?

Nein. Das Versprechen von Patentlösungen für so komplexe Problemlagen ist gefährlich. Der wirtschaftliche Wunderbaum Fichte, der nach dem Krieg auf riesigen Flächen gepflanzt wurde, hat 60, 70 Jahre funktioniert – und dann kam die Katastrophe. Mein Rezept ist Vielfalt, Vielfalt, Vielfalt.

Wie steht es aktuell um die Kölner Bäume?

Das kann man nicht verallgemeinern. Da gibt es immer noch Baumarten, die sehr kritisch sind. Insbesondere die Esche wird durch eine Pilzkrankheit stark in Mitleidenschaft gezogen, wir kämpfen mit großen Ausfällen durch das Eschentriebsterben. Der Ahorn leidet an der Rußrindenkrankheit, die ist schon etwas länger am Start und betrifft vor allem den Bergahorn. Bei all diesen biologischen Faktoren ist es aber in der Regel so, dass sie nicht alle Bäume abräumen. Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte, das sind ganz langfristige Entwicklungen, bilden sich Resistenzen heraus. Das heißt, es bleiben immer einzelne Bäume übrig, die – aus welchem Grund auch immer – nicht von diesen Krankheiten befallen werden. Die vermehren sich weiter und haben resistentere Nachkommen. Es ist gut zu wissen, dass die Natur zwar einige Zeit braucht, in der Regel aber doch Antworten auf solche Gefährdungen entwickelt.

Wird unser Wald also langfristig mit dem Klimawandel klarkommen?

Im Moment hat das Ökosystem, da wo es einigermaßen in Ordnung ist, noch Antworten auf die Veränderungen. Aber es ist absolut nicht absehbar, wie es weitergeht. In den Dürrejahren haben wir uns schon ganz rapide einer Grenze genähert. Wenn diese Extreme immer länger und immer häufiger auftreten, bringen sie uns in große Schwierigkeiten. Das kann Trockenheit sein. Das können aber auch genauso gut extreme Niederschläge sein.

Sie sind der Oberförster einer Millionenstadt. Wie geht das zusammen, Wald und Köln?

Das geht relativ gut zusammen. Natürlich ist in einer Millionenstadt die Erholungsfunktion des Waldes für die Bürger besonders wichtig. Aber wir bewirtschaften den hiesigen Wald so, dass er all seinen Funktionen gerecht wird. Im Äußeren und Inneren Grüngürtel etwa ist die Erholungsnutzung das Wichtigste. Da achten wir darauf, dass die Wege immer in einem Top-Zustand sind und dass der Wald etwas sicherer ist als weiter draußen. Zum Beispiel in Dünnwald, in Brück, in Leidenhausen oder auch linksrheinisch im Rheinaue-Bereiche setzen wir andere Prioritäten, etwa die Naturwaldentwicklung oder die ganz normale forstwirtschaftliche Bewirtschaftung mit dem Verkauf von Holz.

Der Holzverkauf könnte wichtiger werden, wo doch die Kölner Stadtkasse aktuell so leer ist, oder?

Wir haben in Köln immer wieder Phasen, in denen die Finanzlage schwierig ist. Unser Holz versuchen wir bestmöglich zu verkaufen, teilweise haben wir wertvolle Stammholz-Sortimente, die wir meistbietend versteigern. Aber damit können wir den städtischen Haushalt nicht sanieren. Da sind andere Faktoren sehr viel wichtiger. So haben wir in diesem Jahr einen Zuwendungsbescheid vom Bund für klimaangepasstes Waldmanagement bekommen, da geht es um 236.000 Euro pro Jahr. Das übersteigt den durchschnittlichen Verkaufserlös aus unserem Holzverkauf.

Wo steht Kölns ältester Baum?

Den ältesten Waldbestand der Stadt haben wir im Gremberger Wäldchen. Da gibt es einige Bäume, Buchen und Eichen, die rund 300 Jahre alt sind. Für Buchen ist das ein extrem hohes Alter, Eichen können noch älter werden. Diesen Wald haben wir inzwischen zu einer Naturwaldentwicklungsfläche gemacht. Wir verzichten auf eine Nutzung der dicken Stämme, um die Bäume zur Förderung der Artenvielfalt zu erhalten. Mit ihren Höhlen und ihren vielen Mikro-Lebensräumen für Fledermäuse oder Insekten haben sie einen unschätzbaren Wert, der geht weit über den Wert des Holzes hinaus.