„Haben aus China und Italien gelernt“Kölner Professor will Corona mit Daten bekämpfen

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Intensivstation

Betten auf Intensivstationen werden in der Coronakrise dringend benötigt.

  • Mit dem neu geschaffenen Intensivregister der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) liegen erstmals Daten über die Zahl der an Covid-19 erkrankten Patienten und die verfügbaren Intensivbetten in Deutschland vor.
  • Federführend für die Einrichtung dieser Plattform war unter anderem Professor Dr. Christian Karagiannidis, Leiter der Lungenintensivstation der Lungenklinik am Krankenhaus Merheim.
  • Wir haben mit ihm über die Chancen des Registers und die aktuelle Situation gesprochen.

Köln – Was leistet das Intensivregister?

Das Intensivregister macht auf einen Blick deutlich, wo freie Behandlungskapazitäten sind. Das ist insbesondere bei einem hohen Aufkommen von Covid-19-Fällen wichtig. Damit trägt das Register ganz wesentlich zur Versorgung der Bevölkerung bei und hilft Krankenhäusern, freie Kapazitäten zu finden. Eine der wichtigsten Funktionen ist: Es ist so möglich, frühzeitig zu erkennen, wann es zu einem deutlichen Anstieg der beatmeten Covid-19-Patienten kommt. Dies ist in unseren Augen noch wichtiger als die Gesamtzahl der Infizierten, da das Nadelöhr die Intensivmedizin sein wird. Das Projekt ist eine schöne Kooperation zwischen der DIVI, dem Robert-Koch-Institut und dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG). An dieser Stelle sei das BMG besonders gelobt für die unbürokratische und schnelle Zusammenarbeit beim Aufbau des Registers.

Was bedeutet „Nadelöhr Intensivmedizin“ in diesem Zusammenhang?

Alles zum Thema Robert-Koch-Institut

Es scheitert nicht daran, im Krankenhaus ein Bett zu bekommen. Aber wenn man so wenig Luft bekommt, dass man eine Beatmungstherapie braucht, dann funktioniert das nur auf der Intensivstation. Die Zahl dieser Betten ist erheblich begrenzter als auf den Normalstationen. Und das haben wir aus China und Italien sehr gut gelernt, da haben wir auch gut zugehört: Wir wissen, dass wir genau hier die größten Kapazitäten aufbauen müssen.

Wie viele Kliniken in Deutschland beteiligen sich an dem Register?

Es werden stündlich mehr. Innerhalb kürzester Zeit haben sich bereits mehr als 500 Krankenhäuser beteiligt – bei etwa 1200 Krankenhäusern mit Intensiv-Stationen in Deutschland. Sehr wichtig ist auch, dass das Intensivregister einen guten Anklang im Gesundheitsministerium gefunden hat. Das Register kann für uns zu einem extrem wertvollen Tool zur Prognostizierung der weiteren Patientenzahlen werden. Derzeit berichten die teilnehmenden Kliniken von rund 4800 Intensivbetten, die innerhalb von 24 Stunden bereitgestellt werden können.

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Über wie viele Beatmungsplätze verfügen die Kölner Kliniken?

Die Grundkapazität der Intensivbehandlungsplätze in Köln liegt bei etwa 285 Betten. Darüber hinaus besteht eine spontane Aufwuchsfähigkeit von mindestens 125 Intensivbetten. Im Falle einer schwersten Pandemie bin ich fest davon überzeugt, dass die Kapazität, sofern das Personal zur Verfügung steht und alle an einem Strang ziehen, noch weiter ausgebaut werden kann.

Aufwuchsfähigkeit?

Das bezeichnet unseren Plan B zu der Frage: Wie schaffe ich zusätzliche Intensivplätze? Wir standen in Deutschland noch nie vor der Situation, dass wir mehr Intensivbetten brauchen als wir ohnehin schon haben. Wir haben, bezogen auf die Einwohnerzahl, womöglich die größte Kapazität weltweit zusammen mit den USA. Jetzt könnten wir zum ersten Mal in die Situation kommen, in der diese Kapazität nicht ausreicht. Daher der Plan B.

Material ist ein Punkt, Pflegepersonal ist ein weiterer wichtiger Aspekt. 

Mir kommt in der jetzigen Diskussion über Betten und Geräte das Personal deutlich zu kurz. Darauf sollte man meiner Ansicht nach zuerst schauen und darauf achten, dass die Leute, die da sind, möglichst lange motiviert bleiben. Damit das gelingt, habe ich einen unkonventionellen Vorschlag.

Heraus damit.

Die Pflegekräfte, die während so einer schweren Pandemie arbeiten, sollten für ihren Einsatz steuerlich finanziell entlastet werden. Warum nicht auf der Steuererklärung unter dem Stichwort „Einsatz während der Covid-Pandemie“ eine solche Möglichkeit schaffen? Der anerkennende Applaus der Menschen ist gut, aber es sollte bei den Pflegekräften auch Geld auf dem Konto landen. Die Idee habe ich auch schon im Bundesministerium für Gesundheit vorgeschlagen. Das wäre doch ein gutes Signal.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit der Kölner Krankenhäuser grundsätzlich speziell im Bereich der Intensivversorgung?

Das funktioniert sehr gut. Wir treffen uns einmal in der Woche mit Vertretern allen Kölner Kliniken. Mein Credo ist: Die Krankenhäuser in Köln müssen zu einem Team werden. Das muss das Team Köln werden. Wenn wir das schaffen, dann haben wir etwas erreicht, was richtig gut ist. Ich bin da sehr zuversichtlich, ich glaube, wir sind auf dem Weg dahin.  

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