Kommentar zu Kölner PartyplätzenFeiern, bis die Polizei kommt? So geht es nicht!

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Zweimal ließ die Stadt Köln die Schaafenstraße am Wochenende räumen.

  • Kann man es jungen Leuten verübeln, dass sie auf öffentlichen Plätzen in Köln feiern – wo auch Ältere kaum noch Sinn für „Social Distancing“ haben?
  • Nein, meint Chefredakteur Carsten Fiedler. Aber wenn die Durchsetzung behördlicher Auflagen zum Hase-und-Igel-Spiel zwischen Polizei und Feiernden wird, läuft etwas grundlegend falsch.
  • Ein Kommentar.

Köln – Liebe Leserinnen, liebe Leser, ja, es ist Sommer. Und ja, ich verstehe den Reflex der Jungen, mit anderen zusammenkommen und feiern zu wollen. Eine ganze Generation will sich ihr Leben zurückholen, um das es sich seit bald einem halben Jahr auf verschiedene Weise betrogen sieht. Als ich am Samstag über die Schaafenstraße ging, einen der Kölner Party-Hotspots, bemerkte ich bei mir aber auch den gegenteiligen Reflex: Was soll das hier werden? Sämtliche Corona-Regeln außer Kraft gesetzt; feiern, bis die Polizei kommt.

Wir sind gerade in einer merkwürdigen Gemengelage. Die Pandemie-Gefahr in Deutschland wirkt beherrschbar. Das Thema hat sich aus der Lebenswelt vieler Menschen insofern verabschiedet, als es kaum noch Infizierte gibt. Übrigens muss man nur die richtigen Lokalitäten aufsuchen, um festzustellen, dass auch Ältere kaum noch Sinn für „Social Distancing“ haben.

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Carsten Fiedler, Chefredakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“

Mit der Lahmlegung des öffentlichen Lebens im Frühjahr sollte ein Kollaps des Gesundheitssystems vermieden werden. Von dieser damals beschworenen Katastrophe scheint unser Land inzwischen so weit entfernt, dass das Argumentieren für weiteres Beschneiden persönlicher Freiheiten zunehmend schwerfällt.

Alles zum Thema Henriette Reker

Da läuft was falsch

Wenn aber die Durchsetzung behördlicher Auflagen zu einem Hase-und-Igel-Spiel zwischen Polizei und Feiernden gerät – dann läuft grundlegend etwas falsch. Das Eingreifen von Polizei und Ordnungsamt ist ja keine Behördenwillkür. Vielmehr geht es um Schutz, aber auch um ein klares Signal für die Geltung von Recht und Gesetz. Die Willkür liegt aufseiten derer, die sich davon eigenmächtig freisprechen.

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Das Problem wird auch nicht dadurch gelöst, dass OB Henriette Reker jungen Menschen dringend empfiehlt, sich nicht nur am Stadtgarten, sondern auch am Ebertplatz oder am Aachener Weiher zu treffen. Ihr Ratschlag wirkt sogar etwas hilflos. Denn wenn die Jungen feiern wollen, gehen sie nun mal am liebsten dorthin, wo viele sind. Um die Sperrung weiterer Hotspots wird die Stadt mit ziemlicher Sicherheit nicht herum kommen. Aber auch dadurch werden sich die Corona-Auflagen in einer Stadt wie Köln nicht zeit- und flächendeckend umsetzen lassen. Feiern auf Abstand? Schwierig!

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Was also tun? Alle Vorsicht fahren lassen? Dagegen sprechen Ausbrüche wie in Gütersloh oder die Krankengeschichten von Covid-19-Patienten mit schrecklichen Nachwirkungen. Auch muss uns das Drama in den USA oder in Brasilien eine Warnung sein. Was Trump oder Bolsonaro an Ignoranz an den Tag legen, sollten wir uns ersparen – das gilt für politische Entscheidungen wie für das individuelle Handeln. Damit das Zurückholen unseres Lebens nicht zum Rückschlag wird.

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