Kritik an Corona-WeihnachtsregelnMüssen Kölner Singles einsam feiern?

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Weihnachten einsam

Ein Frau steht alleine vor einem Weihnachtsbaum. (Symbolbild)

Köln – Klaus-Peter Pfeiffer ist Single, seine Eltern sind im vergangenen Jahr gestorben. Seine Schwester feiert Weihnachten mit ihrem Mann, ihren erwachsenen Kindern und deren Anhang – mehr als vier Erwachsene dürfen wegen der Corona-Pandemie in diesem Jahr nicht in ein anderes Haus kommen, um zu feiern, der Kölner Philosoph und Unternehmenscoach ist damit außen vor. „Mit Freunden darf ich leider auch nicht feiern – es ist ja vorgeschrieben, dass die vier Menschen, die über den eigenen Haushalt hinausgehen, zum engsten Familienkreis gehören müssen.“

Kein Einlass in die Herberge

Dem Weihnachtstrubel und „der zum Teil überhöhten Schwülstigkeit des Festes stehe ich zwar fern“, sagt Pfeiffer. „Trotzdem verbinde ich gerade im Zusammensein mit meinen Liebsten auch Schönes mit Weihnachten. Die Corona-Regelungen des Bundes, die sich auf die Familie nach traditionellen Vorstellungen beziehen, wirken recht eng gefasst, sie entsprechen nicht unbedingt den Realitäten von Patchwork-Familien, Singles und anderen Lebensgemeinschaften. Als Single zum Beispiel könnte man das Bild der vollen Herbergen bemühen: Man klopft überall an, aber es wird nicht aufgemacht.“

Bettina B. ist Einzelkind, ihre Eltern sind auch bereits tot. B. ist wie Klaus-Peter Pfeiffer Single. Weihnachten feiert sie jedes Jahr mit einer befreundeten Familie in Nippes – und wird das auch dieses Jahr tun. „Ich hatte die Regelung gar nicht so ausgelegt, dass ich eigentlich allein zu Hause sitzen müsste, aber wenn ich den engen Familienkreis wörtlich nehmen würde, wäre es so – und das wäre natürlich diskriminierend.“

Wenn man die Vorschriften der Regierung, die die Bundesländer noch spezifiziert haben, ernst nimmt, müssten Menschen, die keine Verwandten haben, Weihnachten dieses Jahr allein verbringen. Denn für die Weihnachtstage gilt, dass nur „Treffen mit vier über den eigenen Hausstand hinausgehenden (erwachsenen) Personen aus dem engsten Familienkreis erlaubt sind. Das gilt auch, wenn dadurch mehr als zwei Hausstände zusammenkommen.“ Das Land NRW ergänzt, dass diese höchstens vier weiteren Personen aus dem Familienkreis zum Beispiel „Ehegatten, Lebenspartner und Partner einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft sowie Verwandte in gerader Linie, Geschwister, Geschwisterkinder und deren jeweilige Haushaltsangehörige“ sein können.

Grünen-Abgeordneter fordert Änderung

„Die Regelung fokussiert sich leider stark auf die traditionelle Kleinfamilie und ihre Verwandten.

Sven Lehmann (Grüne)

Sven Lehmann (Grüne)

Über den Grad der Verwandtschaft werden soziale Hierarchien geschaffen. Schwule, Lesben oder Singles, die normalerweise mit Freunden feiern, berücksichtigt die Regelung leider nicht“, sagt Sven Lehmann, Kölner Bundestagsabgeordneter der Grünen.

„Dem Virus ist es aber egal, ob ich mit der Großmutter oder einer Freundin an einem Tisch sitze – es geht um die notwendige Beschränkung von Kontakten und nicht um Verwandtschaftsverhältnisse.“

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Lehmann, der sich für einen harten Lockdown und die beschlossenen Kontaktbeschränkungen ausspricht, fordert, auch „soziale Familien oder Wahlfamilien in die Kontaktregelungen für die Weihnachtstage zu integrieren“ – Berlin habe dies als bislang einziges Bundesland sofort nach dem Erlass vom Bund getan. Dass Ordnungsämter bereits angekündigt haben, an den Festtagen nicht zu kontrollieren, wer sich zu Hause mit wem trifft, reicht Lehmann nicht aus. „Es geht darum, klarzustellen, dass es eine Obergrenze an Personen und Hausständen gibt, die sich aber nicht nach den Verwandtschaftsbeziehungen richten darf. In meinem queeren Freundeskreis stört das gerade viele Menschen - einige sind auch direkt betroffen.“ Die Staatskanzlei in NRW ließ eine Anfrage zu einer Ausweitung der Kontaktbestimmungen auf enge Freundeskreise vorläufig unbeantwortet.

Weihnachtsfeier per Zoom-Konferenz

Er selbst werde Heiligabend allein mit seinem Partner feiern, sagt Sven Lehmann. „Die Familie meines Mannes werden wir an den Feiertagen besuchen, sofern unser Corona-Test vorher negativ ausfällt. Den geplanten Urlaub haben wir abgesagt.“ Klaus-Peter Pfeiffer wird an Weihnachten „regelmäßig meditieren, etwas Gutes Kochen und einen leckeren Wein trinken. Mit meiner Schwester werde ich vermutlich zoomen, mit einigen Freunden telefonieren. Es macht mir nicht viel aus, ich kann damit umgehen“, sagt er. „Aber ich nehme es schon so wahr, dass die Corona-Krise die Alleinstehenden einsamer macht. So oder so bin ich ganz froh, wenn Weihnachten dann nach ein paar Tagen wieder vorbei ist.“

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