Neues Kunstwerk für Kölner DomRabbiner fordert Abbau von antijüdischen Darstellungen

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Antijüdische Darstellung Kölner Dom

An und in der Kathedrale gibt es mehrere antijüdische Objekte. Wie etwa diese Judensaudarstellung.

Köln – Zum 1700-jährigen Bestehen der jüdischen Gemeinde in Köln soll der Dom im kommenden Jahr ein Kunstwerk erhalten, das sich mit dem christlich-jüdischen Verhältnis beschäftigt. Laut Weihbischof Rolf Steinhäuser wird dafür ein Wettbewerb für ein „zeitgenössisches Kunstwerk mit der Darstellung von Juden und Christen ausgeschrieben, die unserem jetzigen Selbstverständnis entspricht“. Der „Kirchenzeitung“ sagte Steinhäuser, das Kunstwerk solle „ein großer Wurf werden“.

Antijüdische Darstellungen im Kölner Dom

In dem Gedenkjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“, für das Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Schirmherrschaft übernommen hat, möchte sich das Erzbistum auch verstärkt mit den antijüdischen Artefakten im Dom beschäftigen. An und in der Kathedrale gibt es mehrere antijüdische Darstellungen, die schon mehrmals Thema wissenschaftlicher Publikationen waren; die bekanntesten sind zwei sogenannte Judensaudarstellungen.

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Eine antisemitische Darstellung im Chorgestühl des Kölner Doms.

Die eine befindet sich als Wasserspeier im Bereich der Achskapelle, in 20 Metern Höhe am Außenbau des Domchores. Sie datiert von etwa 1300. Die zweite Darstellung von 1310 ist als Holzrelief im Chorgestühl zu sehen. Unmittelbar daneben befindet sich ein weiteres antijüdisches Relief im Chorgestühl, das eine Ritualmordlegende darstellt, wie sie Juden im Mittelalter wiederholt von der christlichen Mehrheitsbevölkerung unterstellt wurde – unter anderem, um Pogrome zu rechtfertigen.

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Kölner Rabbiner Yechiel Brukner fordert Abbau

Der Kölner Rabbiner Yechiel Brukner hatte gegenüber der „Kirchenzeitung“ dafür geworben, „Schluss mit den antijüdischen Darstellungen im Dom zu machen“. Aus seiner Sicht sollte man sie „abmontieren, in ein Kämmerlein stellen und sagen: Das gehört der Vergangenheit an“. Er sage das auch auf die Gefahr hin, als „Radikalist“ bezeichnet zu werden, so Brukner.

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Das Bistum hat eine andere Meinung. „Die drei genannten aus dem frühen 14. Jahrhundert stammenden antijüdischen Bildzeugnisse sind in ihrer perfiden Polemik kaum erträglich. Eine Entfernung dieser Darstellungen verbietet sich für die Hohe Domkirche aber dennoch aus zwei Gründen: Zum einen würde dies einen schweren und zerstörerischen Eingriff in den denkmalgeschützten Bestand des Domes und des Chorgestühles bedeuten, der, da sie fester Bestandteil der Architektur bzw. des Chorgestühles sind, zwangsläufig auch die benachbarten Bereiche schädigen würde“, sagt Matthias Demel, Sprecher der Dombauhütte.

„Zum zweiten stehen wir auf dem Standpunkt, dass sich Geschichte nicht ändern lässt, indem man ihre Spuren zerstört, verwischt oder ihre Zeugnisse den Blicken entzieht. Der richtige Umgang mit diesen Darstellungen sollte daher die offene, kritische und wissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte sein.“ Dies sei zum Beispiel in der 2008 erschienenen Publikation „Der Kölner Dom und die Juden“ gelungen, die aufgrund großer Nachfrage auf Initiative eines Arbeitskreises mit Vertretern von Bistum, Hoher Domkirche und Synagogengemeinde in erweiterter Form neu aufgelegt worden sei.

1700 Jahre alter Erlass soll in Köln gezeigt werden

Der Arbeitskreis erarbeite derzeit ein Konzept, wie über die antijüdischen Darstellungen im Dom weiter aufgeklärt werden könne, um ein noch breiteres Publikum zu erreichen. Geplant seien auch Veranstaltungen im Rahmen der Feierlichkeiten „1700 Jahre jüdisches Leben in Köln“.

Im Jahr 331 wurde die jüdische Gemeinde in Köln in einem Dekret von Kaiser Konstantin erstmals urkundlich erwähnt. Mit dem Erlass wurde es Juden erlaubt, künftig in die Ämter von Kurie und Stadtrat berufen zu werden. Kardinal Rainer Maria Woelki, der aktuell wegen schwerer Vertuschungsvorwürfe rund um den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche unter Druck steht (hier lesen Sie mehr), hatte der Synagogengemeinde bei einem Besuch im Februar zugesagt, sich dafür stark zu machen, das Original des Dekrets aus dem Vatikanischen Archiv für das Gedenkjahr nach Köln zu holen.

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