Streit um GeißbockheimFDP fordert eine Art Schadenersatz für den 1. FC Köln

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Das Bild zeigt das Geißbockheim von oben fotografiert.

Heimat des 1. FC Köln seit 1953: das Geißbockheim. Ob das so bleibt, ist eher unwahrscheinlich.

Seit Jahren kommt der Ausbau beim 1. FC Köln nicht voran, doch das Aus für das Geißbockheim als Heimat des Klubs wird immer wahrscheinlicher.

Nächsten März hat der geplante Geißbockheim-Ausbau des Fußball-Erstligisten 1. FC Köln seinen zehnten Jahrestag: Seit März 2014 beschäftigt sich der Verein mit der millionenschweren Idee, ein neues Nachwuchs-Leistungszentrum sowie weitere Fußball-Plätze zu bauen. Doch mit den Jahren hat sich der Geißbockheim-Ausbau im übertragenen Sinn zum Kreisverkehr mit einigen möglichen Ausfahrten entwickelt – doch derzeit steht vor jeder ein Stopp-Schild.

Zuletzt hat der neue CDU-Pateichef Karl Mandl für den Verein eine Perspektive gefordert. Wie die aussehen soll, hat er aber nicht gesagt. Es ist angesichts der tektonischen Verhältnisse im Stadtrat ein gewagtes Manöver, schließlich hat seine CDU im Sommer 2020 für den nötigen Bebauungsplan im Äußeren Grüngürtel gestimmt, der die Basis für die drei Fußball-Plätze auf der Gleueler Wiese ist. Doch nur Monate später war diese Entscheidung mehr oder weniger passé, weil die CDU angesichts der Kommunalwahl und der nun viel stärkeren Grünen vor der Frage stand: Wollen wir ein Bündnis mit den Grünen und Volt oder nicht? Die CDU sagte Ja, und stimmte damit auch einem Moratorium für die Gleueler Wiese zu. Dort soll bis 2025 nichts passieren. Wackelt diese Position angesichts Mandls Aussagen, obwohl er betonte, dass die CDU zu Vereinbarungen stünde?

SPD fordert neuen Ratsbeschluss

Die politische Konkurrenz jedenfalls hat die Aussagen notiert, die SPD sieht die CDU nun in der Pflicht, Mandls Aussagen Taten folgen zu lassen. Sie will einen neuen Ratsbeschluss. Die Sozialdemokraten stehen weiter zum Geißbockheim – doch ist eben diese Option zumindest bis zur Wahl 2025 aus mehreren Gründen unwahrscheinlich. Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) hat den Bebauungsplan als fehlerhaft bezeichnet und für unwirksam erklärt. Scheitert der FC nun vor dem Bundesverwaltungsgericht mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, ist das Urteil rechtskräftig. Will der FC also am Geißbockheim ausbauen, müssten die Fehler im Plan getilgt werden – und zwar über ein neues Verfahren. Das dauert.

Alles zum Thema Bernd Petelkau

Und selbst wenn der neue Plan wirksam ist, hat der FC keinen Pachtvertrag für die städtische Fläche. Und der Klub wird bis 2025 auch keinen erhalten. Das Stopp-Schild steht. FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite sagt: „Wer es mit dem FC ehrlich meint, weiß, dass bei den Mehrheiten im Rat nur der Standort Marsdorf machbar ist.“

Es ist die nächste Option: Der Klub wandert quasi aus auf den städtischen Acker an der A1, verlässt das 1953 erbaute Geißbockheim. Doch auch in Marsdorf türmen sich die Probleme. Erstens: Er soll einen Teil der Fläche übernehmen, den anderen Teil der Lebensmittel-Großmarkt. Der soll wegen des Stadtentwicklungsprojektes „Parkstadt Süd“ von der Bonner Straße nach Marsdorf ziehen. Doch statt der gesamten Fläche soll er nur den kleineren Teil bekommen, weil Grüne und CDU den FC ja in Marsdorf sehen wollen. Nur findet die Stadt keinen Investor, der ihr den Großmarkt in Marsdorf bauen will.

Der FC hat zwar längst einen Masterplan für Marsdorf erstellt, wo welche Plätze und Gebäude stehen sollen, doch auch für diesen Notfallplan gilt ein Stoppschild: das Geld. Der Verein hat nicht genug, er ist laut eigener Aussage ein Sanierungsfall und kann die rund 120 Millionen Euro nicht aufbringen.

Stadt Köln will sich nicht äußern

Eine Lösung wäre, dass die Stadt dem Verein die Gebäude und Plätze am Geißbockheim abkauft, er hat sie per Erbbaurecht von der Stadt erhalten. Aber darf die Stadt das beihilferechtlich, um dort eine Bezirkssportanlage einzurichten? Und reicht das Geld, um den Bau in Marsdorf zumindest zum Teil zu bezahlen? Oder dürfen alternativ die städtischen Sportstätten in Marsdorf bauen und der Klub mietet die Anlagen? Auch in dem Fall stellt sich die Frage nach dem Beihilferecht.

Die Stadtverwaltung will sich dazu momentan nicht äußern, verweist auf laufende Gespräche zwischen Stadt, FC und Politik. Sie sind bislang ohne Ergebnis, obwohl Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) sich zum Jahreswechsel eine Lösung gewünscht hatte.

CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau sagt, dass sich „für uns am Status quo auch gar nichts geändert“ hat. Petelkau verweist wie die Grünen und Volt auf die laufenden Gespräche, Mandls Tingel-Tour als neuer Parteichef dürfte ihm nicht gefallen. Das Fraktions-Trio beantwortet auch nicht die Frage, ob die Stadt dem Verein finanziell helfen sollte.

SPD-Fraktionschef Christian Joisten sagt: „Der Unterstützungsbedarf wird ja erst durch die ideologisch motivierte Auslagerung des FC nach Marsdorf nötig. Ein Ausbau am Geißbockheim wäre deutlich günstiger und könnte auch ohne finanzielle Unterstützung der Stadt umgesetzt werden.“ Den Ausbau am Geißbockheim hatte der Verein mal auf 25 bis 30 Millionen Euro taxiert.

Linken-Fraktionsgeschäftsführer Michael Weisenstein sagt:  „Nein, die Stadt sollte keinen professionellen Fußballklub finanziell subventionieren. Der FC ist angehalten, sich eigens finanziell um geeignete Liegenschaften zu bemühen und diese zu erwerben.“  Ulrich Breite von der FDP sagt: „Die Oberbürgermeisterin als Chefin der Verwaltung und die Ratsmehrheit mit Grünen und CDU vertreiben den FC vorsätzlich aus dem angestammten Geißbockheim, da es ohne Ausbau keine glorreiche sportliche Zukunft gibt. Ein gewisser ‚Schadenersatz‘ ist da nur recht und billig.“

Angesichts der politischen Gemengelage dürfte damit die Ausfahrt Marsdorf am wahrscheinlichsten sein – wenn es beihilferechtlich erlaubt ist. Es dürfte damit derzeit zwar die wahrscheinlichste Lösung sein, aber eben auch eine, die die Stadt viel Geld kosten könnte.

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