Im Sommer können zu Hause gebliebene Kölner in der römischen Grabanlage in Weiden nicht nur abkühlen, sondern auch in die Vergangenheit reisen.
Kühles KölnDas Römergrab in Weiden ist ein unterirdisches Ausflugsziel

Gudrun Schmitz ist im Vorstand des Fördervereins Römergrab Weiden.
Copyright: Susanne Esch
Nur ein paar Stufen sechs Meter unter die Erde geht die Zeitreise knapp 2000 Jahre zurück. Die Grabkammer des Römergrabs Weiden an der Aachener Straße 1328 ist ein fast unwirklicher - im Sommer angenehm kühler - Ort, ein Raum, der viel von seinen ehemaligen Nutzern erzählt. Zwischen Mauern aus uraltem Tuffgestein befinden sich in drei Nischen Liegeplätze für Männer. Daneben stehen handgearbeitete Steinstühle für weibliche Besucher, uralte Büsten von Verstorbenen und ein Sarkophag aus Carrara-Marmor, der sich allerdings wohl einst in einem Bau über der Grabkammer befand. Der Förderverein Römergrab Weiden hat die spektakuläre Sehenswürdigkeit der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht und das Ensemble aus Grabkammer und späteren Anbauten in einen Lernort umgestaltet.
Köln zur Römerzeit wieder erlebbar gemacht
Im ehemaligen Wohnzimmer des Wärterhäuschens ist die „Welt der Lebenden“ dargestellt. Auf einer Karte ist das römische „Colonia Claudia Ara Aggrippinensum“ als winziges Quadrat im heutigen Stadtgebiet markiert, direkt am Rhein, der Grenze des römischen Reichs. Von dort strahlen rote Linien ins Umland aus, wichtige Verkehrsachsen in andere Regionen, die heutige Bonner, Luxemburger, Aachener und Neusser Straße. Vor den Stadttoren befanden sich große Gutshöfe, die sie mit Lebensmitteln versorgten. Warum die Grabkammer direkt an der Aachener Straße, der römischen „Via Belgica“ gefunden wurde, erläutert Gudrun Schmitz, Vorstandsmitglied des Fördervereins Römergrab Weiden und Dezernentin für Denkmalpflege der Bezirksregierung Köln: „Es war verboten, in der Stadt einen Leichnam zu bestatten. Deshalb lagen die Friedhöfe entlang der Ausfallstraßen.“ Die Reichen hätten die Logenplätze direkt an der Straße besessen, die Armen mussten sich in den Reihen dahinter platzieren. In der Grabkammer direkt an der Aachener Straße müssen vermögende Römer bestattet worden sein, vermutlich Gutsbesitzer aus der Gegend. Darüber befand sich ein tempelartiger Schutzbau, von dem noch zwei Säulenstücke erhalten sind.

Das Wärterhäuschen bildet den Eingang zur Grabkammer an der Aachener Straße 1328.
Copyright: Susanne Esch
„Inschriften auf den Grabmälern erinnerten daran, was die Verstorbenen Tolles geleistet haben“, so Schmitz. Denn das spielte nach dem Tod eine erhebliche Rolle, wie man in einem anderen Zimmer im Wärterhäuschen über „die Welt der Toten“ erfahren kann: „Die Römer hatten Angst vor der Unterwelt, dem Schattenreich Hades, und ihren Göttern Pluto und Proserpina, mit dem dreiköpfigen Höllenhund Cerberus“, so Schmitz. Wer verstorben war, wurde nach römischem Glauben vom Fährmann Charon in die Welt der Toten übergesetzt. Dort entschieden Totenrichter, wohin die Reise weiterging, wer im Leben genug Gutes für die Gesellschaft getan hatte, konnte ins Elysium weiterziehen und dort in unbeschwerter Ewigkeit leben, mit Trost durch Wein und lustigem – weiblichen – Gefolge.
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Sünder landen im Tartarus oder im Hades
Große Sünder wurden in den Tartarus, den tiefsten Ort der Unterwelt verbannt, kleine mussten zumindest im Hades verharren. Doch, von wo aus auch immer, spukten die Toten auch noch als Manen, Geister, an ihrem ehemaligen Lebensort und konnten durch unzureichende Opfer und Rituale zu bedrohlichen Lemures werden, die den Lebenden schaden konnten. Daher trafen sich die Generationen der Familie rund 200 Jahre lang regelmäßig in der wie ein Wohnzimmer eingerichteten Grabkammer in Weiden, um die Verstorbenen zu besuchen.
Das damals eingestürzte Römergrab wurde 1843 entdeckt. Der Preußische König Friedrich Wilhelm IV kaufte das Grundstück und beauftragte den damaligen Kölner Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner, das Tonnengewölbe der Grabkammer wiederherzustellen und darüber einen Schutzbau nebst Wärterhäuschen zu errichten. Seit 1946 befindet sie sich im Eigentum des Landes NRW, wurde weiter unterhalten, war aber öffentlich kaum zugänglich und weitgehend unbekannt. Der Dornröschenschlaf hatte dank des Fördervereines 2019 ein Ende. Mittlerweile hat auch einen Ergänzungsbau als Aufenthaltsraum hinzugefügt hat – und einen römischen Garten, wo Pflanzen wachsen, die auch die Gärten der Römer schmückten.