Wohnen in KölnDie Mietpreisbremse greift in Köln nur ungleichmäßig

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Im Mietspiegel liegt das Unicenter unterhalb der tatsächlichen ortsüblichen Miete.

Im Mietspiegel liegt das Unicenter unterhalb der tatsächlichen ortsüblichen Miete.

Köln – Wer den Kölner Wohnungsmarkt kennt, der weiß, dass eine 80 Quadratmeter große Wohnung in Sülz oder Lindenthal deutlich teurer ist als in Chorweiler. Doch im Mietspiegel wird nicht zwischen den Stadtteilen unterschieden – hier wird ein Durchschnittswert für die gesamte Stadt ermittelt. Das führt zu weitreichenden Problemen und könnte eine Flut von Klagen nach sich ziehen.

Die in Köln zum 1. Juli eingeführte Mietpreisbremse orientiert sich nämlich weitgehend am Mietspiegel, obwohl das – siehe oben – nicht richtig funktioniert.

Das neue Instrument Mietpreisbremse soll sicherstellen, dass sich auch Normalverdiener weiterhin eine Wohnung im gefragten Köln leisten können. Allzu große Hoffnungen sollten sich Mieter allerdings nicht machen: Experten halten das Gesetz für schlecht.

Es funktioniert so: Bei einer Neubelegung darf eine Mietwohnung höchstens zehn Prozent teurer sein als eine vergleichbare Wohnung derselben Größe und Lage. Was auf den ersten Blick so einfach wie sinnvoll klingt, sorgt für große Verunsicherung bei Mietern und Vermietern.

Der Bundestag hat die Mietpreisbremse im März mit den Stimmen der großen Koalition aus CDU, CSU und SPD beschlossen. Das Instrument zur Erhaltung des für Normalverdiener bezahlbaren Wohnraums gilt allerdings nur in „angespannten Wohnungsmärkten“. Die Bundesländer müssen diese ausweisen.

In Nordrhein-Westfalen wurde die Mietpreisbremse zum 1. Juli in 22 Kommunen eingeführt, Köln gehört zu den ausgewählten Städten. Wer hier eine bestehende Wohnung neu vermietet, darf pro Quadratmeter maximal einen Aufschlag auf die ortsübliche Miete um bis zu zehn Prozent verlangen. (att)

Das Problem: Wollen Mieter oder Vermieter herausfinden, ob der Mietpreis für eine Wohnung angemessen ist, sollen sie sich an der ortsüblichen Vergleichsmiete orientieren. Als Maßstab soll eben jener Mietspiegel dienen, der nach Meinung von Fachleuten für diesen Zweck überhaupt nicht geeignet ist. Die Richtlinie unterscheidet nämlich nicht zwischen den 86 Kölner Stadtteilen.

Stattdessen werden Durchschnittswerte für die gesamte Stadt genannt. Zwar sind Spannen angegeben, doch sie reichen nicht aus, um das Preisgefälle genau abzubilden. Erst ein teurer Gutachter kann Klarheit schaffen.

Veedelstypische Unterschiede

Ein Mieter im Uni-Viertel in Sülz etwa müsste in einer 80 Quadratmeter großen Wohnung in einem etwa 30 Jahre alten Haus in mittlerer Lage gemäß des Mietspiegels im Schnitt 7,45 Euro pro Quadratmeter zahlen. Nicht ablesbar ist dort jedoch, dass aufgrund der bereits seit mehreren Jahren sehr hohen Nachfrage der Preis tatsächlich um bis zu 23 Prozent höher ausfallen kann.

Würde sein Vermieter also mehr als 7,45 Euro plus zehn Prozent von ihm verlangen, würde er fälschlich annehmen, dass die Mietpreisbremse greift und möglicherweise eine Klage einreichen. Ein Gutachter würde jedoch feststellen, dass das Vorgehen des Vermieters rechtens wäre, weil die ortsübliche Miete in Sülz bei zehn Euro und mehr liegt.

Umgekehrt könnte ein Mieter einer vergleichbaren Wohnung in Chorweiler annehmen, dass es völlig in Ordnung wäre, 7,45 Euro pro Quadratmeter plus zehn Prozent von ihm zu verlangen. Tatsächlich wäre das jedoch unangemessen, weil die ortsübliche Miete hier unterhalb von sieben Euro liegt und bis zu 23 Prozent niedriger ausfallen kann als im Durchschnitt.

Gut gemeint, schlecht gemacht

„Die Mietpreisbremse ist gut gemeint, aber schlecht gemacht, weil der Mietspiegel dafür nicht gedacht ist“, kritisiert Thomas Tewes, Hauptgeschäftsführer des Kölner Haus- und Grundbesitzervereins. Es handele sich um einen Baufehler im Gesetz. „Wir rechnen mit vielen juristischen Auseinandersetzungen“, sagt er. „Wenn wir für die Vermieter einen Preis schätzen, heißt das nicht automatisch, dass das Gericht das auch so sieht.“

Nikolaus Sturm, seit fast 20 Jahren amtlich bestellter Gutachter, hält die Regelung ebenfalls für problematisch. „Das bereitet Mietern und Vermietern gleichermaßen Schwierigkeiten“, sagt er. Auch er rechne mit vielen Klagen. „Gutachter können das bewerten, de Otto Normalverbraucher kann das nicht“, so Sturm. Der Mietspiegel sei für den Einzelfall unbrauchbar, um die ortsübliche Miete einschätzen zu können. Besser wären Hinweise über die jeweiligen Zu- und Abschläge für die Ortszonen.

„Die Umsetzung der Mietpreisbremse ist nicht einfach“, sagt Jürgen Becher, Geschäftsführer des Mietervereins. „Auf lange Sicht wird es sicher Streitigkeiten geben.“ Auseinandersetzungen vor Gericht könnten teure Gutachterkosten nach sich ziehen, räumt er ein. Er setze aber darauf, dass alleine die Existenz einer Mietpreisbremse die Vermieter ab sofort davon abhalten werde, utopische Preise zu verlangen.

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