Nach MuseumsschockKölner FDP: Stadt ist überfordert mit Kulturbau

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Die Fassade des Neubaus der Historischen Mitte (rechts) vom Roncalliplatz aus gesehen.

Köln – Die FDP-Fraktion im Stadtrat fordert angesichts der vielen problembehafteten Kulturbauprojekte, auf den Bau der sogenannten „Historischen Mitte“ zu verzichten. Dabei handelt es sich um ein Projekt von Hoher Domkirche und der Stadt. Sie wollen am Roncalliplatz gemeinsam ein neues Kölnisches Stadtmuseum sowie ein Bürohaus für Römisch-Germanisches Museum (RGM), Stadtmuseum und Kirche bauen. Kurienhaus und RGM-Studienhaus müssten weichen.

Noch laufen die Planungen, der Baubeschluss soll nächstes Jahr fallen, die Kosten liegen derzeit bei rund 183 Millionen Euro. 2029 soll das Projekt Stand jetzt abgeschlossen sein.

Absage wäre harter Schlag für das Stadtmuseum

Der kulturpolitische Sprecher der FDP, Lorenz Deutsch, sagte am Freitag: „Im ersten Schritt wollen wir ein Moratorium für den Bau der Historischen Mitte, so schmerzhaft das für das Stadtmuseum ist. Auf lange Sicht sollten wir die Historische Mitte ganz absagen.“ Das würde etwas Luft verschaffen, auch wenn man die ersten Planungskosten verliere.

Alles zum Thema Henriette Reker

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Das Stadtmuseum soll ab diesem Jahr interimsweise für einige Jahre im umgebauten Modehaus Sauer an der Minoritenstraße ausstellen. Die eigentliche Heimat, das Zeughaus, ist ein Sanierungsfall. Laut Deutsch würde das Stadtmuseum bei einem Aus für die „Mitte länger im früheren Modehaus bleiben, er stellt ohnehin in Frage, ob das Stadtmuseum es schafft, dieses Jahr zu öffnen.

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Das Kurienhaus auf dem Roncalliplatz (rechts), daneben das kleine Studienhaus des Römisch-Germanischen Museums sowie das Mueum selbst.

Die FDP lehnt die „Mitte“ schon lange ab, ihre Forderung kommt nun einen Tag, nachdem die Stadt Köln die Kostenexplosion von 41,7 auf 91,2 Millionen Euro bei der RGM-Sanierung bekannt gegeben hat. Und sie kommt eine Woche, nachdem die Stadt bekennen musste, den Baugrund für den Erweiterungsbau des Wallraf-Richartz-Museums nicht gründlich genug geprüft zu haben. Dazu gesellen sich die fast episch lange Bühnen-Sanierung sowie die ständigen Probleme mit dem Jüdischen Museum („MiQua“).

Ruffen: Die Stadt ist überfordert

Stefanie Ruffen, Vorsitzende des Bauausschusses des Stadtrates, sagte: „Es gibt Grenzen. Wir sehen bei jedem Projekt, dass die Stadt es in der Masse nicht kann.“ Sie sprach von Überforderung.

FDP will mehr Prävention

Neben der Kritik am Kulturbau hat die FDP am Freitag einen Antrag für den nächsten Jugendhilfeausschuss am 30. August angekündigt. Darin will sie eine Kampagne anstoßen, um die Prävention gegen die Verbreitung von Darstellungen sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen zu verstärken.

Die FDP sieht eine mangelnde Sensiblisierung bei Kindern, Jugendlichen und Eltern im Umgang mit unter anderem Nachtbildern. Laut FDP waren 2021  knapp 40 Prozent der Tatverdächtigen bei der Verbreitung von Darstellungen sexualisierter Gewalt über das Internet sogar jünger als 18 Jahre. Vielen sei das aber nicht bewusst, wenn sie Bilder versenden.

Catherine Schöppen, Mitglied im Jugendhilfeausschuss, sagte: „Der sorglose Umgang mit Bild- und Videomaterial und die diesbezügliche fehlende Sensibilisierung werden laut Expertinnen und Experten oft von den Eltern vorgelebt und von Kindern in jungem Alter verinnerlicht. Daher müssen wir auch die Eltern aufklären, um Kinder und Jugendliche zu schützen!“

Auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) hatte sich schon 2017 in diese Richtung geäußert, der Kulturbau belaste die Stadt extrem, zur „Historischen Mitte“ hatte sie damals gesagt: „Meine persönliche Haltung ist: Erstmal macht man etwas fertig und dann macht man etwas Neues, auch wenn das vielleicht nicht ganz so schick ist.“ Mittlerweile äußert Reker sich nicht mehr so.

Kritische Stimmen schon 2021 im Kölner Stadtrat

Allerdings hat die FDP mit fünf Sitzen keine Mehrheit im 90-köpfigen Rat (plus Reker) mit dieser Position. Und das Bündnis aus Grünen, CDU und Volt hat sich im Kooperationsvertrag zur „Mitte“ bekannt – obwohl es voriges Jahr beim Beschluss im Stadtrat zur Weiterplanung durchaus kritische Stimmen aus dem Bündnis gab.

Ruffen sagte auch mit Blick auf die Auswirkungen der Energiekrise auf die Haushalte: „Die Rahmenbedingungen haben sich doch jetzt geändert, als der Kooperationsvertrag geschlossen wurde, waren es andere Zeiten.“

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