Die Stadt Köln will möglichst schnell ein Angebot für die drogenabhängigen Menschen schaffen, um die Lage zu verbessern.
Drogenszene in KölnNeues Suchthilfezentrum soll einen Kilometer vom Neumarkt entfernt sein

Für die Drogenszene am Neumarkt ist ein neues Suchthilfezentrum geplant.
Copyright: Arton Krasniqi
Um die Lage rund um den Neumarkt zu verbessern, will die Stadt Köln ein neues Suchthilfezentrum bauen. Die Suche nach einem geeigneten Standort dafür gestaltet sich wie berichtet schwierig, jetzt hat die Stadt Köln aber offensichtlich ein konkretes Grundstück ins Auge gefasst. „Die oberste Priorität hat jetzt ein neues Suchthilfezentrum, das höchstens einen Kilometer vom Neumarkt entfernt liegt“, sagt Gesundheitsdezernent Harald Rau im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Um welchen Ort es sich handelt, wolle er derzeit aber nicht bekanntgeben.
Für den Neubau könnten Container zum Einsatz kommen
Wie aus Rathaus-Kreisen zu erfahren war, soll es sich um eine Fläche handeln, die sich in der Nähe einer Stadtbahn-Haltestelle befindet und auf der sich für das Suchthilfezentrum kein Gebäude befindet. Die Stadt Köln will dort neu bauen, sehr wahrscheinlich sollen Container zum Einsatz kommen, wie sie inzwischen auch beim Schulbau Verwendung finden. Ziel soll es sein, ein möglichst dauerhaftes Angebot zu schaffen. Innerhalb des genannten Radius finden sich nur wenige ungenutzte Freiflächen, wie etwa das Umfeld der romanischen Kirche St. Pantaleon. Von dort aus ist die KVB-Haltestelle Poststraße schnell erreichbar.
Die ehemalige Kaufhof-Zentrale in der Nähe des Neumarkts ist als weiterer Standort dem Vernehmen nach für ein Suchthilfezentrum aus dem Rennen. Ein Aufstellen von Containern würde die Umbauarbeiten dort behindern. Die Stadt Köln hat die Immobilie gemietet und lässt sie vom Vermieter für die Belange verschiedener Dienststellen und Ämter herrichten.
Alles zum Thema Köln Hauptbahnhof
- Drogenszene in Köln Neues Suchthilfezentrum soll einen Kilometer vom Neumarkt entfernt sein
- Antiterror-Übung Die Bundespolizei provoziert in Köln Verunsicherung
- Schüsse und Schreie zu hören Polizei trainiert Antiterror-Einsatz im Kölner Hauptbahnhof
- Im Kölner Hauptbahnhof Polizei probte mit Platzpatronen und Kunstblut für den Ernstfall
- Acht Stunden Vollsperrung Heute Nacht fahren auch keine S-Bahnen am Kölner Hauptbahnhof
- NRW-Ministerpräsident äußert sich „Gar kein Verständnis“ – Wüst kritisiert Bahn wegen Chaos in Köln
- Während Hauptbahnhof-Sperrung Signalreparatur in Köln beendet – noch sind Störungen möglich
„Alle möchten die Situation am Neumarkt verbessern. Gerade spüre ich unter allen Akteuren, wie Stadtverwaltung, Politik und Stadtgesellschaft eine besonders große Einigkeit und Tatkraft. Ich bin optimistisch, dass wir deshalb auch einen erheblichen Schub für ein neues Suchthilfezentrum bekommen werden“, sagt Rau. Obwohl Verwaltung und Politik zur Verbesserung der Situation am Neumarkt jetzt grundsätzlich schnell eine Entscheidung treffen wollen, erscheint es fraglich, dass das Suchthilfezentrum auch tatsächlich schnell in Betrieb gehen kann. Dem Vernehmen nach soll damit zu rechnen sein, dass die Umsetzung rund ein Jahr dauern wird. Eine Eröffnung wäre also frühestens im Dezember 2026 realistisch oder sogar erst Anfang 2027.
Mittel- bis langfristig sollen zwei weitere Zentren entstehen
In dem neuen Suchthilfezentrum sollen abhängige Menschen zum einen Drogen konsumieren können, zum anderen sollen sie sich nach Vorbild eines im schweizerischen Zürich entwickelten Modells dort aufhalten, duschen und mit Sozialarbeitern austauschen können. „Wir befinden uns in Bezug auf die Umsetzung des Zürcher Modells und die Schaffung der neuen Suchthilfezentren in einem engen Austausch mit der Polizei und binden auch die Staatsanwaltschaft in die Kooperation ein“, sagt Rau.

Der Kölner Gesundheitsdezernent Harald Rau
Copyright: Michael Bause
Um das Konzept aus Zürich vollständig umzusetzen, müssten allerdings mittel- bis langfristig noch zwei weitere Suchthilfezentren entstehen, zwischen denen sich die drogenabhängigen Menschen hin- und herbewegen sollen. „Die zweite Priorität ist ein weiteres Zentrum im Rechtsrheinischen, und die dritte Priorität ein weiteres im Linksrheinischen, das zu Fuß vom ersten aus erreichbar sein sollte“, sagt Rau. Das könnte zum Beispiel an den bestehenden Drogenkonsumraum am Hauptbahnhof angegliedert werden.
Eine von der CDU und Polizeipräsident Johannes Hermanns favorisierte Fläche in Kalk ist eine weitere Option. „Der Parkplatz gegenüber dem Polizeipräsidium in Kalk wird nicht der Ort sein, der den bisherigen Drogenkonsumraum am Neumarkt ersetzt. Dieser Standort kommt aber für ein zweites, rechtsrheinisches Suchthilfezentrum infrage“, sagt Rau.
Bisheriger Konsumraum an der Lungengasse soll wegfallen
Da der bisherige Drogenkonsumraum im Gesundheitsamt an der Lungengasse auf der Rückseite des Neumarkts geschlossen werden soll und es offenbar relativ lange dauern wird, bis das neue Suchthilfezentrum eröffnet werden kann, stellt sich die Frage, was in der Zwischenzeit passieren soll. Eine Interimslösung am Josef-Haubrich-Hof nach Dortmunder Vorbild würde die Polizei dem Vernehmen nach nicht mittragen. Bliebe die Option, den Konsumraum im Gesundheitsamt vorerst doch weiterzubetreiben und möglicherweise provisorisch zu erweitern, um dort das Zürcher Modell umzusetzen. Doch auch das dürfte im Polizeipräsidium auf wenig Gegenliebe stoßen. Polizeipräsident Hermanns hatte gesagt, dass der vorhandene Drogenkonsumraum im Gesundheitsamt am Neumarkt zumindest in seiner jetzigen Konfiguration gescheitert sei.
Ein weiteres Problem stellt die Finanzierung dar. Bislang ist im städtischen Haushalt kein Geld für ein Suchthilfezentrum hinterlegt. „Die Finanzierung eines neuen Suchthilfezentrums wird anspruchsvoll sein, aber wir sind zuversichtlich, dass uns der Anlauf mit der Unterstützung von Förderern gelingen wird“, sagt Rau. Doch auch in diesem Fall wird der Stadtrat am Ende weiteres Geld freigeben müssen. Für alle drei Suchthilfezentren rechnet die Stadtverwaltung mit zusätzlichen Kosten von bis zu 14 Millionen Euro.
Oberbürgermeister Torsten Burmester (SPD) hatte sich vorgenommen, sich als eine seiner ersten Amtshandlungen dem Neumarkt anzunehmen. Da die Verhandlungen über ein Bündnis im Stadtrat allerdings derzeit nicht richtig vorankommen, müsste er jetzt unabhängig davon eine Mehrheit zusammenbekommen, um das neue Suchthilfezentrum noch in diesem Jahr auf den Weg zu bringen – und das möglichst schnell.

