AbschlusspartyGaststätte „Zum Kornbrenner“ stellt nach 35 Jahren den Betrieb ein

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Juniorchefin Patricia Robinson.

Juniorchefin Patricia Robinson.

Nippes – „Alles hat eben seine Zeit“, bilanziert Patricia Robinson, Junior-Chefin der Veedels-Institution „Zum Kornbrenner“. „Wir waren 35 Jahre hier drin, mit allen Höhen und Tiefen. Dass es vorbei ist, ist sehr traurig, und ich werde meine Gäste vermissen – aber nun muss man einen Neuanfang machen.“

Genau 100 Tage, nachdem Patricia und ihre Mutter Lydia Robinson das Ende der Gaststätte angekündigt hatten, hieß es jetzt für viele langjährige Gäste, persönlich Adieu zu sagen. Weit mehr als 100 kamen zum großen Abschied in die altehrwürdigen Räume; viele hatten Geschenke und Blumen für die Wirtinnen dabei. Es herrschte eine sehr schöne Stimmung, zugleich aber mit deutlich wehmütigem Anklang.

Pachtvertrag lief aus

Wer mochte, konnte auf ausliegenden Zetteln eine Widmung hinterlassen; aus den Werken der Besucher will der Buchladen Neusser Straße ein Gästebuch für die Wirtinnen binden. Mit dem Lokal hat die Buchhandlung seit Jahren zusammengearbeitet: Nach Ladenschluss konnte man auf Wunsch die Bestellungen auch in der Kneipe abholen.

Im Juni hatten die Robinsons entschieden, den Pachtvertrag mit der Sünner-Brauerei nicht mehr zu verlängern. Denn die Mutter, die auch künftig in der Etage über den Gasträumen wohnen wird, konnte wegen ihres chronischen Lungenleidens nicht mehr im Lolal arbeiten; allein wollte Patricia Robinson die Wirtschaft nicht mehr weiterführen – zumal eine Übernahme der Konzession von ihrer Mutter umfangreiche Renovierungen bedeutet hätte.

Und auch sie ist zurzeit angeschlagen: Vor fünf Wochen erlitt sie einen schweren Arbeitsunfall, bei dem sie sich an einem Auge schwer verletzte. „Aber mein Team ist danach eingesprungen – und genau das machte den Kornbrenner aus. Wir waren alle eine richtige Familie. Meinen Mitarbeitern möchte ich danken für den Einsatz.“

Älteste bestehende Gaststätte in Nippes

Laut dem Nippeser Archiv für Stadtteilgeschichte war der Kornbrenner die vermutlich älteste bestehende Gaststätte in Nippes. Der erste Adressbuch-Eintrag stammt von 1874, wahrscheinlich gab es die Kneipe – einst die Dampf-Kornbranntwein-Brennerei von Theodor Töller – aber schon in den 1860er Jahren.

Bekannt war der Kornbrenner auch für seine Konzerte – und beim Veedelsfestival Nippes-Nacht und dem Blauen Abend war man immer mit von der Partie. „Ich hoffe, dass das Kulturprogramm weitergeht“, so Patricia Robinson. „Sünner will viel in die Räume investieren; im Dezember oder Januar soll es wohl mit neuen Pächtern weitergehen.“

Legendäre Karnevalspartys

„Vor allem der Karneval war hier legendär“, betonen zwei aus der Schweiz angereiste Gäste. „Immer wenn wir in Köln waren, waren wir im Kornbrenner.“ Auch Peter Josef Becker, der als Metzger den Laden 25 Jahre belieferte, bis er sich 1998 zur Ruhe setzte, wird die Kneipe vermissen. „Es ist ein ganz tolles Team. Hier geht eine Institution verloren.“

Lydia Robinson, die das Lokal mit ihrem ein Jahr später verstorbenen Mann eröffnet hatte, war sichtlich gerührt von der großen Resonanz. „Ich habe nie den Fehler gemacht, nur auf älteres Publikum zu setzen. Wir hatten immer auch nette junge Leute hier – und das hat sich bis heute gehalten. Teils wurden sogar die Kinder der Besucher aus der Anfangszeit selbst Stammgäste.“

Sämtliche Gäste, egal welcher Nationalität oder Hautfarbe, seien willkommen gewesen. Und schon in den 1980ern sei man emanzipatorisch seiner Zeit voraus gewesen. „Bei mir konnten von Anfang an auch Frauen an der Theke sitzen. Wenn ein Mann ein Getränk ausgeben wollte, habe ich die Frau dann erstmal gefragt, ob sie das überhaupt will. Und wurde er zu aufdringlich, haben wir ihn rausgeschmissen“, erzählt sie und lächelt.

Sabine Löffelsender, die 20 Jahre im Laden arbeitete, resümiert: „Sie ist ganz eindeutig die beste Wirtin der Welt – und das meine ich ganz ernst.“

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