50 Jahre BilderstöckchenVeedels-Barometer: So wohnt und lebt es sich im Stadtteil

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Die neue „Hall of Fame“ für Graffiti-Sprayer entlang des Mauenheimer Gürtels, an der Haltestelle Geldernstraße

Die neue „Hall of Fame“ für Graffiti-Sprayer entlang des Mauenheimer Gürtels, an der Haltestelle Geldernstraße

  • Bilderstöckchen ist seit 50 Jahren ein eigenständiger Kölner Stadtteil.
  • Aus dem Anlass werfen wir im Veedels-Barometer einen Blick auf die Entwicklung in Bilderstöckchen.
  • Wohnen, Wirtschaft, Verkehr, Vereine, Parks – wie lebt es sich im Veedel, was geht voran, was schleppt?

Köln – Happy Birthday, Bilderstöckchen: Das Veedel, dessen erste Häuser vom Anfang der 1930er Jahre stammen, ist seit genau 50 Jahren ein eigenständiger Kölner Stadtteil. Das aus Nippeser Gebieten sowie kleinen Teilen von Longerich und Neuehrenfeld „ausgegründete“ Veedel wurde am 24. April 1969 selbstständig; am 6. Juli wurde dies mit einem großen Fest im Blücherpark gefeiert.

Aus dem Anlass werfen wir einen Blick auf die Entwicklung: Wie lebt es sich im Veedel, was geht voran, was schleppt?

Siedlung: Zwei große Bauprojekte

Zwei bauliche Großprojekte stehen an: der Bau von Mehrfamilien- sowie Eigentums-Wohnhäusern mit insgesamt 60 Einheiten und einer Kita auf dem früheren Kirchengelände von St. Monika an der Ludwigsburger Straße, sowie die Aufstockung der Mietshäuser im Carré Escher Straße 270-298/Alzeyer Straße/Rockenhauser Straße, was 152 neue Wohnungen bringen würde. Für beide Projekte federführend ist als Eigentümerin die halb-kirchliche Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft.

Auf dem St.-Monika-Areal hat der Abriss begonnen.

Auf dem St.-Monika-Areal hat der Abriss begonnen.

Auf dem St.-Monika-Areal haben vor wenigen Tagen die Abbruch-Arbeiten am ehemaligen Kirchengebäude begonnen. Das Aufstockungs-Projekt der Mietshäuser im Norden des Veedels, das einen Teil der Wohnungsbau-Initiative des Erzbistums für 632 neue Wohnungen darstellt, befindet sich hingegen noch im Planungsstadium. Die Zahl soll auf die Baujahre des Kölner Doms anspielen.

Wirtschaft: Hohe Arbeitslosengeld II-Quote

Auch wenn die Bahn ihr 2018 eröffnetes ICE-Werk hartnäckig nach Nippes „verlegt“, so steht es doch in Bilderstöckchen. 400 Jobs wurden geschaffen, ein Großteil im nahen Umfeld, wie die Bahn stolz betont. Und auch das bis Longerich reichende große Gewerbegebiet bietet Jobs – jedoch nicht für alle. Mit 19,8 Prozent SGB-II-Quote ist Bilderstöckchen auf Rang 19 stadtweit, deutlich über dem Kölner (13,2 Prozent) und Nippeser Bezirksschnitt (10,4 Prozent).

Beim Einzelhandel bietet sich ein ambivalentes Bild: Es gibt gleich sechs Discounter, aber keinen einzigen „klassischen“ Supermarkt wie Rewe oder Edeka. Und die beiden Einkaufs-Lagen auf dem Ost- und Westabschnitt des Schiefersburger Weges dümpeln seit Jahren vor sich hin. Der Versuch, einen Supermarkt am Rande der Belgiersiedlung anzusiedeln, scheiterte bislang am städtischen Einzelhandels- und Zentrenkonzept. Jenes bedroht auch den Aldi-Markt im Süden des Veedels, der sich vergrößern will; der Königsweg könnte – wie auch der Konzern bestätigt hat – ein modernes kombiniertes Erweiterungsprojekt mit Wohnungen auf dem Dach des neuen Ladens sein.

Vereine: Gründung des Bürgervereins als Meilenstein

Auch nach 50 Jahren als eigener Stadtteil hat sich ein echtes Vereinsleben noch nicht entwickelt: Es gibt keinen nennenswerten, im Veedel beheimateten Sport- oder Schützenverein, weder Karnevalsverein noch Veedelszoch.

Ein Meilenstein war jedoch die Gründung des Bürgervereins Bilderstöckchen 2011: Ob Politik, Denkmalpflege, Umwelt oder Stadtteilfeste – der Verein und seine Mitglieder setzen Akzente und sind vielerorts involviert.

Etwas Kompensation bietet auch das gute Netz an sozialen Trägern, die in der „Bilderstöckchen-Konferenz“ zusammenarbeiten – so der Kellerladen an der Alzeyer Straße, der sowohl Treffpunkt als auch Hilfsverein ist, die beiden aktiven Jugendzentren Lucky’s Haus und Take Five, sowie die Kirchen mit ihren Veranstaltungen. Die Hunderte Teilnehmer beim jährlichen Veedels-Putztag „Bilderstöckchen Beauty Day“ geben einen guten Eindruck der Zusammenarbeit im Veedel.

Haltestelle: Sanierung Geldernstraße/Parkgürtel

Die neue „Hall of Fame“ für Graffiti-Sprayer entlang des Mauenheimer Gürtels, an der Haltestelle Geldernstraße

Die neue „Hall of Fame“ für Graffiti-Sprayer entlang des Mauenheimer Gürtels, an der Haltestelle Geldernstraße

Das Aufatmen im Stadtteil ist fast hörbar: Mit der Sanierung und künstlerischen Gestaltung des S- und U-Bahn-Bauwerks Geldernstraße/Parkgürtel präsentiert sich ein einst als Schandfleck und Angstraum geltender Ort deutlich sauberer, ansehnlicher und freundlicher.

Am Ende der Osterferien war das durch 20 Graffiti-Crews unter Leitung der „Mittwochs-Maler“ aus Lucky’s Haus erstellte Gesamtkunstwerk fertig. Der Nippeser Bürgeramtsleiter Ralf Mayer kümmerte sich zudem federführend um sonstige Belange an der Haltestelle: Die früheren Milchglas-Würfel am U-Bahn-Eingangsbauwerk sind durch transparente Scheiben ersetzt, die durch Tauben genutzte Nischen vergittert, die Beleuchtung in Durchgängen verstärkt.

Verkehr: Stau auf der Escher Straße

Im mit zwei Autobahn-Anschlüssen sowie S- und U-Bahn ausgestatteten Veedel gibt es keine gravierenden Probleme. Nur einige Punkte bereiten Sorgen – zuallererst die Kreuzung Geldernstraße/Parkgürtel, wo illegale Linksabbieger und Rot-Fahrer für Gefahren sorgen. Ein Kreisel als Alternative scheidet hier laut städtischer Prüfung aus Platzgründen aus.

Der Verkehr fließt oft nicht schnell genug: die Kreuzung Escher Straße

Der Verkehr fließt oft nicht schnell genug: die Kreuzung Escher Straße

Die Kreuzung von Escher, Robert-Perthel- und Äußere Kanalstraße war ein Unfallschwerpunkt, bis die Ampel auf ein separates Grün pro Richtung umgestellt wurde. Leider geht dies auf Kosten der Schnelligkeit, vor allem auf der Escher Straße staut es sich deshalb oft. Ein Kreisel ist in Planung; der Baubeginn aber noch offen. Das Raser-Problem auf dem Schiefersburger Weg wurde Ende 2018 durch die neue Blitzersäule in Höhe der Hauptschule gelindert.

Wohnen: Preisschnitt des Mietspiegels kratzt an 10-Euro-Grenze

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Die sanierten GAG-Häuser

Wenn auch deutlich günstiger als seine Nachbarn (Neu-)Ehrenfeld und Nippes, ist Bilderstöckchen längst kein Schnäppchen mehr. Laut des Mietspiegels von koeln.de/Homeday kratzt der Preisschnitt mit 9,90 Euro im vierten Quartal 2018 inzwischen an der 10-Euro-Grenze – stadtweit ein geteilter 31. Platz mit Mauenheim, Lövenich, Weiden und Widdersdorf. Auch die Karte von ksta.de/ImmoScout 24 sieht das Veedel mit 9,85 Euro (2017) auf Platz 30 in Köln.

Neue Akzente hat das Veedel durch die Verdichtung der früheren „Belgiersiedlung“ zwischen Parkgürtel, Escher Straße und Schiefersburger Weg bekommen, sowie die Neubauten und Sanierungen längs der Straße Am Bilderstöckchen, inklusive neuer Kindertagesstätte. Dennoch sind graue Plattenbauten sowie „Mietskasernen“ mit Einfach-Ausstattung immer noch weit verbreitet im Viertel; das drückt gleichzeitig auf den Preisschnitt. 

Nach und nach werden aber auch diese Zweckbauten deutlich aufgehübscht; beispielhaft ist etwa die gelungene Sanierung der GAG-Hochhäuser, Am Bilderstöckchen 66 bis 70, Ecke Escher/ Robert-Perthel-Straße: Die zuvor sehr hässlichen, graubraunen Blocks haben vor einiger Zeit einen hellen, ansprechenden Anstrich und ein moderneres Interieur bekommen. Ein wirklich annehmbares Stadtteil-Entree, wenn man aus Richtung der A 57 kommt.

Bilderstock: Erfolgsprojekt des Veedels

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Bilderstock mit Marienstatue

Pünktlich zum Jubiläum präsentiert sich auch das Wahrzeichen in Bestform: Im April wurde der während eines Dreivierteljahres frisch sanierte Bilderstock neu eingeweiht. Die federführend vom Bürgerverein Bilderstöckchen geführte Restaurierung wurde durch Firmen, Privatpersonen, ehrenamtliche Arbeitseinsätze und Mittel der Bezirksvertretung Nippes ermöglicht. Insgesamt mehr als 20000 Euro kamen zusammen – und nach dem Bilderstock selbst wird mit den Restmitteln nun auch die Umgebung verschönert. Es ist ein wahres Erfolgsprojekt des Veedels!

Grün: Viele Parks bringen viel Grün

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Das Insektenhotel

Ein klarer Aktivposten des Veedels ist das viele Grün. Neben dem Blücherpark von 1913 an der Grenze zum Stadtteil Neuehrenfeld – ein überörtlicher Publikumsmagnet – zieht sich der Bürgerpark Nord entlang der Escher Straße bis hin zur Äußeren Kanalstraße.

Auf der anderen Seite des Veedels entsteht seit dem Jahr 2017 der von einem Ortsbündnis aus Vereinen, Unternehmen und Privatpersonen initiierte Klimapark, hier wachsende seltene Obstbaumsorten, es gibt ein Insektenhotel, und die Anlage verfügt über ein schönes hügeliges Profil. Weitere Details, wie Spielgeräte und ein Klima-Lehrpfad, sind in Planung. Auch der offiziell namenlose „Geldernpark“ an der Geldernstraße/Ludwigsburger Straße ist seit der Aufwertung des dortigen Spielplatzes deutlich belebter und familiärer geworden.

Blücherpark: Bislang im Zeitplan

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Der Blüchlerpark

Seit November 2018 lassen die Stadtentwässerungs-Betriebe (Steb) den Kahnweiher abbrechen und doppelt so tief neu bauen. Hauptgrund: die immensen Wasserverluste von 30000 Kubikmetern jährlich durch Versickerung. Das Gröbste ist inzwischen geschafft: Im laufenden Jahr soll alles fertig sein. „Wir liegen – nach heutigem Stand – im Zeitplan. Alle Arbeiten einschließlich der Wiederbefüllung sollen bis November abgeschlossen sein“, bestätigt Andrea Bröder von den Steb. „Nur die Pflanzarbeiten dauern bis Frühjahr 2020, denn sie sind wetterabhängig.“

Gymnasium: Container-Interim im Bürgerpark-Nord

Nach langem Zittern steht fest: Das Dreikönigsgymnasium (DKG), Kölns 1450 gegründete älteste Schule, zieht nächstes Jahr ins Container-Interim im Bürgerpark-Nord.

Dort würde die gebundene Ganztagsschule auch die ersehnte eigene Mensa erhalten. Der Naturschutzbeirat gab sein Okay zum Standort im  Park; Baudezernent Markus Greitemann versicherte dem DKG persönlich, dass das Projekt mit allen Ämtern koordiniert sei. Einzige Unwägbarkeit: der Verlauf der Bauausschreibung.

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