Ost-West-AchseStadtrat stimmt bei Ausbau für Kompromiss

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EIn alltägliches Bild: Autos und Bahnen drängeln sich auf der Ost-West-Achse

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  • Der Stadtrat hat für einen Kompromiss gestimmt.
  • Sowohl ein Tunnel als auch ein oberirdischer Ausbau sollen vertieft geplant werden.

Köln – Oberbürgermeisterin Henriette Reker eröffnete die Debatte mit einem Appell an die Ratsmitglieder – ein seltener Vorgang, der für die Bedeutung der anstehenden Entscheidung zur Neugestaltung der Ost-West-Achse spricht. „Mit dem nächsten Tagesordnungspunkt entscheiden wir über nichts weniger als über unsere Zukunft, es wird zu Recht erwartet, dass wir heute Verantwortung übernehmen“, sagte die parteilose Stadtchefin.

Was wenig später folgte, war eine Diskussion, die überwiegend von Parteiinteressen geprägt war, und viel zu wenig von dem Interesse Kölns und seiner Bürgerinnen und Bürger. In der abschließenden Abstimmung, die auf Antrag der SPD und der FDP geheim erfolgte, setzte das schwarz-grüne Bündnis mit Unterstützung der Wählergruppe „Gut“ einen untereinander ausgehandelten Kompromiss durch.

Der sieht vor, für die KVB-Trasse zwischen der Deutzer Brücke und dem Aachener Weiher sowohl einen Tunnel (geschätzte Kosten: 750 Millionen Euro) wie auch einen oberirdischen Ausbau vertieft planen zu lassen. Das wird einige Jahre dauern. Erst wenn die Ergebnisse beider Planungen vorliegen, soll die Entscheidung für oder gegen eine U-Bahn fallen. Für die Übergangsphase sollen die Bahnsteige der gesamten Linie 1 für längere Züge umgebaut werden. Außerdem sollen die Verkehrs-Betriebe auf der Aachener Straße eine Express-Elektrobuslinie mit eigener Fahrspur einrichten.

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Darum ging es

Die Verwaltung hatte vorgeschlagen, zwischen Heumarkt und Aachener Weiher einen U-Bahn-Tunnel zu planen, der für die Stadtbahn-Linie 9 hinter dem Neumarkt unterirdisch in Richtung Mauritiussteinweg abzweigen soll. Zusätzlich sollten die oberirdischen Bahnsteige zwischen Bensberg und Weiden verlängert werden, damit bereits vor dem Tunnelbau neue Langzüge fahren können.

Als Kompromiss haben sich CDU, Grüne und die Ratsgruppe Gut darauf geeinigt, dass die Stadt sowohl einen oberirdischen Ausbau als auch den Bau eines U-Bahn-Tunnels zwischen Heumarkt und Aachener Weiher weiterplanen soll. Außerdem soll noch im kommenden Jahr auf der Aachener Straße eine Autospur in eine Bus- und Taxispur umgewandelt wird. Dort sollen zwischen Weiden und dem Eisenbahnring parallel zur Linie 1 Expressbusse zum Einsatz kommen.

Verkehrsdezernentin Andrea Blome hatte ebenso wie KVB-Chef Jürgen Fenske den Bau eines U-Bahn-Tunnels empfohlen. Eine unterirdische Ost-West-Verbindung habe mehrere Vorteile. So könnten die Bahnen ungestört vom Auto-, Fußgänger- und Radverkehr fahren und wären schneller unterwegs. Zudem biete sich die Chance, das Zentrum um den Neumarkt und den Rudolfplatz attraktiver zu gestalten. „Diese Stadt hat etwas Besseres verdient als 90-Meter-Züge im Zweiminutentakt“, sagte Blome.

Jeder hatte mit jedem verhandelt

Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Lino Hammer wies den Vorwurf zurück, das schwarz-grüne Bündnis habe sich vor einer eindeutigen Aussage für oder gegen eine U-Bahn gedrückt. „Wir stellen die Entscheidung auf eine fundiertere Grundlage“, sagte Hammer. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU, Dirk Michel, bezeichnete die nicht unumstrittene Expressbuslinie als „zusätzliches Signal im Hinblick auf den Luftreinhalteplan“.

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Sichtlich erleichtert beklatschen Grüne und CDU das Ergebnis der Abstimmung.

In den zurückliegenden Wochen hatte so gut wie jeder mit jedem verhandelt. Es gab mehrere vergebliche Versuche, Allianzen zu bilden. Am Ende siegte die Bündnistreue – obwohl die CDU die U-Bahn unbedingt will, die Grünen aber auf keinen Fall. In der Diskussion im Stadtrat brachen deutlicher als sonst ideologische Gräben auf. FDP-Fraktionschef und U-Bahn-Befürworter Ralph Sterck beispielsweise zitierte aus seinen Gesprächen mit Vertretern der CDU. „Die Grünen wollen den Skalp der Autofahrer“ habe ihn ein Christdemokrat wissen lassen.

SPD hatte zusätzlichen Tunnel gefordert

Die SPD hatte einen zusätzlichen U-Bahntunnel unter dem Rhein zwischen Deutz und dem Heumarkt gefordert; wohlwissend, dass ein solches Vorhaben die geringsten Aussichten auf Fördermittel aus Berlin hat. SPD-Fraktionsvize Andreas Pöttgen warf dem Ratsbündnis vor, der Kompromiss gehe zulasten der nächsten Generation: „Sie verwehren den jungen Menschen in unserer Stadt, eines Tages unter dem Rhein durchfahren zu können.“ Linken-Ratsherr Michael Weisenstein bezeichnete den SPD-Vorschlag als „Irrwitz“, nachdem er zuvor bereits die Position der CDU als „Irrsinn“ abgetan hatte.

„Sehr eigenartige Diskussion“

Der Zufall wollte es, dass der Ende des Jahres in den Ruhestand scheidende KVB-Chef Jürgen Fenske zum letzten Mal an einer Ratssitzung teilnahm. Er äußerte sich zu den Wortgefechten ebenso zurückhaltend wie vielsagend: „Wir führen eine sehr eigenartige Diskussion, wie ich sie aus keinem anderen Rat kenne“, wandte sich Fenske an die Versammlung. Und er sei „ein bisschen enttäuscht, denn eigentlich gibt es im Rat eine große Mehrheit für den Tunnel“.

Die Mehrheit für den schwarz-grünen Kompromiss fiel weniger groß aus. 47 Ratsmitglieder stimmten dafür, 42 waren dagegen. Damit gab es für das Unterstützer-Bündnis und die Oberbürgermeisterin eine zusätzliche Stimme aus den Reihen der übrigen Fraktionen und Gruppen. Henriette Reker klang erleichtert, als sie den Tagesordnungspunkt schließlich beendete. „Es kann also weitergehen in Köln.“

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