Polizei entschuldigt sichNächtlicher Einsatz in Kölner Seniorenheim wühlt Rentner auf

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Nächtliche Fahndung der Polizei (Symbolbild)

Köln – Mitten in der Nacht von der Polizei geweckt zu werden, hat selten einen erfreulichen Grund. Wenn die Beamten dann auch noch gleich neben dem Bett stehen, scheint es besonders dringend zu sein. Die Kölnerin Gertrud Meier (Name geändert) wurde in der Nacht zum 14. Juni, einem Dienstag, um kurz nach Mitternacht vom Lichtstrahl einer Taschenlampe wach, der auf ihr Gesicht gerichtet war, erzählt Meiers Anwalt Ingo Baum. Die 80-Jährige hörte eine männliche Stimme: „Polizei, wir suchen jemanden, schlafen Sie weiter.“ Und tatsächlich, Gertrud Meier schlief wieder ein.

„Meine Mandantin hielt das alles zunächst für einen Traum“, schildert ihr Anwalt am Telefon. „Erst am nächsten Tag stellte sich in Gesprächen mit anderen Bewohnern heraus, dass es sich um eine größere Aktion gehandelt haben muss.“ Eine Aktion, die offenbar gleich mehrere Seniorinnen und Senioren in der Südstadt verunsichert hat – und für die sich die Polizei vorige Woche im Gespräch mit den Betroffenen entschuldigt hat, wie Behördensprecher Wolfgang Baldes bestätigt. Was war geschehen?

Köln: Seniorenheim vermisste dementen Bewohner

In jener Nacht meldete ein Seniorenwohnheim über den Notruf 110, dass ein Bewohner vermisst werde. Der 79-Jährige sei demenzkrank und orientierungslos, er war offenbar auch nicht zum ersten Mal verschwunden. Die Leitstelle schickte mehrere Streifenteams raus. „Der Vermisste trug vor seinem Verschwinden einen GPS-Sender, der als Standort zum Zeitpunkt des Einsatzes das Seniorenheim anzeigte“, berichtet Baldes. Aber der Rentner blieb unauffindbar.

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Auf dem Gebäudekomplex angesiedelt sind neben dem Seniorenheim auch regulär vermietete Wohnungen. Hier leben ältere Menschen, die noch überwiegend alleine zurechtkommen, aber über einen Servicevertrag mit dem Heim einzelne Leistungen in Anspruch nehmen können, zum Beispiel einen Wäsche- oder Reinigungsservice oder die Einnahme von Mahlzeiten. Auch Gertrud Meier lebt in einer solchen Wohnung. Die Schlüssel seien „vertragsgemäß in dem Heim hinterlegt für den Fall, dass die Bewohner selbst in Gefahr sind und die Wohnungstüren nicht mehr eigenständig von innen öffnen können“, ergänzt Anwalt Ingo Baum. Auch seine Mandantin hatte ihren Schlüssel für einen solchen Notfall in dem Heim hinterlegt.

Weil die Polizisten den 79-Jährigen trotz GPS-Signal weder im Umfeld der Einrichtung noch in den öffentlich zugänglichen Gebäudeteilen finden konnten, weiteten sie ihre Suche aus. Man habe entschieden, auch die Mietwohnungen im Beisein einer Mitarbeiterin der Nachtwache des Heims zu öffnen, allerdings – und hier gehen die Schilderungen von Polizei und Anwalt auseinander – erst nachdem auf Klingeln und Klopfen niemand geöffnet habe, betont Baldes. Ingo Baum dagegen sagt: „Mit dem Generalschlüssel in die Wohnungen zu gehen, war in meinen Augen eine reine Arbeitserleichterung für die Polizei. Die haben vorher nicht einmal geklingelt.“

Kölner Polizei entschuldigt sich bei betroffenen Senioren

Und so standen die Polizisten plötzlich am Bett von Gertrud Meier, außerdem in mindestens fünf weiteren Wohnungen, heißt es. „Meine Mandantin hat das Erlebnis zum Glück ganz gut weggesteckt. Im Nachhinein bleibt aber natürlich ein mulmiges Gefühl“, berichtet ihr Anwalt. Auch bei anderen Seniorinnen und Senioren sorgte der nächtliche Polizeibesuch offenbar für Irritationen, vorsichtig formuliert. Zwei Führungskräfte der Innenstadtwache hätten den Betroffenen das polizeiliche Vorgehen vorige Woche in einem Gespräch erklärt, berichtet Baldes, und sie hätten sich „für die entstandenen Unannehmlichkeiten“ entschuldigt. Die eingesetzten Beamten in der Nacht hätten auf  eine „akute Gefahr für Leib oder Leben“ des 79-Jährigen geschlossen. Für Anwalt Baum bleibt nach eigener Aussage die Frage, warum bis zu dem Gespräch und der Entschuldigung ein ganzer Monat vergangen sei.

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Der demente Heimbewohner wurde noch im Laufe der Nacht des 14. Juni von Polizisten in Bornheim angetroffen und nach Köln zurückgebracht. „Es ging ihm den Umständen entsprechend gut“, sagt Baldes. Im Nachgang habe sich herausgestellt, dass der Standort des GPS-Senders und damit der vermeintliche Aufenthaltsort des 79-Jährigen falsch angezeigt worden war. Denn das Handy des Mannes war mutmaßlich ausgeschaltet. Der Sender aber gibt den aktuellen Standort nur in Verbindung mit einem aktiven Mobiltelefon wieder.

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