„Kölsche Weihnacht“Revue im Eltzhof begeistert musikalisch und mit schadenfrohen Beobachtungen

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Schräge Töne: Roland Kulik und Hansgeorg Fuhrmann (r.) mit der Blaskapelle der „Freiwilligen Feuerwehr Wahn, Wahnheide und Libur“

Schräge Töne: Roland Kulik und Hansgeorg Fuhrmann (r.) mit der Blaskapelle der „Freiwilligen Feuerwehr Wahn, Wahnheide und Libur“

Die „Kölsche Weihnacht“ ist für viele bereits Tradition. Im Porzer Eltzhof ist die rund dreistündige Revue aktuell zu sehen. Unser Autor war vor Ort und hat die Show bewertet.

Zugegeben: Der erste Moment, wenn die Bläser einem „Rudolph, the Red-Nosed Reindeer“ in et Ührche däue, ist noch etwas gewöhnungsbedürftig. Auch wenn einem die Lebkuchenangebote im Supermarkt seit mittlerweile drei Monaten klar machen sollen, dass ja bald schon Weihnachten ist, sind es immer noch fast sechs Wochen bis dahin. Aber die kurze Irritation legt sich schnell, zu vertraut ist das Eltzhof-Ambiente und die Akteure auf der Bühne, zu unterhaltsam und gut das Programm.

Und wenn gleich zu Beginn Nadine Weyer und Gerd Köster „Kalt vür d’r Düür“ singen, dieses wunderbare Duett, das vor Jahren schon Tom Jones und Cerys Matthews unsterblich machten, will man sich nur noch fallen lassen in die großartigen, warmen Stimmen und hierbleiben, denn eines ist sicher: „Baby, it’s Cold Outside.“

Ein Muss in der Adventszeit für viele Kölner

Seit 26 Jahren gibt es die Kölsche Weihnacht, und für Wiederholungstäter ist sie ein Muss in der Adventszeit, ein entschleunigendes An- und Herunterkommen durch ein Programm, das geschickt Vertrautes und Neues mischt, „Sidd höösch, leev Lück, sidd stell“ – Kölsche Tön in Musik und Geschichten. Wer es noch nicht kennt, hat wahrlich viel zu entdecken, und wem Porz-Wahn zu weit draußen ist: Es stehen vier Termine im Theater am Tanzbrunnen an (8.-10. Dezember), für die es auch noch Karten gibt. Aber zurück in den Eltzhof.

Das musikalische Ensemble der "Kölschen Weihnacht" auf der Bühne des weihnachtlich dekorierten Eltzhof in Porz.

Kölsche Weihnacht: Pete Haaser, Frank Hocker, Roland Kulik, Nadine Weyer, Gerd Köster und Hansgeorg Fuhrmann (vorne v.l.), Thomas Falk und Fritz Wittek (hinten v.l.)

Dass sich Besinnlichkeit und Lachen nicht ausschließen müssen, das belegen die vorgetragenen Geschichten. Etwa, wenn Roland Kulik einen Voreifelbauern, der seiner Frau ein gemütliches Adventsfrühstück machen will, auf eine mondgesichtige, sächsische Bäckereifachverkäuferin prallen lässt, die sich vor einer immer länger werdenden Warteschlange trefflich über modernes Backgut austauschen: Vitalschrippen, Bauernlömmel, Rötlibrötlis oder Korinthenstangen, nein, der Mann möchte eigentlich nur „Drei Normale, zwei Mohn, bitte.“ Das ist fein beobachtet und sehr komisch.

Gerd Köster glänzt als begnadeter Vorleser

Eher traurig, aber in feinem Kölsch „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ von Hans Christian Andersen, übersetzt und vorgetragen von „Knubbelisch“ Ralf Knoblich. Wieder lustig dann ist die Reimrede von Charly Plückthun, der mit Hund Harras, Oma und „mingem Fräuche“ Weihnachtseinkäufe erledigt und im Chaos versinkt. Überhaupt scheint das schadenfrohe Betrachten chaotischer Infernos Anderer sehr gut beim Publikum anzukommen. „Die Geschichte müsste eigentlich „Auf vielfachen Wunsch“ heißen“, kündigt Gerd Köster die „Christboom-Nostalgie“ an.

Aber die Story über einen Vater, der seine Familie mit einem eigens reparierten, rotierenden Weihnachtsbaumständer, der auch noch „Oh, Tannenbaum“ spielen kann, überraschen will, ist so köstlich, dass sie auch beim zehnten Mal hören nicht langweilig wird. Die Überraschung jedenfalls gelingt – wenn auch anders als vom Vater gedacht. Und Gerd Köster kann nicht nur hier beweisen, was für ein begnadeter Vorleser er ist. Einmalig, wie er in einem Text von Hans F. Baumann die Glocken aller Kirchtürmer der Stadt zum Klingen bringt.

Krätzjer und politische Töne im Eltzhof

Durchaus politisch ist sein Gedicht „Barmherzigkeit“, in dem er mit der Katholischen Kirche und vor allem deren Schwulenfeindlichkeit abrechnet. Eingebettet ist das in Musik, die viele Farben hat und in ständig wechselnden Formationen gespielt wird. In „Oh, du sillije Naach“ fragt sich Nadine Weyer: „Kritt dat Chresskind Provision – bei Amazon?“ Köster und Frank Hocker haben nicht nur ein stimmstarkes kölsches „Hallelujah“ nach Leonard Cohen auf Lager, sondern auch einen alten Jethro-Tull-Song eingekölscht: „Another Christmas Song“.

Kulik und Hansgeorg Fuhrmann begeistern mit gut getimten Krätzjer wie dem über das „Naakshemd“ oder dem Eltzhof-Evergreen von der „Noss“. Begleitet wird das Schmölzje von einem Streichquartett und Bläsern , die vor allem als herrlich schräge Kapelle der freiwilligen Feuerwehr Wahn/Wahnheide/Libur im Gedächtnis bleiben. 

Kölsche Weihnacht, etwa dreistündige Weihnachtsrevue im Eltzhof und im Theater am Tanzbrunnen Köln, Tickets ab 42,40 Euro. Alle Termine (mehr als 30) und Karten unter sacova.de

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