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Brand bei Shell in GodorfExplosion an Tag 57

Lesezeit 3 Minuten

Eine riesige Rauchsäule stieg am Donnerstag Nachmittag vom Gelände der Shell-Raffinerie auf.

Godorf – Tiefschwarz ist die gewaltige Rauchwolke, die am Donnerstagnachmittag über dem Gelände der Shell-Raffinerie Godorf (zur Kartenansicht: hier liegt die Rheinland-Raffinerie in Godorf) aufsteigt und über den Rhein zieht. Dutzende Kölner alarmieren die Feuerwehr, sind beunruhigt – vor allem diejenigen, die im sogenannten Chemiegürtel im Süden leben. Im Kontrast zu der schwarzen Rauchsäule steht das leuchtend gelbe Schild vor dem Haupteingang des Konzernes. Darauf zählt Shell die unfallfreien Tage: 56 waren es am Donnerstag. Gegen 15 Uhr ist ein Schwimmdachtank explosionsartig in Brand geraten. Eine etwa 20 Meter hohe Stichflamme schoss in den Himmel. In dem Tank war die Chemikalie Toluol (siehe „Lösemittel Toluol“). Die Werksfeuerwehr und die Berufsfeuerwehr, die mit 130 Einsatzkräften ausrückte, brachte die Flammen unter Kontrolle. Das Feuer loderte aber erneut auf. Um 16.25 Uhr gab der Einsatzleiter schließlich Entwarnung. „Es wurde niemand verletzt“, sagte er, „zumindest nach jetzigem Stand.“

Shell selbst hielt sich bedeckt. In einer Pressekonferenz, die nur wenige Minuten dauerte, wollte ein Sprecher keine näheren Angaben dazu machen, ob Arbeiter in der Nähe des Tanks waren oder was die Ursache für die Explosion war. „Die Raffinerieleitung bedauert den Vorfall zutiefst“, teilte der Konzern mit. Die Untersuchungen zur Ursache seien jedoch noch nicht abgeschlossen.

Der Konzern hatte nach der Explosion einen Sirenenalarm ausgelöst und Anwohner gebeten, Türen und Fenster geschlossen zu halten. Viele waren verunsichert. „Ich habe den Rauch schon längst gesehen, als die Sirene losschrillte“, sagte eine Frau. Zunächst war nicht klar, ob von der düsteren Wolke Gefahr ausgeht. Die Feuerwehr war mit mehreren Messfahrzeugen in Godorf, später auch in der Umgebung unterwegs.

Nach Angaben von Shell ist in Godorf ein Tank mit der Chemikalie Toluol in Brand geraten. Toluol, auch bekannt als Menthylbenzol oder Phenylmethan, ist laut wikipedia.de eine farblose, charakteristisch riechende, flüchtige Flüssigkeit, die in vielen ihrer Eigenschaften Benzol ähnelt. Toluol ist ein aromatischer Kohlenwasserstoff, der als Lösungsmittel häufig das giftige Benzol ersetzt.

Toluol ist unter anderem auch im Benzin enthalten und in Erdöl. Im Kfz-Verkehr wird auch durch das Verbrennen des Treibstoffs Toluol freigesetzt. In höherer Konzentration wirkt Toluol reizend auf Schleimhäute und Augen.

Um 17.15 Uhr heulten erneut die Sirenen – diesmal zur Entwarnung. „Die Häuser können wieder verlassen werden“, hieß es seitens der Stadt. Nach ersten Messungen gebe es keinen Hinweis auf freigesetzte Gefahrstoffe. Allerdings sollten diejenigen, die einen benzinähnlichen Geruch wahrnehmen würden, „intensive körperliche Tätigkeiten im Freien einstellen“. Die Schüler dreier Schulen in Rodenkirchen waren ebenfalls gebeten worden, während der Löscharbeiten die Gebäude nicht zu verlassen. Einige Firmen in der Umgebung stellten den Betrieb sicherheitshalber ein und schickten ihre Mitarbeiter nach Hause.

Rund um das Raffinerie-Gelände kam es zum Verkehrschaos. Alle größeren Straßen waren während des Einsatzes gesperrt, die Bahnen der Linie 16 fuhren bis zum frühen Abend nur bis Sürth und von dort zurück ins Zentrum. Die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) setzten Ersatzbusse ein. Die Feuerwehr wird die ganze Nacht über Luftmessungen durchführen, um auch weiterhin eine Gefährdung für die Bevölkerung auszuschließen und gibt auch Hinweise, wie mit etwaigen Verunreinigungen durch das Brandereignis umzugehen ist unter http://www.stadt-koeln.de/1/presseservice/mitteilungen/2014/09024/index.html

Erst am 5. November 2013 haben zwei Arbeiter bei einer Verpuffung auf dem Betriebsgelände schwerste Brandverletzungen erlitten. Ende 2011 sickerten 846 Tonnen Kerosin durch ein Loch in einer Pipeline in den Boden. Im Mai 2011 regneten säurehaltige Partikel nieder – die Folge waren Lackschäden an 500 Autos. Im Jahr 2000 zerstörte ein Großbrand einen Teil der Raffinerie und verursachte einen Millionenschaden. „Die seit Jahren andauernde Pannenserie hat heute einen neuen Höhepunkt erreicht“, sagte der BUND-Experte Paul Kröfges und fordert Konsequenzen.