Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Kommentar

Satirischer Wochenrückblick
Schwarmstadt oder Schwammstadt?

Ein Kommentar von
Lesezeit 3 Minuten
Das Flügelauto des Aktionskünstlers HA Schult hängt an einem Kran und wird auf den Turm des Kölnischen Stadtmuseums in Köln gesetzt.

Absturzgefährdet: das Flügelauo des Aktionskünstlers HA Schult 

Wenn es ums Wohnen geht, wird selbst den gastfreundlichsten Kölnerinnen und Kölner der Ansturm auf die Schwarmstadt Köln manchmal zu viel.

Was haben sich die Kölschen nicht schon alles ausgedacht, um die tiefe Verbundenheit zu ihrer Stadt auf den Punkt zu bringen: Mutter Colonia, Rheinischer Planet, nördlichste Stadt Italiens, schönste Stadt Deutschlands, Millionendorf am Rhing. Das klingt alles schon dermaßen liebevoll, dass der Himmel über Köln eigentlich ständig erröten müsste.

In dieser Woche jedoch ist es einem Imi gelungen, das alles zu überbieten. Mit einem neuen Attribut. Zum Glück sei Köln eine Schwarmstadt, sagt der langjährige Sozialdezernent Harald Rau, der sich hier zwar immer pudelwohl gefühlt hat, aber bisher nicht als völlig verknallter Köln-Schwärmer galt.

Nachtschwärmer-Ort Brüsseler Platz

Was den gebürtigen Mannheimer veranlasst hat, über Nacht zum Schwarmstädter zu werden, darüber kann man nur mutmaßen. Die Rückkehr des FC in die Bundesliga wird es nicht gewesen sein. Dafür hält sich seine Begeisterung für Fußball arg in Grenzen. Aber selbstverständlich weiß auch Rau um das Phänomen, dass alle Welt von Kölle schwärmt. Warum auch immer. Eine der Einstiegsdrogen sind Nachtschwärmer-Orte wie der Brüsseler Platz.

Irgendwann schwärmt alle Welt nicht nur von, sondern auch an ihren vermeintlichen Sehnsuchtsort Köln aus. Mit dem Ziel, für immer zu bleiben.

Leider muss sie sehr schnell feststellen, dass Schwarmintelligenz bei der Suche nach einer Wohnung gar nichts bringt und ihre Köln-Leidenschaft vor allem Leiden schafft. Die einzigen, die über diesen Ansturm ins Schwärmen geraten, sind die Makler. Rau weniger, schließlich ist er Kölns oberster Wohnraum-Manager und muss den Mangel verwalten.

Hausboote auf dem Rhein sind auch keine Lösung

Wenn es ums Wohnen geht, verstehen die sonst so weltoffenen und toleranten Kölner absolut keinen Spaß. Sie denken nicht im Traum daran, auch nur einen Quadratmeter mit Schwarmstädtern ohne Obdach zu teilen, wie sich das der total in Köln verknallte Rau vorstellt.

Beim Bauen Vollgas geben kann er nicht, selbst wenn er die Mittel dazu hätte. Weil das den Plänen der Grünen widerspricht, denen Rau sich eng verbunden fühlt. Die wollen die Schwarmstadt möglichst schnell in eine Schwammstadt verwandeln, die dem Klimawandel trotzt, bei Sturzregen nicht absäuft und deren Asphalt mit Ausnahme von Karneval und Christopher Street Day nicht noch heißer wird. Schwammstadt und Beton passen nun mal nicht zusammen. Hausboote auf dem Rhein sind auch keine Lösung.

Wir müssen uns fragen, was alle Welt an Köln so faszinierend findet, obwohl wir doch seit Jahren alles tun, die Begeisterung zu dämpfen. Seit Jahren schon sperren wir eine Rheinbrücke nach der anderen, legen regelmäßig den Bahnverkehr lahm, schließen alle Museen gleichzeitig, errichten Barrikaden aus umgekippten Lastwagen auf der A 4, weigern uns, einen neuen Anleger fürs Müllemer Böötche zu bauen und warnen seit Neuestem alle Welt davor, auch nur in die Nähe des Doms zu kommen, weil das Flügelauto vom Turm des Stadtmuseums auf den Kopf fallen könnte.

Nutzt alles nix. Die Schwarmstädter fallen trotzdem in unsere schöne Stadt ein. Es wird höchste Zeit, dass wir Eigenbedarf an unserer Stadt anmelden. Schwarmstadt Kölle? Schwamm drüber.