Prozess in KölnKölner Ford-Manager ließ sich mit Bordellbesuchen bestechen
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Köln – In der Korruptionsaffäre um die Kölner Ford-Werke hat am Donnerstag vor dem Landgericht das erste größere Verfahren gegen einen Ex-Manager des Autobauers begonnen: Der 52-jährige Ingenieur hat laut Anklage in 206 Fällen illegale Dienstleistungen, Sach- und Barzuwendungen von Zulieferern im Gesamtwert von 738000 Euro erhalten. Die Zeche zahlte letztlich der Autobauer, der von den Firmen überhöhte Rechnungen präsentiert bekam. Die Vorwürfe lauten auf banden- und gewerbsmäßige Untreue sowie Hinterziehung von Einkommen- und Umsatzsteuer. Der Familienvater hatte im Vorfeld ein Teilgeständnis abgelegt und muss nach Einschätzung der Kammer mit einer Freiheitsstrafe von „um die vier Jahre“ rechnen – so das Ergebnis eines ersten Rechtsgespräches.
Bordellbesuche, FC-Dauerkarte, dutzende Restaurantbesuche, Urlaube, Kücheneinrichtungen, Hausan- und Umbau – es gab wohl kaum einen Bereich, in dem sich Dieter S. (Name geändert) nicht von Zulieferfirmen des Kölner Autokonzerns schmieren ließ. Gleich zwei Staatsanwälte mühten sich am Donnerstag im Schnell-Leseverfahren mehr als zwei Stunden lang ab, die auf 138 Seiten aufgelisteten Posten vorzutragen, mit denen sich S. laut Anklage einen „aufwendigen, sein reguläres Einkommen übersteigenden Lebensstil“ finanzierte.
Fitnessbereich für 91.000 Euro
Beispielsweise den Swimmingpool seines Anwesens im Rechtsrheinischen. Eine Sauna komplettierte den neu errichteten Fitnessbereich, der mit 91000 Euro zu Buche schlug. Zuvor hatte sich S. am Haus eine Alu-Glasfassade mit bodentiefen Türen und Fenstern für 40000 Euro einbauen lassen. Auch der Garten wurde auf Kosten des Autobauers „winterfest gemacht, Hecken und Bäume geschnitten“ – für 3000 Euro.
S. flog mit seiner Familie – der Ehefrau und den beiden Kindern – nach Istanbul in den Urlaub: den Flug (4119 Euro) und die Übernachtungskosten im Nobelhotel (7078,60 Euro) übernahmen die Zulieferer. Auch im Haushalt des Ingenieurs wurde aufgestockt: vom Staubsauger über den Toaster (Porsche-Design) bis zum Wasserkocher. Ebenfalls auf Kosten der Firmen wurden angeschafft: eine Kühl- und Gefrierkombination, eine Spül- und eine Waschmaschine, eine Küchenzeile für den Keller (36321 Euro). Fehlen durfte auch nicht eine Multi-Entertainment-Anlage, ein LED-Fernseher, gleich mehrere Computer und Mobiltelefone sowie ein Waschbecken und ein WC von Philipp Stark (1300 Euro). Selbst Taxifahrten und Einkäufe bei Saturn, Obi und Aldi ließ sich der Ingenieur gegen Vorlage der Quittung von seinen „Geschäftspartnern“ erstatten.
Die Zulieferfirmen machten es möglich und schrieben Rechnungen über Aufträge, die bereits vor Jahren ausgeführt oder nie geplant waren: Dieter S. hatte sich als Projektleiter der Abteilung „Plant Engineering“ stets durchgesetzt, wenn es darum ging, an wen die Auftragsvergabe für den angeblichen Bau einer neuen Halle, Abbrucharbeiten auf dem Ford-Gelände oder neue Bodenbeläge in den Hallen ging. Zuvor besprach er mit den Firmen die Höhe der Rechnungen, die er mit eigens gefälschten Stempeln, die laut Anklage „nicht von den Originalen zu unterscheiden waren“, versah und als „technisch und sachlich richtig“ an das „Ford Business Service Center“ in Indien weiterleitete, das die Zahlungen anwies.
Das Ermittlungsverfahren in dem Korruptions-Skandal war 2010 ins Rollen gekommen, als bei einer Routinekontrolle einer Zulieferfirma in Saarbrücken erste Ungereimtheiten aufgefallen waren. Der Verdacht weitete sich aus, 2012 waren drei Ford-Mitarbeiter und der Saarbrücker Firmenchef zu Freiheits- und Bewährungsstrafen verurteilt worden. Dieter S. hatte damals knapp zwei Wochen in Untersuchungshaft gesessen. Wie der Vorsitzende Richter am ersten Prozesstag betonte, seien trotz des Teilgeständnisses „einige schwerwiegende Punkte noch offen“. Die Anklagevertreter signalisierten aus „prozessökonomischen Gründen“ eine Teileinstellung, waren jedoch mit der Kammer einer Meinung, dass eine Bewährungsstrafe „völlig unrealistisch sei“.
Nach Verlesung der Anklage zogen sich die Prozessbeteiligten zu einem Rechtsgespräch zurück. Am kommenden Montag will das Gericht von dem Angeklagten hören, wie er sich schmieren ließ.