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SpionageverdachtKölner Polizistin nach Vorwürfen vom Dienst suspendiert

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ILLUSTRATION - 28.09.2021, Nordrhein-Westfalen, Gütersloh: An der Tür von einem Streifenwagen steht der Schriftzug «Polizei». Beim Versuch, die Straßenbahn noch zu erwischen, ist ein Mann in Köln an einem Fußgängerüberweg von einer entgegenkommenden Bahn erfasst worden. (zu dpa: «75-Jähriger in Köln läuft zur Straßenbahn und wird erfasst») Foto: David Inderlied/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Eine Kölner Polizistin soll Informationen aus dem Polizeicomputer an das türkische Generalkonsulat weitergegeben haben.

Der Vorwurf wiegt schwer: Eine Kölner Polizistin soll Informationen aus dem Polizeicomputer an den türkischen Staat weitergegeben haben. Nun wird ermittelt.

Im Kölner Polizeipräsidium hat man den Fall ganz hoch aufgehängt. Nachdem der „Kölner Stadt-Anzeiger“ eine geheime Spionagerazzia enthüllt hatte, die auch eine Polizistin aus der Behörde betraf, versuchte man am Freitag die Wogen zu glätten. Polizeisprecher Wolfgang Baldes bestätigte, dass gegen die Beamtin in dem Fall ermittelt wird. Am Mittwoch hatte das Bundeskriminalamt im Auftrag der Bundesanwaltschaft die Diensträume der türkischen Beschuldigten im Präsidium sowie ihre Wohnung durchsucht.

Der Tatverdächtigen wird vorgeworfen, für den türkischen Staat spioniert zu haben. So soll sie Informationen über die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK aus dem Polizeicomputer an eine Mitarbeiterin des türkischen Generalkonsulats in Hürth geliefert haben. Außerdem soll es um Informationen zu dem Verhalten der PKK in Deutschland nach den Friedensverhandlungen mit Ankara gegangen sein. Unter anderem soll hier die Abfrage von Personaldaten eine Rolle gespielt haben. Auch die Wohnung der türkischen Konsulatsmitarbeiterin wurde laut einer Sprecherin der Bundesanwaltschaft durchsucht, nicht aber ihr Arbeitsplatz. Offenbar hätte es hier auch zu diplomatischen Verwicklungen kommen können.

Beamtin ist vom Dienst suspendiert

Wie diese Zeitung aus Sicherheitskreisen erfuhr, hatten die Kölner Staatsschützer die beschuldigte Polizistin bereits seit längerer Zeit beobachtet. Inzwischen hat Polizeipräsident Johannes Hermanns in der Angelegenheit mehrere Prüfaufträge veranlasst. Dabei geht es um die Frage, welche Informationen die beschuldigte Polizistin abschöpfen konnte, die für die türkischen Stellen interessant sein könnten. Zur Zeit versucht man herauszufinden, ob sie in der Vergangenheit auch schon einmal beim Staatsschutz tätig war. Aktuell hat die Polizei Köln nach Angaben ihres Behördensprechers Baldes vor dem Hintergrund der Vorwürfe „der Beamtin das Verbot der Dienstgeschäfte ausgesprochen“. Zu weiteren Details der Verdachtslage oder einem Motiv wollte sich der Pressesprecher nicht äußern.

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Auch die Politik äußert sich mittlerweile zu den Spionage-Ermittlungen. CDU-Fraktionsvize Gregor Golland sagte, er sei nicht überrascht, dass womöglich erneut türkische Regierungsstellen involviert seien. „Staatspräsident Recep Tayyib Erdogan versucht doch schon seit Jahren, mit allen Mitteln hier politisch Einfluss zu nehmen und Regimekritiker auszuspähen.“ Golland forderte schnelle Aufklärung. „Deshalb ist es auch so wichtig, dass der Landesverfassungsschutz durch das neue Gesetz weitere Befugnisse erhält, um solche Spionageangriffe aufzuhellen.“

Das Landesinnenministerium äußerte sich mit dem Hinweis auf die laufenden Ermittlungen nicht zu dem Vorfall.

FDP spricht von Behördenversagen

Die Opposition will den Kölner Fall bei der nächsten Sitzung des Innenausschusses thematisieren: „Der Verdacht, dass eine Polizeibeamtin in Nordrhein-Westfalen Informationen an ein ausländisches Generalkonsulat weitergegeben haben könnte, wiegt schwer“, sagte Marc Lürbke, innenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. „Sollte sich der Spionageverdacht bestätigen, hätte die Beamtin das Vertrauen des Staates und seiner Bürgerinnen und Bürger in schwerwiegender Weise missbraucht – ein Fall von eklatanter Illoyalität und möglichem Behördenversagen.“ Gleichzeitig zeige der Fall erneut, wie wichtig verlässliche Sicherheitsüberprüfungen und konsequente Dienstaufsicht in sicherheitsrelevanten Bereichen seien. „Der Rechtsstaat muss wissen, wem er die Uniform anvertraut – Loyalität gegenüber der Verfassung ist nicht verhandelbar.“

Christina Kampmann, innenpolitische Sprecherin der SPD im Landtag, warnt vor übereilten Schlüssen. Es gelte, zunächst die weiteren Ermittlungen abzuwarten. „Aber sollte sich der Verdacht bestätigen, dann hätten wir es mit einer sehr beunruhigenden Häufung von Spionagefällen in Nordrhein-Westfalen zu tun.“ Das Land scheint ihren Worten zufolge „im Zentrum ausländischer Nachrichtendienste zu stehen. Das Innenministerium muss dazu schnellstmöglich Stellung beziehen".