Unfall am EifelwallVerteidiger des betrunkenen Straßenbahnfahrers gibt KVB Mitschuld

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gepixelt KVB-Fahrer

Der Angeklagte will sich vor Gericht nicht äußern.

Köln – Zum Auftakt des Prozesses gegen den ehemaligen Straßenbahnfahrer der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB), der am Abend des 15. März 2018 in betrunkenem Zustand kurz vor der Haltestelle Eifelwall einen Unfall verursacht hat, hat sein Verteidiger Wolfram Bauer am Donnerstag geltend gemacht, eine völlige Schuldunfähigkeit des 57-Jährigen, der alkoholkrank sei, könne nicht ausgeschlossen werden. Um diese Frage zu klären, müsse ein psychiatrisches Gutachten eingeholt werden.

Seinem Antrag gab die Amtsrichterin statt. Sie setzte das Verfahren für die Zeit aus, in der das Gutachten erstellt wird, und hob alle weiteren Verhandlungstermine auf. Zugleich beschloss sie, dass parallel weiter ermittelt werden soll. Auch damit entschied sie im Sinne des Verteidigers. Bauer hatte in einem weiteren Antrag gefordert, die Akten aus dem arbeitsgerichtlichen Verfahren, das der frühere Fahrer nach seiner Entlassung durch die KVB, für die er 27 Jahre lang tätig gewesen war, angestrengt hatte, und den Entlassungsbericht einer Suchtklinik, in der er sich aufgehalten hat, beizuziehen sowie dessen Ehefrau als zusätzliche Zeugin zu hören.

Angeklagter wird sich im Prozess nicht äußern

Für den Angeklagten, der sich im Prozess weder zur Sache noch zur Person äußern werde, erklärte sein Anwalt bündig, dass er „das Fehlverhalten“ nicht bestreite und es „heftig“ bedaure. Die Staatsanwaltschaft hat den 57-Jährigen wegen fahrlässiger Körperverletzung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs angeklagt. Darauf stehen bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe.

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44 Verletzte KVB-Gäste

Am Abend des 15. März hatte der Angeklagte mit einem Zug der Linie 18 eine andere Straßenbahn gerammt, die an der Haltestelle Eifelwall/Luxemburger Straße stand. 44 Fahrgäste wurden verletzt; der Sachschaden wird mit 1,6 Millionen Euro beziffert. Schnell stellte die Polizei, die im Fahrerstand eine angebrochene Flasche Weinbrand fand, fest, dass der Verursacher der Kollision stark betrunken war. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er 2,43 Promille Alkohol im Blut hatte; möglicherweise sei er vermindert schuldfähig. Verteidiger Bauer spricht sogar von einem Wert über drei Promille. Hinzu komme die Alkoholabhängigkeit seines Mandanten. „Sein Hemmungsvermögen war umso eher ausgeschaltet.“ Es komme nur eine Verurteilung wegen „Vollrauschs“ in Frage.

Das Gesetz sieht vor, dass sich derjenige strafbar macht, der sich vorsätzlich oder fahrlässig in einen Rausch versetzt, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht, ihretwegen aber wegen Schuldunfähigkeit nicht betraft werden kann.

Verteidiger wirft KVB Mitverschulden vor

Der KVB warf der Verteidiger ein „ganz erhebliches Mitverschulden“ vor; „in hohem Maße“ habe sie ihre „Fürsorgepflicht verletzt“. Dem Verkehrsunternehmen sei schließlich bekannt gewesen, dass sein Mandant, der dies nicht verheimlicht habe, alhoholkrank sei. Mehr noch: Am Tag des Unfalls habe dessen Ehefrau bei der „Fahrerbetreuung“ angerufen und darauf hingewiesen, ihr Mann sei als Alkoholiker rückfällig geworden und könne „keinesfalls fahren“. Zur Antwort habe sie bekommen, es sei „schon nicht so schlimm“ und sie solle sich „keine Sorgen machen“; ihren Mann sei gerade nicht erreichbar, weil er mit einer Bahn in Bonn unterwegs sei.

In dem Zusammenhang kritisierte Bauer, dass die KVB auf stichprobenartige Alkoholtests verzichtet, wie sie etwa in Berlin und Leipzig bei Bus- und Bahnfahrern seit Jahren üblich sind.

KVB hat Kontrollen der Fahrer verstärkt

Die KVB begründet ihren Verzicht damit, man wolle eine Stigmatisierung einzelner Fahrer vermeiden, wenn Passagiere mitbekämen, wie der Fahrer oder die Fahrerin in ein Teströhrchen pusten müssten. Allerdings hat das Verkehrsunternehmen seit dem Unfall die Praxis der Alkoholprävention auf den Prüfstand gestellt und die Standards erhöht.

Zum Beispiel hat es die internen Schulungen zum Thema Alkohol ausgeweitet und Kontrollen durch so genannte unauffällige Beobachter verstärkt. Diese fahren unangekündigt in Bussen und Bahnen mit und schauen darauf, wie sich die Fahrer verhalten; unter anderem achten sie auf das Einhalten von Geschwindigkeiten,die Pünktlichkeit und auch auf Anzeichen einer möglichen Alkoholisierung. Überdies sind Fahrer dazu angehalten, es bei der Übergabe ihrer Fahrzeuge zu melden, wenn sie den Verdacht haben, der vorherige Fahrer habe getrunken.

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