Köln – 2014 hat der „Kölner Stadt-Anzeiger“ in die Zukunft geschaut: „Köln 2020 – Visionen“ hieß die große Serie über die Entwicklung der Stadt. Sechs Jahre später folgt nun ein Vergleich mit der Realität.
Verkehr: Warten auf den Radschnellweg
„Köln muss 2020 auf dem Weg der Abkehr von der autogerechten Stadt ein gutes Stück vorangekommen sein“, hieß es am 20. März 2014 im Text zum Thema Verkehr. Ein Baustein sollte der Bau von Radschnellwegen sein – wie etwa die bereits damals geplante Verbindung zwischen der Universität und Frechen. Tatsächlich existiert bis heute kein einziger Radschnellweg.
Dafür wurde – wie damals prophezeit – zumindest auf Teilen der Nord-Süd-Fahrt eine Radspur eingerichtet. In der Vision sollte das Stadtbahnnetz erweitert sein, die Linie 7 sollte bis zur Ranzeler Straße verlängert sein – doch dazu kam es bisher nicht. Dafür verfügen die Kölner Verkehrs-Betriebe allerdings wie vorhergesagt über Elektrobusse. Statt der erwarteten 300 Millionen Fahrten pro Jahr absolvierte die KVB lediglich 286 Millionen Fahrten.
„Vor allem preiswerter Wohnraum bleibt auch im Jahr 2020 ein knappes Gut“, hieß es am 10. April 2014 in der Folge zum Thema Wohnen. Diese Prognose hat sich bewahrheitet. Abhilfe schaffen sollte ein bis dahin neu geschaffenes kommunales Wohnungsbauunternehmen, das Sozialwohnungen mit attraktiver Gestaltung bauen sollte. Doch dazu kam es in der Realität nicht.
Zwar verzeichneten die Wohnungsgenossenschaften wie prophezeit einen Ansturm neuer Mitglieder, und sie bauten auch ihre Bestände aus, die erhoffte stärkere Unterstützung für sie vonseiten der Stadt fehlt jedoch weiterhin. Eine Familie, die sich eine angemessen große Wohnung nicht leisten kann, sollte in der Vision ein Zusatzwohngeld erhalten, um eine größere, teurere Wohnung mieten zu können – ein Ansatz, der nicht verfolgt wurde.
Die Stadt hat zudem – anders als prophezeit – den Bauherren nicht genug Flächen für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt.
Straßen und Plätze: Attraktion Rheinboulevard
„Eine Treppe ist zur Top-Attraktion geworden“, hieß es am 27. März 2014 in der Folge zum öffentlichen Raum. Gemeint war der Rheinboulevard Deutz, der sich nach anfänglichen Schwierigkeiten tatsächlich in diese Richtung entwickelte.
Insgesamt hat sich die Vision von Plätzen und Straßen, die zu Orten der Begegnung werden, nur stellenweise erfüllt. So etwa am Ebertplatz, der sich aber erst zum Stadtlabor entwickelte, nachdem dort ein junger Mann gewaltsam zu Tode gekommen war.
Domumgebung: Nur eine einzige Vision wurde Realität
„Der Dom bleibt der Star“, hieß es am 17. März 2014 zum Auftakt der Serie. Das trifft zweifelsohne zu – von den Visionen für die Domumgebung ist dennoch nur eine einzige Realität geworden. Die Stadt hat die Ost- und Nordseite aufwendig umbauen lassen, so dass aus einer düsteren Ecke eine schöne Flanierstrecke geworden ist.
Das Dom-Hotel wartet hingegen weiter auf sein neues Flachdach und die Wiedereröffnung. Zur Verbannung des Autoverkehrs auf Trankgasse und Komödienstraße kam es nicht. Auch billige Souvenirshops und schäbige Imbissbuden sind aus dem Domumfeld nicht wie erhofft zugunsten ambitionierter Geschäfte und Lokale verschwunden.
Klimaschutz: Ausgleich für versiegelte Flächen
„Bis zum Jahr 2020 hat sich das regionale Klima spürbar verändert“, lautet ein zentraler Satz aus der Folge zum Thema Klimaschutz vom 18. November 2014, der sich bestätigt hat. Wie prognostiziert, müssen Bauherren für die Versiegelung von Flächen einen Ausgleich schaffen – Dachbegrünungen werden allerdings lediglich gefördert, sind aber nicht wie damals erhofft verpflichtend.
Das Konzept der essbaren Stadt, das mit der Hilfe üppiger Stadtgärten umgesetzt sein sollte, wurde zwar gestartet, befindet sich aber noch immer im Aufbau. Auf dem Rhein sind – anders als in der Vision – nach wie vor Schiffe unterwegs, die nicht über moderne Abgas-Katalysatoren verfügen.
Kultur: Opernsanierung wird zum Desaster
„Die massivste Neuerung wird 2020 im Herzen der Stadt zu bestaunen sein“, hieß es am 24. März 2014 in der Folge zum Thema Kultur. In der Vision waren sowohl der Erweiterungsbau des Wallraf-Richartz-Museums als auch das neue Jüdische Museum vor dem Rathaus eröffnet – in der Realität ist die Stadt davon aber noch ein gutes Stück entfernt.
Die Oper und das Schauspielhaus am Offenbachplatz sollten längst wieder in Betrieb sein. Tatsächlich ist die Sanierung der Oper zum Desaster geraten, die Kosten sind explodiert und die Eröffnung liegt in weiter Ferne. Das neue Stadtarchiv wurde immerhin fertiggebaut, allerdings ohne die erhoffte Anbindung der Kunst- und Museumsbibliothek.