Yogastudio statt Schreibwaren

Lesezeit 3 Minuten

Riehl –  Einst wollten sie gemeinsam in den Ruhestand gehen – der Eisen- und Gemischtwarenhändler Josef Thurn sowie seine Laden-Nachbarin, Schreibwarenhändlerin Marlene Blum. Doch nachdem der Inhaber von Remagen & Thurn im Herbst nach langer Krankheit verstarb und bis 31. Oktober der Räumungsverkauf lief (der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete), ging es in Blums Laden an der Stammheimer Straße 117 noch weiter. Doch nun ist auch hier Schluss: Die 69-Jährige ging, nach knapp 33 Jahren Bestehen ihres Ladens, in Pension. Ein Nachfolger fürs Lokal ist in Sicht, aber noch nicht spruchreif.

Damit ist es an der Stammheimer Straße nicht mehr zu übersehen: Entlang der von inhabergeführten Läden geprägten kleinen Meile ist der Wandel im vollen Gange. Zum Jahresende schloss aus Krankheitsgründen der Damen-Friseursalon Colak. Schon 2016 ging Metzgermeisterin Rita Motz in den Ruhestand; ihren Laden übernahm kurzzeitig der Bensberger Betrieb Himperich – schließlich sind die Räume nach einem Umbau zum jetzigen Bistro-Café „Rosensalz“ von Mahtab Karimi geworden.

2015 hatte die alteingesessene Bäckerei Schmidt in Nummer 107 (heute eine Merzenich-Filiale) geschlossen; 2013 das Schuhhaus Wormann in der 120, das es sogar seit 1874 in Riehl gab (heute Bestatter Ditscheid). Und im Foto- und Reformhaus Gymnich in Nummer 109 befindet sich heute der Friseursalon Fane. Ein „fliegender Wechsel“ gelang Anfang 2018 im seit 1951 bestehenden Eiscafé Colussi an Nummer 127, das seitdem Antonio Talarico als neuer Riehler Gelatiero führt. Gleiches gilt auch für das Ristorante La Spendula an Nummer 101a, das seit 2019 nahezu nahtlos als „La Stella“ weiterbesteht, und das frühere Café Alsen, das heute unter neuer Leitung „Rafaelos“ heißt. Ebenso wie der Blumenladen „Blumenmädchen“, den Elisabeth Gralla jüngst an Ali Derakhshandeh weitergab, oder die Buchhandlung Till Eulenspiegel, die seit 2017 die „Buchkultur im grünen Veedel“ ist. Komplett neue Akzente setzen die Thai-Massagepraxis in Nummer 122 (das vorherige Lokal der Bäckerei Kraus) und das Yogastudio „I'm possible“ in der 128 (einst ein Friseur). Dies alles zeigt: Offenbar ist der Riehler Ortskern weiterhin für Händler und Dienstleister attraktiv. „Wir haben in Riehl zum Glück noch viele inhabergeführte Läden, wenn auch nicht mehr in dem Maße wie ganz früher“, resümiert Karl-Heinz Lanz, der die Riehler Interessengemeinschaft (Rig) mit zwei Jahren Pause bereits seit 2009 leitet. „Allerdings muss man schon schauen, dass erhalten bleibt, was da ist – und dass man die bestehenden Läden mit Online-Shopping nicht auch noch verscheucht.“ Der Verein, der im Sommer 2019 groß sein 30-jähriges Bestehen feierte, arbeitet hart daran, die Attraktivität der Veedelsmeile zu erhalten – etwa mit der Weihnachtsbeleuchtung, die seit einigen Jahren aus den eigenen Beständen kommt, oder der Unterstützung der Pflege des Beetes vor der Gaststätte „Körner's“, wo auch der Briefkasten der Rig für Anregungen hängt. Ein kleiner Clou sind auch die „Verzällbänke“, auf denen Messingschilder verkünden, dass hier „geklaaft“ werden kann und soll. Die größte Hoffnung, wie man auch aus Händlerkreisen hört, ist jedoch die Aufwertung des Bereichs ums Riehler Plätzchen – wo die Terrassen-Meile endlich ebenerdig gestaltet werden soll und durch einen Wegfall des leerstehenden Kiosks sich neuer Gestaltungsraum ergeben würde. Damit die „Stammheimer“ weiter das attraktive Herz von Riehl bleibt.

Karl-Heinz Lanz, Riehler Interessengemeinschaft (Rig)

Karl-Heinz Lanz, Rig

KStA abonnieren