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Alte Musik in KölnZwischen leichter Muse und melancholisch umflorter Stimmungskunst

Lesezeit 2 Minuten
Irén Lill und Holger Faust-Peters schauen durch Zweige in die Kamera.

Das Duo „focus baroque“ besteht aus Irén Lill (links) und Holger Faust-Peters 

Beim Early Music Festival des Zamus erinnerte „focus baroque“ an den vergessenen Zauber der Gambe.  

Die Viola da gamba - auf deutsch: Gambe - zählt zu den Instrumenten, die dem Zahn der Zeit nicht widerstanden haben. Im Barockzeitalter war sie als Solo- und Ensembleinstrument in verschiedenen Größen und Stimmungen populär; in der modernen Streicherfamilie fand sie neben beziehungsweise zwischen Bratsche und Cello keinen Platz mehr. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verschwand die Gambe aus der Musizierpraxis; ihre glorreiche Wiederauferstehung feierte sie erst mit der Originalklang-Bewegung im 20. Jahrhundert.

Holger Faust-Peters und die Cembalistin Irén Lill bilden das Duo „focus baroque“

Das reiche Repertoire für die Gambe wird heute von einer Vielzahl internationaler Spezialisten gepflegt. Dazu gehört auch Holger Faust-Peters, der mit der estnischen Cembalistin Irén Lill das Duo „focus baroque“ bildet. Im Rahmen des Zamus Early Music Festival präsentierten die beiden im Ventana ein Programm, das neben barocken Werken auch Neukompositionen für beide Instrumente enthielt - wobei sich alt und neu jeweils paarweise verbanden.

Der Ton der Gambe ist weich und nasal, ihre Strahlkraft begrenzt. Brillante Klangwirkungen lassen sich darauf kaum produzieren; wenn es mal einigermaßen virtuos zur Sache ging (wie in einigen Variationen aus Marin Marais’ „Les Folies d’Espagne“), dann verflüchtigte sich der Klang schnell ins Instabile und Ungefähre. Die Stärken des Instruments kamen eher in getragenen, gedeckten Werken zur Geltung - so etwa in einer zeremoniell gedehnten Trauermusik aus einer Suite von François Couperin. Holger Faust-Peters befreite dieses außergewöhnliche Stück sehr überzeugend aus dem Korsett eines in Form und Metrik streng begrenzten Suitensatzes in einen flexibel formulierten, dabei ausgesprochen intim wirkenden Monolog.

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Die neueren Werke aus den Federn des italienischen Gambisten Paolo Pandolfo und des estnischen Komponisten Tõnu Kõrvits trugen unverkennbar dem historischen Profil der beiden Instrumente Rechnung. Während Kõrvits in seinem Cembalostück „la folia“ aus dem Jahre 2009 die historische Form der Tanzbass-Variation mit einer fantasievollen, zuweilen jazznahen Reizharmonik füllte, blieb seine (an diesem Abend uraufgeführte) „little suite“ für Gambe und Cembalo eher in den Grenzen eines minimalistischen, sanft archaisierenden „easy listening“ stecken - was auch für Pandolfos „A solo (Tombeau)“ von 1997 galt. Im Sinne einer melancholisch umflorten Stimmungskunst passten diese Stücke indes sehr gut ins Programm.

Dass sich inmitten der schönsten Traumversonnenheit ein Dekorationselement von der Raumdecke löste und krachend zu Boden ging, dürfte auch die Crew des mitschneidenden WDR nicht gerade erheitert haben.