Köln – Martin Grubinger will, wie er mehrfach bekundete, mit 40 aufhören. Jetzt ist er 38, oft wird das Publikum, so er seine Drohung wahr macht, den gottbegnadeten Multi-Perkussionisten aus Salzburg also nicht mehr erleben können.
Dass da ein schwerer Verlust ins Haus stünde, wurde soeben im Kölner philharmonischen Meisterkonzert erlebbar, da Grubinger zusammen mit dem Bruckner Orchester Linz das eigens für ihn komponierte Konzert für 24 Perkussionsinstrumente aus der Feder des Wiener Solo-Paukisten Bruno Hartl aufführte. (Tröstender Hinweis für Grubinger-Fans: Bald ist er erneut in Köln, spielt im April mit dem Gürzenich-Orchester das Schlagzeug-Konzert von Friedrich Cerha) .
Wie ein Rumpelstilzchen zwischen seinem Schlagensemble hin- und herfahrend, ist Grubinger tatsächlich ein Magier der Perkussion: Er stellt eine Klangwelt hin, von der man kaum glaubt, dass sie mit diesem Material überhaupt möglich wird.
Motorischer Drive und jazziger Groove
Motorischer Drive und jazziger Groove, die Ekstase des Hexensabbats – all dies ist da nur ein Aspekt, der zudem naheliegt. Jenseits solchen „Work-outs“ formt Grubinger an seinen Instrumenten – unter denen die Marimba bevorzugt sein mag – Motive, Themen, die sich in ihrem Verlauf spannen und lösen.
Es gibt starke illustrative Momente – von fallenden Tropfen zum Beispiel – und, immer wieder, die Poesie des ganz Leisen. Dass es extrem schwer sein muss, im wirbelnden Tempo noch die richtigen Anschlagstäbe zu treffen, mag darüber sogar in Vergessenheit geraten.
Hartls Tonsprache – weithin süffige Spätromantik auf der Linie Dvorák – Grieg – Strauss mit Blechbläserchorälen, üppigen Streicherkantilenen und auch unbefangener Kitschnähe – scheint auf Anhieb denkbar ungeeignet, ausgerechnet diesen Solopart zu integrieren. Aber es funktioniert – weil Grubinger eben so viel mehr als ein Schlagzeuger ist.
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Manchmal freilich reicht auch seine Kunst nicht hin, gleichsam ihr Gegenteil zu umfassen. Die Bemühung um einen Satz aus Bachs Cellosuiten als Zugabe in Ehren, aber da herrschte dann doch ein erklecklicher Mangel an Sound, Kontur und Gestalt. Und allein akustisch kam im weiten Rund der Philharmonie viel zu wenig an.
Nach der Pause wandte sich das unter seinem Chef Markus Poschner präsent und klangschön aufspielende Orchester seinem Namenspatron zu, dessen vierte und mithin beliebteste Sinfonie erklang – nahezu ein Heimspiel der Formation, die mit ihrem warmen, fülligen, samtig-satten Grundklang die besten Voraussetzungen für einen inspirierten Bruckner mitbringt.
Eine überzeugende Darstellung
Dabei macht Poschner nicht in katholischem Weihrauch, forciert auch nicht die Volksstimmen, sondern legt das Hauptaugenmerk auf klangliche und dramaturgische Dinge: auf die Phrasenspannung, auf das Durchhalten der großen Linie, auf die melodische Dichte der Bratschen zum Beispiel, auch auf die deutliche Akzentuierung des Formaufbaus.
Das Trio des Jagd-Scherzo etwa kam mit einer auffällig starken Verlangsamung gegenüber dem Rahmensatz. Insgesamt eine überzeugende Darstellung, jedenfalls kaum ein Abfall gegenüber dem Grubinger-Auftritt.