Lächelnd und passivReality-Shows wie „Der Bachelor“ vermitteln Frauenbild von gestern

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Kandidatin Nadine am Strand von Miami.

Kandidatin Nadine am Strand von Miami.

Gute Vorbereitung ist ja bekanntlich alles. So sieht das auch RTL in seiner Ankündigung zur neuen Staffel der Realityshow „Der Bachelor“, die am Mittwoch startete. „Die High Heels sind geputzt, die Fingernägel manikürt“, heißt es da. Klar, was Frauen halt so machen, wenn sie Männer beeindrucken wollen. Und in dem Kuppelformat versuchen sie das unter verschärften Bedingungen.

22 Frauen buhlen in Miami um Junggeselle Daniel, der alles mitbringt, was ein Traummann nach RTL-Vorstellungen haben muss: Dreitagebart, Zahnpastalächeln, durchtrainierte Figur. Und dann steht der Immobilienmakler auch noch auf teure Autos. Hach! Das Prinzip der Show ist einfach: Der Bachelor testet in Einzel- und Gruppendates vor schöner Kulisse, ob das was werden könnte mit einer der Kandidatinnen, In der „Nacht der Rosen“, verteilt er dann Blumen an diejenigen, die eine Runde weiterkommen, die anderen fliegen raus und sofort nach Haus. Die Dialoge bewegten sich in der ersten Folge auf folgendem Niveau: „Du heißt also Daniel? Das kann ich mir gut merken.“ „Warum?“ „Weil voll viele ja Daniel heißen.“

Start vor 15 Jahren

RTL ist mit der Resonanz zum Auftakt zufrieden. 14,7 Prozent der 14- bis 59-jährigen Zuschauer (2,42 Millionen Zuschauer/Gesamtpublikum: 3,32 Millionen) verfolgten die Show. Damit war „Der Bachelor“ laut Senderangaben die meistgesehene Sendung des Tages in der Zielgruppe. Bei Twitter war das Format schnell auf Platz 1 der Trending Topics. Die Aufmerksamkeit ist also da.

Doch anders als zur Ausstrahlung der ersten Staffel der deutschen Adaption des amerikanischen Formats im Jahr 2003 regt sich heute niemand mehr über das Konzept auf. Vor knapp 15 Jahren war das noch anders. „Alice Schwarzer scheint umsonst gekämpft zu haben, wenn das Selbstbewusstsein der Frauen, die in dieser Sendung benutzt werden, noch nicht weiter ist“, sagte Katherina Reiche (CDU) damals. Auch SPD-Politikerin Sabine Bätzing (SPD) kritisierte: „Das Frauenbild, das dem Publikum vermittelt wird, ist erschreckend und erinnert mich an den arabischen Kamelhandel.“

Öffentlicher Aufschrei bleibt aus

Ein öffentlicher Aufschrei bleibt heute aus – selbst in Zeiten, die durch die #MeToo-Debatte sensibilisiert sind für Geschlechterbeziehungen. Es ist ein Frauenbild der 50er Jahre, das transportiert wird: Die Frau hat hübsch auszusehen, immer zu lächeln, sie muss auf einen möglichst reichen und gut aussehenden Mann warten. Es ist der ewige Prinzessinnentraum, in dem die Frau brav und passiv bleibt und darauf hofft, auserwählt und somit gerettet zu werden. Untereinander herrscht Zickenkrieg.

Nun kann man einwenden, dass die Fans der Show diese Mechanismen ja sicherlich mehrheitlich durchschauen und der Spaß am Zuschauen daraus entsteht, sich über das Gezeigte zu erheben. Das ist nicht ganz falsch. Laut einer Studie des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI), das dem Bayerischer Rundfunk untersteht, aus dem Jahr 2015 gehen 87 Prozent der Befragten zwischen 12 und 26 Jahren davon aus, dass der Bachelor und die Kandidatinnen sich nicht so zeigen, wie sie sind und das Format vor allem als Karrieresprungbrett nutzen wollen.

Der ideale Partner

Kein Grund für einen feministischen Aufschrei also? Nicht ganz. Denn obwohl eine gewisse Skepsis vorhanden ist, gibt es ein „intensives emotionales“ Miterleben bei den Dates. Der Bachelor wird zum idealen Partner. Seine Auswahlkriterien werden zu allgemeinen Deutungsmustern. Die Zuschauerinnen wissen, dass vieles gespielt wird: „Trotzdem nehmen sie die Sendung für sich als Orientierungshilfe“, heißt es in der Studie.

Kritik äußern sie nicht am Grundkonzept, sondern an den Frauen, wie man auch auf Twitter sehr gut verfolgen kann. „Die Show generiert in diesem Augenblick keine positiven, bestärkenden Frauenbilder, sondern bietet den jungen Frauen vor dem Fernseher leicht zu dekonstruierendes Lästermaterial über das eigene Geschlecht.“

Interessant ist auch, dass beim Partnerformat „Die Bachelorette“, in dem mehrere Männer um eine Frau buhlen, die Kandidaten von den Zuschauerinnen weniger hart kritisiert und abgewertet werden. Und während der „Bachelor“ in der Regel mit so vielen Frauen wie irgendmöglich rumzuknutschen scheint, hält sich die „Bachelorette“ meist sehr zurück, wenn es um Küssen oder Sex geht.

Mann darf sich die Hörner abstoßen

Der Mann darf sich eben die Hörner abstoßen. Und die RTL-Shows sind ja nicht mal die Spitze des Eisbergs. In „Kiss Bang Love“ bei Pro Sieben suchte ein Mann im vergangenen Sommer seine Favoritin nur über Zungenküsse mit allen Kandidatinnen aus.

Das Problem all dieser Formate ist identisch. Die Mechanismen sind leicht zu durchschauen, aber das gezeigte Rollenverständnis sickert eben doch ins Bewusstsein ein. So auch bei „Germany’s next Topmodel“, Heidi Klums Show, die ab 8. Februar wieder bei Pro Sieben läuft. Den meisten ist klar, dass das dort vermittelte Frauenbild „Sehr groß, sehr dünn, immer lächelnd, ohne eigenen Willen“ vorgestrig ist. Doch die Show beeinflusst ihre Rezipientinnen und ihr Selbstbild dennoch nachhaltig.

Einen Funken Hoffnung gibt es immerhin. Eine „Bachelor“-Kandidatin, die gleich zur Begrüßung verkündete, arbeiten wolle sie jetzt eher nicht so viel, schickte Daniel nach Hause „Von der Einstellung her passt es nicht so unbedingt sofort“, sagte der 32-Jährige. Dieses Frauenbild war dann selbst dem Bachelor zu gestrig.

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