Kölner EhrenbürgerReker: Bölls Verhältnis zu Köln war „ambivalent“

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Heinrich Böll

Heinrich Böll wurde vor 50 Jahren der Literaturnobelpreis verliehen.

Vor 50 Jahren wurde Heinrich Böll der Literaturnobelpreis verliehen. Zum Jubiläum kündigte Oberbürgermeisterin Henriette Reker an, dass im kommenden Jahr eine Büste vor seinem Geburtshaus aufgestellt wird.

­­­­­­Heinrich Bölls Verhältnis zur Stadt Köln war „ambivalent“, wie es Oberbürgermeisterin Henriette Reker am Donnerstag vorsichtig ausdrückt. Und auch das Verhältnis Kölns zu Böll war nicht immer positiv. Trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass dieser Schriftsteller die Stadt geprägt hat wie kaum ein anderer. Und im kommenden Jahr soll Böll im Stadtbild noch präsenter werden: Reker kündigte bei der Feier zum 50. Jahrestag der Verleihung des Literaturnobelpreises an Böll an, dass eine Büste des Autors vor seinem Geburtshaus in der Teutoburger Straße aufgestellt wird.

Heinrich Böll gilt als einer der bedeutendsten Schriftsteller der Nachkriegszeit, seine Kurzgeschichten schildern eindrücklich das Leid des Zweiten Weltkriegs und das zerstörte Deutschland der Nachkriegszeit, in seinen Romanen rechnet er später auch mit Politik und Journalismus ab. Böll war Gesellschaftskritiker, war nicht nur als Schriftsteller, sondern auch als politisch sehr engagierte Person bekannt. Das erkannte auch die Schwedische Akademie, die ihm am 10. Dezember 1972 den Literaturnobelpreis verlieh.

„Böll ist für Kiepenheuer & Witsch bis heute prägend wie kein anderer Autor in unserem Verlag“
Kerstin Gleba

Zum Jubiläum lud Reker zu einer Veranstaltung des Heinrich-Böll-Archivs der Stadtbibliothek Köln in Kooperation mit der Heinrich Böll Stiftung Berlin, der Erbengemeinschaft Heinrich Böll, dem Verlag Kiepenheuer & Witsch, dem Kulturradio WDR 3 und der Buchhandlung Klaus Bittner ein.

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Der WDR-Rundfunkautor Terry Albrecht, Kerstin Gleba vom Verlag Kiepenheuer & Witsch, die Schriftstellerin Katja Lange-Müller und der Schriftsteller Thomas von Steinaecker diskutierten unter der Moderation der FAZ-Literaturkritikerin Sandra Kegel über Bölls Werke und Leben. „Böll ist für Kiepenheuer & Witsch bis heute prägend wie kein anderer Autor in unserem Verlag“, betont Gleba die Bedeutung des 1985 gestorbenen Schriftstellers. Sie sei sich sicher, dass jeder, der an diesem Abend in der Piazzetta des Historischen Rathauses versammelt ist, „mindestens fünf Bölls zu Hause stehen“ hat.

Lange unklar, ob Böll Ehrenbürgerwürde annimmt

Dabei lebten wir mittlerweile in einer komplett anderen Welt als Böll, meint Steinaecker. Auf Kegels Frage, ob nicht jetzt eine Zeit sei, in der „wir den engagierten Schriftsteller wieder erkennen können“, antwortet er: „Literatur war damals das Leitmedium. Das ist sie aber nicht mehr.“ Außerdem, vermutet er, sei das Risiko, über Gegenwärtiges zu schreiben und gar Klarnamen von Politikern dabei zu benennen, heute zu hoch. Dafür gäbe es andere Medien, in denen diese Art der Kritik geübt werde. „Insgesamt ist der Blick auf die Abgehängten, Plebejer, Unterschicht – es gibt viele hässliche Wörter, die Böll alle nicht benutzt hat – weniger geworden“, meint Lange-Müller.

Bölls Engagement war auch Streitthema im Kölner Stadtrat, als es 1982 um die Verleihung der Ehrenbürgerwürde ging. Soll er nur als Schriftsteller oder auch als engagierter Bürger ausgezeichnet werden? Das Ergebnis war ein Kompromiss, lange war auch unklar, ob Böll überhaupt annehmen würde. Böll sei auch vorgeworfen worden, Köln nicht in seinen Werken zu erwähnen. Stimmt nicht, meint Albrecht. Nur den Dom habe er selten erwähnt, „weil er den Dom nie gemocht hat.“

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