Die Young Fathers aus Edinburgh gaben in der Kölner Essigfabrik ein mitreißendes, konfrontatives Konzert.
Young Fathers in KölnGrollende Hymnen, aber kein Wort zum Israel-Boykott
Die Young Fathers sind berüchtigt dafür, auf der Bühne keine Miene zu verziehen. Kein Lächeln, keine Ansagen, kein „Hallo Köln“ in der Essigfabrik. Das Trio aus Edinburgh ist nicht im Schaugeschäft. Seiner Lieder sind dunkle Hymnen, kurz wie Punksongs, seelenvoll wie Otis-Redding-Stücke, mit dem Herzschlag einer großen Pauke. Euphorisch, verstörend, futuristisch, tribalistisch, mitreißend und konfrontativ zugleich.
Ein Herzschlag, aber drei Stimmen, die sich auf so wundersame Weise ergänzen, rappend, singend, schreiend auseinanderdriften, um im nächsten Moment umso mächtiger wieder zueinander zu finden, wie das wohl nur geht, wenn man bereits als Teenager seine Nachmittage und Nächte gemeinsam im zum Proberaum umfunktionierten Kinderzimmer verbracht hat.
Nach einem Fehlstart als Hip-Hop-Crew fanden Kayus Bankole, Graham „G“ Hastings und Alloysious Massaquoi schnell zu ihrem zwar eigenwilligen, aber völlig zwingenden Sound, der ihnen 2014 den renommierten Mercury-Preis für ihr Debütalbum „Dead“ einbrachte.
Alles zum Thema Konzerte in Köln
- Neuauflage von Rock in Riehl „Steel Roses“ spielen im Seniorenzentrum
- Billie Eilish Tour „Hit Me Hard And Soft“ 2025 Der Ticketverkauf für die Köln-Konzerte beginnt heute bei Eventim
- „Keine Bühne für Nazis“ Kölner Vereine rufen zu Protest gegen Weimar-Konzert auf
- Kunstroute, Acht Brücken, Rhein in Flammen 10 Tipps für das Wochenende in und um Köln
- Im Schatten des Kölner Doms „Weltstar“-Konzert im Juli auf dem Roncalliplatz abgesagt – Doch es gibt Ersatz
- 600 Vesperkonzerte Vor 50 Jahren begründete Hans-Peter Göttgens Konzertreihe in Steinfeld
- Country-Star In den USA spielt Lainey Wilson in Arenen, hier trat sie in Köln auf
So unvergleichlich wie einst Massive Attack
Hier konnte man seit langer Zeit mal wieder etwas ganz Unvergleichliches hören, einer der wenigen Bezugspunkte, die Kritiker auszumachen glaubten, waren Massive Attack aus Bristol, mit denen die Young Fathers später auch zusammen tourten. Man könnte zudem das erste Fun-Boy-Three-Album als Einfluss nennen, mit beiden Bands teilen das Trio nicht nur das schwarz-weiße Line-up, sondern auch die politische Haltung.
Mit der sind sie in Deutschland noch ein wenig berüchtigter geworden, als mit ihrem stoischen Auftreten: Wegen ihrer Unterstützung der BDS-Kampagne wurden die Young Fathers 2018 von der Ruhrtriennale erst ausgeladen, und dann, als weitere Künstler drohten, ihre Auftritte beim Kulturfestival abzusagen, wieder eingeladen – nun weigerte sich allerdings die Band zu kommen: Nur weil man Israels Palästina-Politik kritisiere, sei man doch nicht antisemitisch.
Warum das politische Engagement der Young Fathers ein heikler Punkt ist
Ein heikler Punkt: Was in der angloamerikanischen Linken zum guten Ton gehört, ist in Deutschland ein großes No-Go. Mit sehr gutem Grund: Jüdische Geschäfte boykottieren, man weiß, wohin das führt.
In der Essigfabrik bleibt keine Zeit zum Diskutieren. Mit ihrem gerade erschienenen vierten Album „Heavy Heavy“ sind sie nach einer längeren Auszeit wieder zu diesen Anfängen zurückgekehrt. Im Konzert wirkt das Material aus einem Jahrzehnt wie aus einem Guss und nach einer äußerst eindringlichen Stunde – in der man von einem Xylofon härter gerockt wurde als von den meisten Gitarrenriffs – ist das Set vorbei.
Einmal, als das Publikum sein Falsett im Song „Get Started“ mit flötenden Stimmen echot, entgleiten Alloysious Massaquoi die Gesichtszüge, er muss im Singen lachen. Seine beiden Bandkollegen zeigen sich unbeeindruckt, Massaquoi reißt sich zusammen – schon ist sie wieder da, diese grollende Intensität.