Das Clemens Orth Trio spielt in der KantineFaszinierende Flugstunden

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Clemens Orth

  • Der Jazz-Pianist und Segelflugenthusiast Clemens Orth vereint auf seinem neuen Album seine Leidenschaften.
  • In der Open-Air-Reihe „Jazz in der Kantine“ wird er mit seinem Trio die neuen Stücke vorstellen.

Köln – Man sieht es förmlich vor seinem inneren Auge: An einem klaren Morgen betritt man in aller Frühe ein menschenleeres Segelfluggelände, vielleicht ist es Ende März, die Flugsaison hat frisch begonnen. Gerade erst ist die Sonne aufgegangen, und die Vorfreude, in diesen unguten Zeiten wortwörtlich abzuheben, ist enorm.

Entsprechend heißt das Eröffnungsstück der aktuellen CD des Jazz-Pianisten und Segelflugenthusiasten Clemens Orth „Arrival“, Ankunft. In feierlicher Entspanntheit entwickelt sich eine kleine Melodie, Robert Landfermann summt sie beseelt auf seinem Kontrabass mit, während Leif Berger sie mit gleißenden Schlagzeug-Rhythmen ins Hymnische steigert.

Es kehrt Ruhe ein

Dann kehrt Ruhe ein, es beginnen handfest die Vorbereitungen: „Checklist“, „Radio Check“, „Thermals“, dann der Windenstart („Whinch Launch“), bis der Segelflieger am höchsten Punkt vom Seil befreit wird. Der erste Augenblick in der Höhe: „Blue Peace“.

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Es ist eine berückende Idee, die Eindrücke eines Segelflugtags musikalisch zu vertonen, wobei jedes Stück zur „Lesehilfe“ für die Etappen von der Vorbereitung bis zur Landung wird. Clemens Orth hat für die CD „The Glider Suite“ ein virtuoses Trio als Flugteam zusammengestellt, wobei jeder Musiker weit davon entfernt ist, sich mit illustrativen Untermalungen zu begnügen.

Zwar geht es im Zusammenspiel von Orth, Landfermann und Berger auch um den pointierten Effekt, ebenso aber intensivieren sich die Stimmungen im kontrapunktischen Gegensatz, auch gehören akustische Ellipsen und Parallelmontagen zum facettenreichen Klangrepertoire. Mal gibt es lustvoll einen Blues („Free Fall“), mal entsteht ein intensiver Moment der Angst („Anxiety“), den Orth nicht weniger zelebriert. 

Beunruhigendes Stück Film Noir

Bereits auf seiner CD „In Dulci Jubilo“ (2018) entwickelte er „Stille Nacht, Heilige Nacht“ als ähnlich beunruhigendes Stück Film noir mit tastenden Klavierklängen, ausholend gestrichenem Kontrabass und hellem Beckenklang.

Jetzt wird das neue Clemens Orth Trio zum Höhenflug im Außenbereich der Kantine abheben, und man kann den Musikern wie auch dem Publikum nur bestes Flug- und Musikwetter wünschen.

Es ist bereits das vierte Konzert der Open-Air-Reihe „Jazz in der Kantine“, zu dem sich die Veranstalter Greesberger, Heimathirsch, Jazz-O-Rama, Real Live Jazz und der Salon de Jazz zusammengeschlossen haben – wobei jedes Konzert ein wenig vom charakteristischen „Duft“ des jeweiligen Veranstalters verströmt. Bislang gab es vorzügliche Konzerte mit hervorragendem Sound. Freilich spielte dabei nicht immer das Wetter mit, und mancher feine Klang ging im Prasseln des Regens unter.

Clemens Orth zieht nun aus seinem Salon de Jazz in der Kölner Südstadt in die Kantine um, wo er Klassiker aus dem American Songbook mit Passagen aus seiner „Glider Suite“ vermischt. Bereits auf der CD war die Musik überwiegend frei improvisiert, lediglich 20 Prozent basierten auf festen Themen oder entwickelten sich aus spontanen Harmonien.

Zum Konzert kommt ein noch unbekannter Special Guest hinzu, sodass sich der „Flug“ ähnlich unberechenbar gestalten dürfte. Bis das Fahrwerk („Landing Gear“) ausgeklappt wird, das Trio landet („Touchdown“) und Anlass zu purer Freude herrscht: Das letzte Stück heißt „The Ceremony“.

Clemens Orth Trio. Jazz in der Kantine, Neusser Landstraße 2, 8. Juli, 20 Uhr

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