Serie „Deutschland 89“Nun wissen wir endlich, wer die Mauer zum Einsturz brachte

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Man weiß ja nie, was man noch so über sich selbst lernen kann: Jonas Nay als Martin Rauch, genannt Kolibri.

Man weiß ja nie, was man noch so über sich selbst lernen kann: Jonas Nay als Martin Rauch, genannt Kolibri.

Nun wissen wir es also. Nicht David Hasselhoff, sondern Martin Rauch (Jonas Nay) hat die Berliner Mauer zum Einsturz gebracht. Zumindest wenn man der Serie „Deutschland 89“ Glauben schenkt, die nun bei Amazon Prime Video zu sehen ist. Der kaltgestellte DDR-Spion lebt zu Beginn ein eher ereignisloses Leben als Vertreter einer Computerfirma und alleinerziehender Vater in Ostberlin.

Doch dann soll er für die Hauptverwaltung Aufklärung (HVA), den Auslandsgeheimdienst der DDR, verhindern, dass weitere liberale Reformen von der DDR-Regierung verabschiedet werden. Aber Martin sorgt dafür, dass Günter Schabowski die Informationen erhält, die er dann bei der legendären Pressekonferenz am 9. November 1989 verkündete.

Alle sind hinter Martin her

Die Folgen sind bekannt: Die Mauer fällt, und damit ist der Anfang vom Ende der DDR eingeläutet. Für Martin, der doch eigentlich nur seine Ruhe haben wollte, interessieren sich plötzlich alle: CIA, BND, KGB. Und ihm bleiben nur drei Möglichkeiten: Verhaftet, rekrutiert oder getötet zu werden. Da fällt die Entscheidung leicht.

Doch nicht nur Martins Leben steht auf dem Kopf. Ob nun sein Vater Walter Schweppenstette (Sylvester Groth), der plötzlich nach Frankfurt geschickt wird, um dort die Deutsche Bank zu infiltrieren, BND-Mitarbeiterin Brigitte Winkelmann (Lavinia Wilson) oder HVA-Mitarbeiter Fritz Hartmann (Niels Bormann) – sie alle sehen sich damit konfrontiert, dass nichts mehr ist, wie es mal war.

Historische Genauigkeit interessiert hier nicht

Historische Genauigkeit ist den Drehbuchautoren Jörg Winger, der mit seiner Frau Anna auch Showrunner ist, und Steve Bailie herzlich egal – und das ist eine gute Nachricht, denn darauf kommt es auch gar nicht an. Die Autoren und die Regisseurinnen Randa Chahoud und Soleen Yusef interessieren sich viel mehr für die Frage, was das mit Menschen macht, wenn alles, was sie kannten und woran sie vielleicht auch geglaubt haben, zusammenbricht und sie sich und ihre Welt ganz neu erfinden müssen.

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Und mittendrin Superspion wider Willen Martin Rauch, den Jonas Nay eben nicht als James Bond des Ostens anlegt. Martin, der immer zwischen Empathie und Skrupellosigkeit pendelt, erkennt mit staunenden Augen, dass plötzlich alles möglich ist. Auch dass seine Tante Lenora (Maria Schrader) aus dem Gefängnis, in das er sie gebracht hatte, befreit wurde.

„Deutschland 89“, einst bei RTL gestartet und dann zu Amazon gewechselt, ist ein gutes Beispiel dafür, wie anders Serien aussehen können, wenn sie sich vom gewohnten deutschen Fernsehlook verabschieden. Die Serie ist ein atemloser Ritt durch eine bewegte Zeit mit großartiger Besetzung, beeindruckender Ausstattung und Kamera. Mal Actionfilm mal Drama, mal Groteske, immer unterhaltsam. Und mit so vielen starken und spannenden Frauenfiguren, wie man sie selten sieht in deutschen Produktionen.

Staffel 3 ist vielleicht die beste der Reihe. Und es ist auch die letzte. Zum Glück. Denn anders als bei vielen Serien, die stark und hochgelobt starten und denen irgendwann die Puste ausgeht, verabschiedet sich „Deutschland 89“ mit einem Knall. Die DDR ist Geschichte – oder wie Lenora es sagt: „„Die Leute schreien nach Freiheit. Und was sie kriegen, ist Kapitalismus.“

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