Sondersitzung des NRW-InnenausschussesExplosion in Ratingen forderte 35 Verletzte – drei Einsatzkräfte noch in Lebensgefahr

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Der Innenausschuss des NRW-Landtags traf sich zu einer Sondersitzung, um Hintergründe und den Stand der Ermittlungen zur Explosion in Ratingen zu besprechen. Die Gewerkschaft GdP NRW warnt vor „parteipolitischen Ränkespielen“.

Bei der Explosion in einem Hochhaus in Ratingen bei Düsseldorf vor anderthalb Wochen sind 35 Menschen verletzt worden. Drei von ihnen befänden sich weiter in Lebensgefahr, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Montag in einer Sondersitzung des Landtags-Innenausschusses. Bei den lebensgefährlich Verletzten handele es sich um eine Polizistin, einen Polizisten und einen Feuerwehrmann.

Schwer verletzte Einsatzkräfte seien brennend zehn Stockwerke hinab auf die Straße gelaufen. Nach der Explosion sei Großalarm ausgelöst worden. Rund 650 Kräfte seien an dem Einsatz beteiligt gewesen. Rund 100 Einsatzkräfte hätten in den Folgetagen psychologische Hilfe in Anspruch genommen.

Fall Ratingen: Innenausschuss informiert sich über Hintergründe der Explosion

Der Innenausschuss des Landtags war um 9 Uhr zu einer Sondersitzung rund um den Fall in Ratingen zusammengekommen. Ein 57-jähriger Ratinger soll die Explosion am 11. Mai ausgelöst haben, als Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr seine Wohnungstür öffneten. Gegen ihn ist Haftbefehl wegen versuchten Mordes in neun Fällen erlassen worden. Er sitzt in Untersuchungshaft.

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Die Abgeordneten informierten sich auch über die Hintergründe des Geschehens und den Stand der Ermittlungen. Beantragt hatte die Sitzung die SPD-Fraktion. „Es geht auch darum, wie wir unsere Sicherheitskräfte besser schützen können“, hatte deren innenpolitische Sprecherin Christina Kampmann angekündigt.

Explosion in Ratingen: Verdächtiger 57-Jähriger soll „Prepper“ sein und zu Verschwörungstheorien neigen

Wie bekannt wurde, war der Verdächtige zuvor mehrfach wegen Körperverletzungen aufgefallen. Außerdem soll er zu Verschwörungstheorien neigen und der Prepper-Szene angehören. Als Prepper, abgeleitet vom englischen „prepare“ (vorbereiten), werden Menschen bezeichnet, die sich auf das Überleben im Katastrophenfall vorbereiten. Gegen ihn lag ein Haftbefehl vor. Ein Polizist hatte wenige Tage zuvor deswegen vergeblich an der Tür geklingelt.

Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, spricht am Tatort nach der Explosion in Ratingen zu Journalistinnen und Journalisten.

Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, spricht am Tatort nach der Explosion in Ratingen zu Journalistinnen und Journalisten.

Kurz vor der Sitzung warnte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) NRW vor „parteipolitischen Ränkespielen“. „Dass sich Politiker über den Stand der Ermittlungen informieren, gehört zu ihren Aufgaben“, sagte der GdP-Landesvorsitzende Michael Mertens am Sonntag. „Aber die Art und Weise, wie es zu der Sondersitzung gekommen ist, deuten darauf hin, dass es einigen Politikern nicht nur um ihr Mitgefühl mit den schwer verletzten Einsatzkräften geht, sondern auch darum, den Innenminister aus parteipolitischen Motiven unter Druck zu setzten“, sagte Mertens und fügte hinzu: „Uns hat das zutiefst verstört.“

Explosion in Ratingen: Polizeigewerkschaft sieht derzeit keine Möglichkeit für Warnung an Einsatzkräfte

Die GdP NRW verweist darauf, dass der erste Haftbefehl gegen den Mann wegen einer geringfügigen nicht bezahlten Geldstrafe ausgestellt worden sei. Der Einsatz selbst sei ein Routineeinsatz gewesen, weil es Anzeichen für eine hilflose Person gegeben habe. „Nach allem, was wir bisher wissen, konnten die Kollegen nicht vorgewarnt sein“, sagte ein Sprecher der GdP NRW am Sonntag.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte zum Gesundheitszustand der schwer verletzten Einsatzkräfte zuletzt berichtet, dass eine Polizistin und ein Rettungshelfer noch immer in Lebensgefahr schweben. Sie befänden sich mit schwersten Verletzungen im künstlichen Koma, sagte er der „Rheinischen Post“ (Donnerstag). Weitere Einsatzkräfte von Polizei und Rettungsdiensten lägen noch auf der Intensivstation. „Der Genesungsprozess wird bei einigen voraussichtlich sehr, sehr lange andauern“, erklärte Reul. (mab/dpa)

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