Friedrich Merz trifft beim Antrittsbesuch im Weißen Haus auf den unberechenbaren Donald Trump. Mehrere kontroverse Themen stehen an.
Kanzler in Washington gelandetMerz in den USA – Antrittsbesuch mit Zündstoff

Friedrich Merz (CDU) steigt am Flughafen in Washington aus einem Flugzeug der Flugbereitschaft.
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US-Präsident Donald Trump pfeift auf diplomatische Gepflogenheiten, das gilt auch für den Umgang mit ausländischen Besuchern. Wenn ihm danach ist, führt er Gäste im Oval Office vor laufenden Kameras vor. Vor rund zwei Wochen konfrontierte Trump den südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa mit falschen Vorwürfen über einen angeblichen Völkermord an Weißen in seinem Land. Im Februar demütigte er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor der Weltöffentlichkeit. An diesem Donnerstag steht wieder ein Gast an: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) macht Trump seine Aufwartung.
Nur einen Monat nach Amtsantritt steht Merz vor seiner bislang heikelsten Auslandsmission. Nicht nur ist Trump unberechenbar. Womöglich sind auch sein Vize J.D. Vance und US-Außenminister Marco Rubio im Oval Office dabei, die beide vor gut einem Monat die Einstufung der AfD als rechtsextremistisch durch den Verfassungsschutz kritisiert hatten. Rubio sprach damals auf der Plattform X von einer „verkappten Tyrannei“ in Deutschland, Vance von einem Wiederaufbau der Berliner Mauer. Merz verbat sich Einmischungen in die deutsche Innenpolitik. Im Oval Office könnte Merz mit Fragen zum AfD-Umgang konfrontiert werden – gestellt von handverlesenen, regierungstreuen Medienvertretern.
Trump hat immer wieder Deutschland im Visier
Das transatlantische Verhältnis ist angespannt wie wohl noch nie, seit Trump – dessen Großvater aus Rheinland-Pfalz stammt - wieder im Amt ist. Er hat bereits in der Vergangenheit immer wieder Deutschland angegriffen. Die lange Liste seiner Vorwürfe umfasste unter anderem die aus seiner Sicht zu niedrigen Verteidigungsausgaben und eine zu liberale Migrationspolitik. Weder in seiner ersten noch in seiner aktuellen Amtszeit hat Trump Deutschland einen bilateralen Besuch abgestattet – anders als alle seine Vorgänger seit Lyndon B. Johnson (1963 bis 1969).
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Der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verweigerte Trump beim ersten Treffen im Oval Office im März 2017 den erbetenen Handschlag. Dass sie ein schwieriges Verhältnis zu Trump hatte, hat Merkel auch in ihren Memoiren deutlich gemacht. Dort schilderte sie ihren Eindruck, „dass Politiker mit autokratischen und diktatorischen Zügen ihn in ihren Bann zogen“.
Trumps Faszination für Putin
Merkel bezog sich dabei auch auf Wladimir Putin, und bis heute lässt Trump immer wieder Bewunderung für den russischen Präsidenten durchklingen. Dass Putin alle Bemühungen für eine Waffenruhe in der Ukraine unterläuft, hat bei Trump bislang nicht zu Konsequenzen geführt. Im US-Senat gibt es große Unterstützung für ein gewaltiges Sanktionspaket, das auch die Bundesregierung begrüßen würde. Dafür aber müsste sich Trump für neue Russland-Sanktionen entscheiden, und er fährt in der Frage bislang einen Schlingerkurs.

Treffen sich am Donnerstag: Donald Trump und Friedrich Merz
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Sanktionen dürften eines der Themen sein, wenn Merz Trump zum bilateralen Gespräch und zum Mittagessen trifft. Der Kanzler und europäische Verbündete haben Putin neue Strafmaßnahmen angedroht, bislang aber ohne Folgen. Zentral dürfte für Merz zudem sein, dass die USA in der Ukraine weiterhin engagiert bleiben. Trump hat mit einem Rückzug gedroht. Ohnehin ist in seinem Lager die Meinung verbreitet, die Europäer seien für die Lösung des Konflikts auf ihrem Kontinent zuständig.
Der Streit um Zölle wird beim Merz-Besuch ebenfalls zur Sprache kommen. Trump droht mit Strafzöllen in Höhe von 50 Prozent auf nahezu alle EU-Importe, die EU hat Gegenmaßnahmen vorbereitet. Die US-Zölle sind bis zum 9. Juli ausgesetzt – die Zeit drängt also. Auch der Nahost-Konflikt dürfte Thema werden, Merz hat zuletzt deutliche Kritik an Israel geübt.
Was Merz Rückenwind verschaffen kann
Punkten kann Merz mit der Ankündigung, die Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern – der Kanzler will die Bundeswehr „konventionell zur stärksten Armee Europas“ machen. Ausdrückliches Lob gab es dafür vor wenigen Tagen von US-Verteidigungsminister Peter Hegseth, der asiatischen Verbündeten europäische Länder wie Deutschland als Vorbild empfahl. In einem geleakten Chat hatte Hegseth wenige Wochen zuvor noch „Abscheu vor dem europäischen Schmarotzertum“ geäußert.
Nicht nur Mitglieder der Trump-Regierung sind für unverblümte Worte bekannt. Merz äußerte in der Vergangenheit auch Kritik an Trump – damals war er zwar schon Kanzlerkandidat, aber noch Oppositionsführer. Wenige Wochen vor der US-Wahl im November sprach Caren Miosga Merz in ihrer Sendung darauf an, dass er Trump nach dem Sturm aufs Kapitol im Januar 2021 als Gefahr für die Demokratie bezeichnet hatte. Ob er das immer noch so sehe? Merz antwortete: „Das ist so und das sehe ich unverändert so.“
„Fast schon ein übergriffiger Umgang“
Als Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar den Europäern Defizite bei Demokratie und Meinungsfreiheit vorwarf, reagierte Merz mit scharfer Kritik: „Es ist fast schon ein übergriffiger Umgang mit den Europäern, insbesondere mit uns Deutschen“, sagte er den Sendern RTL und n-tv.
Inzwischen legt Merz einen versöhnlichen Ton an den Tag, in Vergessenheit geraten ist seine Kritik aber nicht. Der frühere US-Botschafter in Deutschland, der Trump-Sondergesandte für Sondermissionen Richard Grenell, schrieb am Mittwoch auf X: „Merz’ Doppelzüngigkeit sollte diese Woche während seines Besuchs in den USA offengelegt werden.“ (rnd)