Mehr Geld für BildungNeues Milliarden-Paket soll 900 sozial belastete Schulen in NRW helfen

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Schüler melden sich in einer vierten Klasse in einer Grundschule.

Die Politik setzt große Hoffnungen auf das milliardenschwere Startchancen-Programm.

Die Bundesregierung steckt Milliarden in ein neues Bildungsprogramm für Brennpunktschulen. So viel Geld geht an Schulen in NRW.

Bund und Länder haben ein milliardenschweres Programm zur Förderung von Schulen in schwierigen sozialen Lagen beschlossen. Nordrhein-Westfalen erhält 2,3 Milliarden Euro für Brennpunkt-Schulen als Teil des Startchancen-Programms. „Die Einigung ist eine große Chance für die deutsche Bildungslandschaft und eine sehr gute Nachricht für ganz viele Schulen“, sagte Schulministerin Dorothee Feller dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Freitag.

Die Förderung, die über zehn Jahre läuft, wird mehr als 900 Schulen im Land unterstützen, wobei der Schwerpunkt auf Grundschulen liegt. Bis zum Frühjahr sollen in NRW die ersten 400 Schulen ausgewählt und schon ab dem neuen Schuljahr 2024/25 gefördert werden, teilte das NRW-Schulministerium mit. Weitere Schulen würden dann im nächsten Jahr in das Programm aufgenommen.

Aus dem NRW Landtag gibt es positive Reaktionen auf den Beschluss. Jochen Ott, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag NRW, lobte das Startchancenprogramm als „historischen Wurf“. Noch nie sei so viel Geld in ein bildungspolitisches Programm investiert worden.

Zustimmung kommt auch von der FDP. Insbesondere begrüße man das neue Fördersystem. „Das Geld wird nicht mehr nach dem Gießkannenprinzip verteilt, sondern nach dem tatsächlichen Bedarf“, sagt Franziska Müller-Rech, Landtagsabgeordnete und Sprecherin für Schule der FDP-Fraktion.

Besuch von NRW-Schulministerin Dorothee Feller an der Grundschule Alzeyer Straße in Köln-Bilderstöckchen. Die 3 SchülerInnen Malu, Sude und Mert begleiten sie durch die Schule und stellen ihr Aufgaben.

NRW-Schulministerin Dorothee Feller (r.) an der Grundschule in Köln im vergangenen Sommer. „Wenn wir über Startchancen sprechen, dann ist es selbstverständlich, dass wir uns besonders auf die frühe Förderung konzentrieren", kommentiert sie nun das Bildungspaket.

Ministerin Feller sagte. „Wenn wir über Startchancen sprechen, dann ist es selbstverständlich, dass wir uns besonders auf die frühe Förderung konzentrieren – und damit vor allem die Grund-, aber auch die Förderschulen stärken.“ Ebenfalls profitieren sollen Schulformen der Sekundarstufe I und des Berufskollegs.

Das Fördergeld soll nach Angaben des Ministeriums unter anderem in zusätzliches Personal wie Lehrer oder Sozialarbeiter fließen, die in Schulen unterstützen. Ein Teil soll in eine bessere und moderne Lernumgebung investiert werden. Dazu kommt ein sogenannte Chancenbudg, diese Mittel stehen Schulen frei zur Verfügung. Die Ausgestaltung werde an den Schulen ganz unterschiedlich aussehen, sagte Feller.

Das neue Program soll gezielt Schulen in schwierigen sozialen Lagen fördern. Nun wurde es besiegelt. Was bringt es – und was nicht?

Was ist die Ausgangslage?

Die beiden Bildungsforscher Nele McElvany und Ulrich Ludewig von der TU Dortmund betonen, dass die familiäre Herkunft in Deutschland Bildungschancen nach wie vor stark beeinflusst. Es gebe zunehmend Schüler, die besonders gefördert werden müssten, insbesondere in Deutsch. Bildungsstudien zeigen eine Abnahme der Kompetenzen. Eine Pisa-Studie von 2022 dokumentierte die schlechtesten Ergebnisse jemals für deutsche Schüler in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften.

Was ist das Startchancen-Programm?

Ein gemeinsames Programm von Bund und Ländern soll rund 4000 Schulen fördern, die einen hohen Anteil sozioökonomisch benachteiligter Schüler haben. Es zielt darauf ab, den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg aufzubrechen und das deutsche Bildungssystem zu verbessern. Es ist eines der wichtigsten bildungspolitischen Vorhaben der Ampel-Regierung.

Was ist das konkrete Ziel?

Verbessert werden sollen die Kompetenzen der Schüler vor allem in Lesen, Schreiben und Mathe. „Bis zum Ende der Programmlaufzeit soll die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die die Mindeststandards in Mathematik und Deutsch verfehlen, an den Startchancen-Schulen halbiert werden“, heißt es in den Eckpunkten. Bundesweit sollen rund eine Million Schüler profitieren.

Wann soll das Programm starten?

Das Programm startet im Schuljahr 2024/2025. Aufgrund von Planungs- und Vorbereitungszeiten könnten zunächst nur 1000 Schulen teilnehmen, mit einer Erweiterung auf 4000 Schulen bis zum Schuljahr 2026/27.

Wer bezahlt das Programm?

Der Bund und die Länder planen, jährlich jeweils eine Milliarde Euro für das Programm bereitzustellen. Über zehn Jahre bis zum Schuljahr 2033/34 ergibt das 20 Milliarden Euro. Angesichts knapper öffentlicher Kassen ist das ein Kraftakt. Bestehende Programme können zur Kofinanzierung angerechnet werden.

Was beinhaltet das Programm im Detail?

Die Schulen sollen eine bessere und modernere Lernumgebung bekommen. Zudem können sie über ein „Chancenbudget“ selber finanzielle Schwerpunkte setzen. Die Förderung von Sozialarbeiterteams wird ebenfalls angestrebt.

Wie werden die Schulen ausgewählt?

Die Länder benennen die Schulen und sollen einen „Sozialindex“ einführen, um die Schulen mit dem größten Unterstützungsbedarf auswählen zu können. Die Kriterien „Armut“ und „Migration“ sollen besonders berücksichtigt werden.

Was bewerten Experten positiv an dem Programm?

Bildungsforscher Zorn spricht von einem „Paradigmenwechsel“ im deutschen Bildungswesen, wobei Geld nach Bedarf und nicht gleichmäßig verteilt wird. Unter den 4000 geförderten Schulen sollen 2400 Grundschulen sein, wo die Probleme oft groß sind, aber auch die größte Wirkung erzielt werden kann.

Was bewerten Experten kritisch an dem Programm?

Experte Zorn sagt: „Aus meiner Sicht ist das Programm zu klein dimensioniert.“ Das Geld reiche nicht aus mit Blick auf die Größe der Probleme. Zudem bräuchten die Schulen vor allem auch mehr Stellen für Lehrer. Darauf verweisen auch die Bildungsforscher der TU Dortmund McElvany und Ludewig: „Am Lehrkräftemangel kann das Programm kurzfristig nichts ändern.“ (mit dpa)

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