Eine merkwürdige Veränderung im Organigramm ihres Hauses bringt NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) in Erklärungsnot.
Posse im NRW-WirtschaftsministeriumNeuer Top-Beamter ist nur für drei Fahrer zuständig
Hat Mona Neubaur einem Parteifreund einen umstrittenen Leitungsposten verschafft? Nach Informationen unserer Zeitung schuf ihr Ministerium extra für ihn eine Stelle als Referatsleiter.
Die Vize-Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin verfügt über ein Ministerbüro, in dem laut Organisationsplan mehr als 30 Mitarbeiter tätig sind. Bislang gab es in dem Führungsstab fünf Sektionen, aber jetzt ist ein neuer Aufgabenbereich „MB 6“ für „Sonderkoordination“ hinzugekommen. Leiter ist der neu rekrutierte Regierungsdirektor S.. Laut Organigramm ist er den Chef von drei Mitarbeitern. Kurios: Alle drei sind keine Fachbeamte. Es handelt sich um die Fahrer von Neubaur.
Wie kann das sein? Die Leiter der anderen Sektionen im Ministerbüro sind zum Beispiel für „Strategische Planung“, „Grundsatzfragen“ oder „Presse“ verantwortlich. Und der neue Mann soll sich nur um den Chauffeurdienst für die Ministerin kümmern? Ein Vorgang, der bei aufmerksamen Beobachtern Argwohn auslöst. Ist ein Regierungsdirektor, der nach A 15 besoldet wird, für den Job nicht völlig überqualifiziert?
Alles zum Thema Mona Neubaur
- Studie Klimaneutrale Chemie bis 2045 möglich
- Job-Abbau bei Ford in Köln „Eklatanter Fehler, den die Mitarbeiter ausbaden müssen“
- NRW-Konjunktur Wirtschaftswachstum im Land halbiert sich
- „Ukraine muss gewinnen“ Demo in Köln fordert mehr Waffenlieferungen an die Ukraine
- „Merz ist nicht Trump 2.0“ Grüne Frontfrau Mona Neubaur verlangt Offenheit für Schwarz-Grün im Bund
- Trump oder Harris Was die NRW-Wirtschaft durch die Wahl in den USA zu verlieren hat
- Schwarz-Grün Nur 209 neue E-Ladesäulen für 4000 Landesgebäude - NRW im Ländervergleich auf Platz 13
Dem Vernehmen nach gehört S. den Grünen an. Vor seinem Wechsel nach Düsseldorf war er Referatsleiter für Kabinettsangelegenheit im hessischen Umweltministerium. In Wiesbaden war die Schwarz-Grüne Koalition kürzlich durch ein Bündnis von CDU und SPD abgelöst worden. Haben die NRW-Grünen einem Parteifreund aus Hessen jetzt eine neue Stelle verschafft?
Wirtschaftsministerium antwortet technokratisch
Das NRW-Wirtschaftsministerium gibt auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ eine technokratische Antwort. „Versetzungen von Beamtinnen und Beamten zwischen verschiedenen Dienstherren sind vom Beamtenstatusgesetz vorgesehen und stellen keine Besonderheit dar“, heißt es. Das Land NRW sei auch „zur Gewinnung qualifizierter Fachkräfte in unterschiedlichsten Sachgebieten“ hierauf angewiesen.
Weiter wird berichtet, die Schaffung des Referats MB 6 sei Teil einer „laufenden Umstrukturierung“. Die Maßnahme diene dem Ziel, die „Steuerungs- und Koordinationsfähigkeit im Leitungsbereich weiter zu verbessern“. Der derzeit im Organigramm abgebildete Zuschnitt stelle dabei „einen formalen Zwischenschritt zur Zielstruktur dar“.
Auf die Frage, welche Rolle die drei Fahrer spielen, gibt es offiziell keine Antwort. Offenbar soll die gestelzte Stellungnahme einen wunden Punkt verdecken. Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ erhellen die Abläufe.
Insider sprechen von Posse
Danach soll das Ministerbüro von Neubaur in die Gruppen „Stellvertretende Ministerpräsidentin“ und „Wirtschaftsministerin“ umgebaut werden. S. soll einen Leitungsjob der ersten Gruppe bekommen. Das Problem: Der Personalrat hat der Umstrukturierung noch nicht zugestimmt. Wie konnte man S., der schon zur Verfügung stand, dennoch einstellen?
Um S. als Referatsleiter unter Wahrung der gesetzlichen Vorschriften umzusetzen, griff die Personalabteilung in die Trickkiste. Referatsleiter kann nur sein, wer auch ein Referat mit zugeordnete Mitarbeiter führt. Da ist die nicht gab, verfiel man auf die Idee, einfach ein Referat aus den Fahrern bilden. Diese konnten an andere Stelle abgezogen werden, ohne Lücken zu reißen. „Ein Posse“, heißt es in der Landesregierung hinter vorgehaltener Hand.
Auf Leitungsebene ärgert man sich mittlerweile über die Vorgehensweise. Es sei ein Fehler gewesen, bei der Absegnung der Pläne das politische „Irritationspotenzial“ übersehen zu haben, berichtet ein Insider. Das nächste Organigramm soll Anfang 2025 veröffentlicht werden. Dann sei der Umbau des Ministerbüros abgeschlossen – und das „Fahrerreferat“ Geschichte.