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Selfies und gute LauneSelenskyj gibt sich bei Front-Besuch nahbar – „Hier zweifelt niemand, ob es ein Double ist“

Lesezeit 3 Minuten
tWolodymyr Selenskyj und ein Soldat machen ein Foto nach einer Auszeichnungszeremonie in einer Stellung in der Nähe von Bakhmut.

tWolodymyr Selenskyj und ein Soldat machen ein Foto nach einer Auszeichnungszeremonie in einer Stellung in der Nähe von Bakhmut.

Der Front-Besuch von Wolodymyr Selenskyj lässt unweigerlich Vergleiche zum Besuch von Wladimir Putin in Mariupol aufkommen.

Es wirkt so, als würde Wolodymyr Selenskyj bewusst zeigen wollen, wie unterschiedlich sein Auftreten im Vergleich zu dem des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist – dabei besteht dazu längst kein Anlass mehr.

Selenskyjs Front-Besuch wirkt dennoch wie eine Antwort auf die Reise von Putin letzte Woche nach Mariupol, bei der sich der russische Präsident nach über einem Jahr Krieg das erste Mal ins besetzte ukrainische Donbassgebiet begab und dessen Auftritt eine Reihe von Spekulationen auslöste.

Nach Besuch von Wladimir Putin in Mariupol: Wolodymyr Selenskyj gibt sich bei Front-Besuch nahbar

Ganz anders präsentierte sich nun der Staatschef der Ukraine im Osten seines Heimatlandes. Nahbar und gut gelaunt zeigte sich Selenskyj mit einem Coffee-to-go in der Hand bei den Truppen, stand für unzählige Selfies bereit und hatte keinerlei Berührungsängste, wie Videos dokumentieren. Die Freude über den Besuch war den Kampftruppen deutlich anzusehen.

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Während ein Video von einem „spontanen“ Treffen Putins mit Bewohnern in Mariupol, Fragen an der Authentizität dieser „Bürger“ aufwarf und auch ein Zwischenfall den Auftritt des russischen Präsidenten inszeniert erscheinen lässt, bleiben bei Selenskyj keine Zweifel.

Selenskyj verbreitet an der Front Hoffnung auf Sieg der Ukraine

„Der Präsident eines Landes im Krieg an einer Tankstelle im Osten der Ukraine. Keiner hat irgendwelche Zweifel wegen eines Doubles. Die Menschen kennen ihren Präsidenten“, kommentierte Anton Gerashchenko, ehemaliger stellvertretender Innenminister der Ukraine, den Frontbesuch auf Twitter.

Nur für die Moral reiste der 45-Jährige aber nicht ins Kampfgebiet der Region Bachmut und der Großstadt Charkiw. Er wollte sich ein Bild von der dortigen Lage machen. „Ich möchte ihnen dankend die Hand drücken. Dafür, dass sie den Staat, die Souveränität und den Osten der Ukraine verteidigen“, so Selenskyj bei einem Besuch bei Soldaten einer Artillerieeinheit. Die Männer geben ihm eine ukrainische Flagge mit, als Dank.

„Es ist schmerzhaft, die Städte im Donbass zu sehen, über die Russland schreckliches Leid und Ruinen gebracht hat“, sagte Selenskyj später am Mittwoch in seiner abendlichen Videoansprache.

Dort gebe es „stündliche Luftangriffssirenen, ständige Bedrohung durch Beschuss, eine ständige Bedrohung des Lebens“. Doch Selenskyj kam auch, um trotz der schweren Zerstörungen und des Leids Hoffnung zu verbreiten. „Man kann sie spüren“, so der ukrainische Präsident.

Selenskyj will Ukrainern wieder normales Leben ermöglichen – Videoansprache bei EU-Gipfel

Er werde alles dafür tun, damit in absehbarer Zeit wieder ein normales Leben in die Ukraine, „von Donezk bis zur Grenze“, möglich sei. Zugleich kündigte Selenskyj eine Antwort Kiews auf die jüngsten Angriffe Russlands auf ukrainische Städte mit Kampfdrohnen an. „Wir werden definitiv auf jeden Angriff der Besatzer auf unsere Städte reagieren“, sagte Selenskyj. „Auf alle russischen Angriffe werden wir militärisch, politisch und rechtlich reagieren.“

An diesem Donnerstag soll Selenskyj per Video zu einem EU-Gipfel, bei dem auch über den Ukraine-Krieg beraten wird, zugeschaltet werden. (mit dpa)

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