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Vergiftetes Lob von Klöckner
Bas hisst wegen Dobrindt überraschend die Regenbogenflagge nicht

4 min
Das Bild zeigt eine Regenbogenflagge (l), die neben der Deutschlandfahne vor dem Bundesverteidiungsministerium weht. Foto: Michael Kappeler/dpa

Eine Regenbogenflagge (l) weht am Donnerstag (3. Juli) neben der Deutschlandfahne vor dem Bundesverteidiungsministerium. Die Bundeswehr will damit ein Bekenntnis zu Vielfalt und gegen Diskriminierung zum Ausdruck bringen. 

Vor dem Verteidigungsministerium weht die Regenbogenflagge, bei Arbeitsministerin Bärbel Bas jedoch nicht. Nun ist klar, warum.

Die von SPD-Politikern geführten Bundesministerien sind zu einem unterschiedlichen Umgang mit der Regenbogenflagge gezwungen: Als Bekenntnis zu Vielfalt und gegen Diskriminierung hat das Verteidigungsministerium unter Minister Boris Pistorius (SPD) an seinen Dienstsitzen in Berlin und Bonn die Regenbogenflagge gehisst.

Das Wehrressort bezeichnete das als „ein starkes Zeichen für Solidarität mit queeren Soldatinnen und Soldaten, für Kameradschaft und gesellschaftliche Verantwortung“. Bei Arbeitsminister Bärbel Bas (ebenfalls SPD) fehlt die Beflaggung während des Berliner CSD jedoch. Der Grund dafür ist offenbar Innenminister Alexander Dobrindt (CSU). 

Regenbogenflagge weht: „Der Wind in der Bundeswehr hat sich gedreht“

Wie bereits in den Vorjahren wurde die Flagge am 3. Juli am Verteidigungsministerium gezeigt, einem Datum mit zwei für die Bundeswehr historischen Bezügen. An dem Tag war im Jahr 2000 ein Erlass aufgehoben worden, der homosexuellen Soldaten die Eignung als Vorgesetzte abgesprochen und sie von Beförderungen ausgeschlossen hatte. Seit Juli 2021 gilt zudem das Rehabilitierungsgesetz, das Unrechtsurteile aufhebt und entschädigt.

„Wir hoffen, mit dem deutlichen Zeichen gerade all jene zu erreichen, die seinerzeit im Wehrdienst auf ihre sexuelle Orientierung reduziert wurden. Sie dürfen sich gewiss sein: Der Wind in der Bundeswehr hat sich gedreht“, erklärte der Leiter der Rechtsabteilung und künftige Staatssekretär, Jan Stöß. Heute zähle Kameradschaft unabhängig von sexueller Orientierung oder geschlechtlicher Identität.

Um die Reggenbogenflagge hatte es in den vergangenen Tagen Wirbel gegeben. Die Entscheidung von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU), nicht auch am Christopher Street Day am 26. Juli wie in Vorjahren die Regenbogenflagge am Parlament aufzuziehen, war unter anderem von Grünen und Linken kritisiert worden.

Klöckner und Merz ernten scharfe Kritik von Grünen, Linken und SPD

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte sich hinter den Kurs von Klöckner gestellt. Der CDU-Chef sagte in der ARD-Talkshow „Maischberger“, der Bundestag sei „ja nun kein Zirkuszelt“, auf das man beliebig Fahnen hisse. Es gebe einen Tag im Jahr, das sei der 17. Mai – das ist der Tag gegen Homophobie – an dem die Regenbogenflagge gehisst werde. Für seine Assoziation mit einem Zirkus musste Merz sich daraufhin scharfe Kritik gefallen lassen – vor allem von Grünen und Linken, aber auch aus den Reihen der SPD.

Arbeitsministerin Bärbel Bas, die als queerfreundlich gilt, muss sich jetzt jedoch offenbar den Wünschen von Klöckner und Merz fügen – und verzichtet Berichten des „Tagesspiegel“ und des „Spiegel“ zufolge auf die Regenbogenbeflaggung vor ihrem Ministerium. „Im Jahr 2025 wird die Regenbogenflagge an den Standorten Berlin und Bonn nicht zu den jeweiligen regionalen CSD-Paraden gesetzt“, zitiert der „Tagesspiegel“ einen Ministeriumssprecher zunächst.

Innenminister Dobrindt: Regenbogenflagge nur einmal im Jahr

Am Freitag erklärte das Ministerium dann gegenüber dem Spiegel auch, warum. Die Änderung komme wegen eines Schreibens des Bundesministeriums des Innern und für Heimat vom 28. April, sagte eine Sprecherin dem „Spiegel“. Das Hissen der Regenbogenflagge müsse demnach auf einen konkreten Kalendertag beschränkt werden, der selbst vom Ministerium gewählt werden könne.

„Zugleich erlaubt das Schreiben ausdrücklich alternative Formen der Sichtbarmachung wie Banner oder Plakate in Regenbogenoptik“, zitierte das Nachrichtenmagazin weiter. Da vor Bas' Arbeitsministerium bereits am „Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie“ im Mai die Regenbogenflagge gehisst worden war, werde nun bis zum Berliner CSD lediglich ein Banner in Berlin stehen, teilte das Ministerium demnach mit. 

Regenbogenflagge weht nicht: Bärbel Bas ändert ihren Kurs

Bas’ Vorgänger Hubertus Heil (SPD) hatte seit 2022 sowohl zum CSD als auch am 17. Mai, dem „Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie“, die Regenbogenflagge hissen lassen. 

Dass ausgerechnet Bas auf die Beflaggung verzichtet, hatte zunächst für Überraschung gesorgt. Bas ist die Vorgängerin von Klöckner. Als Bundestagspräsidentin hatte sich die SPD-Politikerin explizit für das Hissen der Regenbogenflagge während des CSD eingesetzt. Dass die Flagge 2022 erstmals auf und vor dem Reichstagsgebäude wehte, war eine Entscheidung der SPD-Politikerin. „Die Regenbogenflagge auf unserem Parlament – das bedeutet mir viel“, sagte Bas damals.

Ein vergiftetes Lob von Julia Klöckner

Dass in ihrer Heimatstadt Duisburg die Regenbogenflagge anlässlich des CSD gehisst wird, hatte Bas in der Vergangenheit ebenfalls stets befürwortet. „Auch heute wird die Regenbogenflagge über dem Rathaus gehisst. Das Signal ist klar: Duisburg ist bunt. Duisburg steht für Vielfalt und Akzeptanz“, hatte die Sozialdemokratin etwa im Juli 2020 auf der Plattform X geschrieben – und dazu das Foto einer Regenbogenflagge gepostet. Nun musste sie sich offenbar den Wünschen des CSU-Ministers fügen – und ein vergiftet anmutendes Lob von Klöckner hinnehmen.

„Dass BMin Bärbel Bas die Beflaggung, laut SPIEGEL, nun auch auf den 17. Mai beschränken möchte, ist nachvollziehbar“, schrieb Bas' Nachfolgerin im Amt der Bundestagspräsidentin auf der Plattform X. Kurz darauf stellte das Arbeitsministerium die Hintergründe der Entscheidung klar. (das/dpa)

Der Artikel wurde nach der Stellungnahme des Arbeitsministeriums und Klöckners X-Beitrag aktualisiert.