Zugausfälle ab MittwochWas Reisende und Pendler zum Bahn-Streik Ende Januar wissen müssen

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Anzeigetafeln im Hauptbahnhof verkünden streikbedingte Zugausfälle.

„Fällt aus“: Das wird ab Mittwoch wieder häufig im Kölner Hauptbahnhof zu lesen sein.

Bei der Bahn wird wieder gestreikt. Welche Rechte haben Bahnreisende nun? Und was müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beachten?

Wer mit der Bahn reisen will, braucht starke Nerven. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat Ende Januar erneut zu einem mehrtägigen Warnstreik aufgerufen. Los gehen soll es am Mittwoch um 2 Uhr nachts. Bis Montag kommender Woche um 18 Uhr solle der Ausstand andauern, teilte die Gewerkschaft in der Nacht zu Montag mit.

Zahlreiche Verbindungen werden wegen des Warnstreiks wohl ausfallen. Wir fassen zusammen, welche Rechte Betroffene haben.

Wichtig zu wissen: Wurde eine Zugfahrt ohne Zugbindung gebucht, sollten Betroffene des Streiks nachweisen, dass sie mit einem bestimmten Zug fahren wollten, der dann entsprechend verspätet oder gar nicht abgefahren oder angekommen ist. Zum Beispiel mit einem Foto am Bahnhof oder anderen Belegen.

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Wer eine Reise mit der Bahn gebucht hat, hat bei ausgefallenen oder verspäteten Zügen folgende Rechte:

Wenn der Zug nicht fährt

Fährt der Zug nicht oder wird absehbar mindestens 60 Minuten verspätet am Ziel sein, kann man den Ticketpreis zurückverlangen. Man hat aber auch die Möglichkeit, die Reise zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen, wobei man stets auch eine andere, vergleichbare Verbindung zum Zielort wählen kann.

Zudem hat die Deutsche Bahn bereits Sonderkulanz-Regelungen getroffen: Alle Fahrgäste, die ihre für zwischen Mittwoch und Freitag geplante Reise wegen des Streiks verschieben möchten, können ihr Ticket später nutzen. Die Zugbindung ist aufgehoben. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden. Zudem haben Fahrgäste im Fernverkehr die Möglichkeit, ihre Reise vorzuverlegen.

Die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) hat online unter soep-online.de/rechte-bahnreisen in übersichtlicher Form wichtige Rechte Bahnreisender aufgeschlüsselt – beispielsweise auch, wann Sie sich ein Fernbus-Ticket kaufen und sich die Ausgaben dafür im Nachgang von dem Bahnunternehmen zurückholen können.

Die söp vermittelt als neutrale Instanz bei Zwist zwischen Reisenden und – vor allem – Bahnunternehmen und Airlines. Dorthin kann man sich kostenlos wenden. Etwa, wenn es Streit um Erstattungen gibt.

Wenn der Zug nicht mehr weiterfährt

Wer unterwegs strandet, hat bei Verspätungen von mehr als einer Stunde oder Zugausfällen Anspruch auf Mahlzeiten und Erfrischungen in einem angemessenen Verhältnis zur Wartezeit.

Ist klar, dass es an einem Tag nicht mehr weitergeht, muss das Bahnunternehmen für eine Unterbringung in einem Hotel oder in einer „anderweitigen Unterkunft“ (laut EU-Regeln) sorgen und den Transfer dorthin organisieren.

Wer auf eigene Faust ein Hotelzimmer bucht, sollte sich vorher von der Bahn bestätigen lassen, dass keine Weiterfahrt möglich ist und sie nicht mit einer Unterkunft helfen kann.

Entschädigung bei Verspätung

Die gibt es auch bei Warnstreiks. Kommt der Zug mehr als eine Stunde zu spät am Ziel an, kann man 25 Prozent des Fahrpreises verlangen, bei mehr als zwei Stunden sind es 50 Prozent.

Laut söp besteht der Anspruch auf die Verspätungsentschädigung auch dann, „wenn die verspätete Ankunft am Zielort durch eine in Anspruch genommene Alternativbeförderung erfolgt“. Das heißt im Klartext: Wer sein Zugticket wegen eines Zugausfalls zu einem späteren Zeitpunkt nutzt, dem stehen demnach 50 Prozent Erstattung zu.

Wichtig: Droht man durch einen Zugausfall einen gebuchten Flug zu verpassen, haftet die Bahn nicht für mögliche Folgekosten.

Bahnstreik: Das gilt für Pendlerinnen und Pendler

Natürlich sind nicht nur Reisende, sondern auch Pendlerinnen und Pendler von dem Bahnstreik betroffen. Sind diese mit Einzelfahrkarten unterwegs, gelten dieselben Regelungen, die auch für Reisende gelten. Auch hier sollte man bei einem Ticket ohne Zugbindung allerdings möglichst nachweisen können, dass man eine bestimmte verspätete oder ausgefallene Verbindung nutzen wollte.

Gerade im Rheinland haben viele Pendlerinnen und Pendler allerdings Glück: Das Unternehmen National Express, das einige Regionalverbindungen in Nordrhein-Westfalen betreibt, wird nicht bestreikt.

Wer ein Deutschlandticket oder ein anderes Abo hat, bekommt Pauschalsätze

Und was ist mit Zeitfahrkarten oder Abo-Tickets wie dem Deutschlandticket? Sie können ja streikbedingt einen Tag nicht genutzt werden. Hier gibt es pauschale Sätze, wie Bahngastrechte-Fachmann und Jurist André Schulze-Wethmar vom Europäischen Verbraucherzentrum erklärt.

Beim Deutschlandticket sind das laut Bahn pro Verspätungsfall von mehr als einer Stunde 1,50 Euro – weil sie aber erst ab 4 Euro Entschädigungssummen auszahlt, müssen Reisende mehrere Fälle sammeln, ehe sie beim Servicecenter Fahrgastrechte ihre Ansprüche geltend machen.

Arbeitnehmer müssen pünktlich beim Job erscheinen

In der Regel ja. Das sogenannte Wegerisiko trägt der Arbeitnehmer, erklärt der Berliner Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck. „Wenn ich nicht zur Arbeit komme, gilt der Grundsatz: ohne Arbeit kein Geld.“

Auch eine Abmahnung ist möglich, wenn man gar nicht oder zu spät zur Arbeit kommt - zumindest wenn der Streik rechtzeitig angekündigt wurde. Denn in dem Fall könne man in der Regel erwarten, dass Arbeitnehmer sich darüber informieren und andere Verkehrsmittel wählen, so Bredereck. Und zwar auch dann, wenn ihnen dadurch höhere Kosten entstehen, etwa weil sie das Auto nehmen müssen.

Die Kosten für alternative Verkehrsmittel müssten aber im Verhältnis zum Gehalt stehen, das Arbeitnehmer an dem entsprechenden Arbeitstag verdienen würden, gibt Bredereck zu bedenken: „Dass eine Putzkraft ein Taxi nimmt, um zur Arbeit zu kommen, könnte etwa unverhältnismäßig sein.“

Was Pendler im Vorfeld eines Streiks tun können

Fachanwalt Bredereck rät Beschäftigten, die von Zugausfällen betroffen sein können, rechtzeitig Absprachen mit dem Arbeitgeber zu treffen – und konkret nachzufragen, wie man in dem Fall vorgehen soll.

Denkbar sei etwa, dass man mit dem Arbeitgeber eine Freistellung vereinbart oder an den Tagen, für die Streik angekündigt ist, Urlaub nimmt. Auch der Abbau von Überstunden oder die Nutzung von Gleitzeit können eine Option sein. „Da sind vernünftige Lösungen gefragt“, sagt Bredereck.

Habe ich bei Streik ein Recht auf Homeoffice?

„Ein Recht auf Homeoffice gibt es nur dann, wenn ich es mit dem Arbeitgeber vereinbart habe, etwa im Arbeitsvertrag, der Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag“, sagt der Fachanwalt.

Das gilt auch an Tagen, an denen man durch Streiks nicht mit der Bahn zum Betrieb kommt. Gibt es keine entsprechenden Vereinbarungen, rät Bredereck auch hier, rechtzeitig Absprachen mit dem Arbeitgeber zu treffen.

Ist Homeoffice hingegen ohnehin Praxis im Arbeitsalltag, hat der Arbeitnehmer gute Chancen, dieses auch für den Streiktag gestattet zu bekommen. Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht dürfte der Arbeitgeber in diesem Ausnahmefall verpflichtet sein, die Arbeitsleistung zu Hause zu ermöglichen.

Mietwagen, Taxi oder Fernbus: Das sind die Alternativen

Muss man zwingend am Streiktag reisen, können Mietwagen oder Fernbus zwei Optionen sein. Wer jetzt schon weiß, dass er während der Streiktage mobil sein muss, sollte lieber zeitnah buchen. Oft ließen sich Buchungen bis 24 Stunden vorher auch wieder kostenfrei stornieren – zum Beispiel, falls wider Erwarten der Zug doch fährt.

Kommt die Bahn dafür auf? André Schulze-Wethmar klärt über die Rechte Bahnreisender auf: Wenn sie die Alternativen selbst organisiert, dann ja. Denkbar wären etwa Fernbus-Sammelbeförderungen von einzelnen Bahnhöfen oder Taxifahrten, wenn der Zug etwa bei Streikbeginn im Bahnhof stehen bleibt und es noch viele Passagiere gibt, die eine Stadt weiter müssen.

Wer im Vorfeld ein Mietauto oder Flugticket bucht, kann aber nicht darauf hoffen, dass dieses Geld erstattet wird. „Man kann versuchen, sich die vorgestreckten Kosten erstatten zu lassen – aber im Zweifel wird die Bahn ablehnen“, lautet die Einschätzung von Schulze-Wethmar. Einfacher wäre es, sich den Preis für das Bahnticket erstatten zu lassen und sich auf eigene Kosten um die Alternative zu kümmern.

Die Verbraucherzentrale stellt außerdem klar, dass diejenigen, die am Streiktag auf das eigene Auto umsteigen, sich keine Kosten vom Bahnunternehmen erstatten lassen können. (dpa/tli)

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