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50 Stunden Stillstand
Was Reisende zum bevorstehenden Bahn-Streik ab Sonntag wissen müssen

Lesezeit 5 Minuten
Leere Bahnsteige und Anzeigetafeln mit der Aufschrift „Kein Zugverkehr“ sind an einem Bahnhof zu sehen.

Von Sonntagabend an werden Regional- und Fernverkehr bestreikt.

Die Bahn geht ab Sonntag von „massiven Auswirkungen“ auf den gesamten Bahnbetrieb aus. Wir erklären, welche Optionen betroffene Reisende haben.

Schlechte Nachrichten für Reisende: An Bahnhöfen herrscht von Sonntagabend (22 Uhr) bis Mittwoch weitgehend Stillstand. Die Gewerkschaft EVG hat zu einem erneuten Warnstreik aufgerufen. Demnach wird der Fern-, Regional- und Güterverkehr für 50 Stunden eingestellt. Und nun? Hier sind kurz und knapp Tipps für alle, die vom 14. bis 16. Mai im Zug unterwegs sein woll(t)en:

Bahn

Die Bahn geht von Sonntagabend an von „massiven Auswirkungen“ auf den gesamten deutschen Bahnbetrieb aus. „Es muss außerdem mit erheblichen Auswirkungen auf den gesamteuropäischen Güterverkehr gerechnet werden“, hieß es. Sechs von zehn europäischen Frachtkorridoren führten über das deutsche Schienennetz.

Die DB bittet die Fahrgäste, wenn möglich ihre für den Streikzeitraum geplanten Fahrten im Fern- und Nahverkehr bis zum frühen Sonntagabend vorzuziehen. Für Fahrten im Fernverkehr wird eine Sitzplatzreservierung empfohlen.

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Der Konzern kündigte im Personenverkehr umfangreiche Kulanzregelungen für die betroffenen Fahrgäste an. Alle Fahrgäste, die ihre für den 14. bis 16. Mai geplante Reise aufgrund des Streiks der EVG verschieben möchten, können ihr bis einschließlich 11. Mai gebuchtes Ticket für den Fernverkehr ab sofort bis einschließlich Sonntagabend flexibel nutzen.

Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden. Der 50-stündige Warnstreik endet direkt vor einem der reisestärksten Tage im Jahr (verlängertes Wochenende über Christ Himmelfahrt). Deshalb ist diesmal eine flexible Nutzung der Tickets nach Streikende nicht möglich, verkündet die Bahn. Wer seine Fahrkarte deshalb kostenlos stornieren möchte, kann dies im Rahmen der Fahrgastrechte tun. Diesen gelten zudem bei Verspätung oder Zugausfall.

Dies teilt die Bahn auf ihrer Webseite mit. Hier finden Reisende auch die wichtigsten Informationen zur Sonderkulanz im Zusammenhang mit dem Streik zusammengefasst. Eine andere Möglichkeit: Reisewillige könnten am Bahnhof in ein Reisezentrum gehen und die Möglichkeiten abklopfen, sagt Alina Menold von der Verbraucherzentrale Niedersachsen.

Arbeitnehmer müssen pünktlich beim Job erscheinen

Auch wenn Bahn- und Buspersonal streiken und deshalb der öffentliche Verkehr weitgehend stillsteht, müssen Arbeitnehmer pünktlich beim Job erscheinen. „Das sogenannte Wegerisiko trägt immer der Arbeitnehmer, ob Streik oder nicht“, sagt Rechtsanwältin Nathalie Oberthür.

Denn bei einem Streik handelt es sich nicht um ein unvorhergesehenes Ereignis. In der Regel wird er rechtzeitig, also etwa am Vortag oder sogar noch früher, angekündigt. Andere öffentliche Verkehrsmittel, Carsharing, kurze Wege – in der Stadt ist das Ausweichen in der Regel leichter als auf dem Land. Rechtlich tut das aber nichts zur Sache. „Zur Not müssen Arbeitnehmer auf eigene Kosten ein Taxi nehmen, auch das ist zumutbar“, sagt Oberthür.

Ist Homeoffice sowieso schon Praxis im Arbeitsalltag, hat der Arbeitnehmer gute Chancen, dieses auch für den Streiktag gestattet zu bekommen. Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht dürfte der Arbeitgeber in diesem Ausnahmefall verpflichtet sein, die Arbeitsleistung zu Hause zu ermöglichen. Rechtsprechung hierzu gibt es allerdings bislang noch nicht.

Mietwagen oder Fernbus: Die Alternativen

Muss man zwingend am Streiktag reisen, können Mietwagen oder Fernbus zwei Optionen sein. Wer jetzt schon weiß, dass er während der Streiktage mobil sein muss, sollte lieber zeitnah buchen. Oft ließen sich Buchungen bis 24 Stunden vorher auch wieder kostenfrei stornieren – zum Beispiel, falls wider Erwarten der Zug doch fährt.

Kommt die Bahn dafür auf? Der Bahngastrechte-Fachmann und Jurist André Schulze-Wethmar vom Europäischen Verbraucherzentrum klärt über die Rechte Bahnreisender auf: Wenn sie die Alternativen selbst organisiert, dann ja: Denkbar wären etwa Fernbus-Sammelbeförderungen von einzelnen Bahnhöfen oder Taxifahrten, wenn etwa am Sonntagabend der Zug im Bahnhof stehen bleibt und es noch viele Passagiere gibt, die eine Stadt weiter müssen.

Wer im Vorfeld ein Mietauto oder Flugticket bucht, kann aber nicht darauf hoffen, dass dieses Geld erstattet wird. „Man kann versuchen, sich die vorgestreckten Kosten erstatten zu lassen - aber im Zweifel wird die Bahn ablehnen“, lautet die Einschätzung von Schulze-Wethmar. Einfacher wäre es, sich den Preis für das Bahnticket erstatten zu lassen und sich auf eigene Kosten um die Alternative zu kümmern.

Wer ein Deutschlandticket hat, kriegt Pauschalsätze

Und was ist mit Zeitfahrkarten oder Abo-Tickets wie dem Deutschlandticket? Sie können ja streikbedingt zwei Tage nicht genutzt werden. Hier gibt es Schulze-Wethmar zufolge pauschale Sätze.

Bei einer Bahncard 100 der 2. Klasse zum Beispiel sind es für jede Zugverspätung ab 60 Minuten zehn Euro. Beim Deutschlandticket sind es laut Bahn pro Verspätungsfall von mehr als einer Stunde 1,50 Euro - weil sie aber erst ab 4 Euro Entschädigungssummen auszahlt, müssen Reisende mehrere Fälle sammeln, ehe sie beim Servicecenter Fahrgastrechte ihre Ansprüche geltend machen.

Flüge

Immer wieder streiken auch Flughäfen. Hier sollten Reisende sich zunächst bei der Airline erkundigen, welche Möglichkeiten bestehen – etwa Umbuchungen. Auch bei einem streikbedingten Flugausfall können Passagiere gegenüber der Fluggesellschaft darauf pochen, alternativ ans Ziel befördert zu werden – und sei es erst am nächsten Tag. Sie können stattdessen auch den Ticketpreis zurückverlangen, müssen sich dann aber selbst darum kümmern, wie sie von A nach B kommen.

Bei ausgefallenen innerdeutschen Verbindungen bieten Airlines oft die Option, das Ticket in eine Bahnfahrkarte umzuwandeln. Das wird bei diesem Streik freilich kaum möglich sein.

Wer eine Flugpauschalreise gebucht hat und am Montag abfliegen wollte, sollte den Veranstalter kontaktieren. Der habe auch bei einem Warnstreik Sorge zu tragen, die Urlauber ans Ziel zu bringen, erklärt Verbraucherschützerin Menold. Falls ein Urlaubstag verloren geht, lässt sich der Reisepreis gegebenenfalls anteilig mindern. (mit dpa)

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