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KrankenkassenStudenten ab 30 zahlen mehr

Lesezeit 3 Minuten

Die Studentinnen Nina Zenelka und Sandra Göhricke ärgern sich über die Tarife ihrer Krankenkassen.

Köln – Nina Zenelka war sehr überrascht, als sie einen Brief von ihrer Krankenkasse bekam. Darin teilte die AOK Rheinland/Hamburg der Studentin mit, dass sie Zenelkas Beitrag verdoppeln müsse, weil sie bald ihren 30. Geburtstag feiert würde. "Statt 78 Euro musste ich auf einmal 158 Euro bezahlen", sagt die heute 32-Jährige, die an der Kölner Universität Deutsch und Sozialwissenschaft auf Lehramt studiert.

Ein Schock, denn Zenelka kommt mit Bafög und Gelegenheitsjobs gerade einmal auf ein Einkommen von 700 bis 800 Euro. Abzüglich aller anderen Fixkosten bleiben ihr 280 Euro im Monat, von denen sie nun mehr als die Hälfte an die Krankenkasse zahlen muss. Auch ein mehrmaliger Wechsel der Kasse, etwa zur Barmer GEK, half nicht - der hohe Tarif blieb. "Ich finde, das ist eine ziemliche Frechheit", sagt sie.

Von den höheren Kassenbeiträgen ist auch Sandra Göhricke betroffen. Die 38-Jährige studiert ebenfalls in Köln auf Lehramt - und ist nicht etwa eine Bummelstudentin. Im Gegenteil: Göhricke ist alleinerziehende Mutter, hat ebenso wie Nina Zenelka auf dem zweiten Bildungsweg ihr Abitur nachgeholt und mit 34 Jahren ihr Studium begonnen. Mit Bafög, Kindergeld, Unterhalt, Jobs und Wohngeld verdient sie zwar knapp 2000 Euro im Monat. Mit dem Geld muss sie aber auch ihre beiden Kinder (zwölf und 15) finanzieren. Übrig bleiben der Familie am Ende des Monats nur 600 Euro, die 157 Euro Kassenbeitrag schmerzten da sehr, sagt Göhricke.

Die Kassen räumen die Einteilung der Studenten in zwei Tarifgruppen ein: Angehende Akademiker unter 30 Jahren werden als Studenten versichert. Sind sie älter als 30 oder studieren länger als 14 Fachsemester, fallen sie aus der studentischen Krankenversicherung heraus und müssen sich freiwillig versichern, erläutert Thorsten Jakobs von der Barmer GEK. Ausnahmen gelten nur bei längerer Krankheit und Schwangerschaft. Berechnungsgrundlage für den Tarif sei die Beitragsbemessungsgrenze von 921,67 Euro. "Wer mehr verdient, muss noch mehr zahlen", so Jakobs.

Schuld an der Regelung seien aber nicht die Kassen, sondern der Gesetzgeber: Ein Passus im Sozialgesetzbuch V - Paragraf 5, Absatz 1, Nummer 9 - regelt die Versicherungstarife von Studenten. Im Bundesgesundheitsministerium teilt man auf Anfrage des "Kölner Stadt-Anzeiger" mit: "Mit der grundsätzlich geltenden Obergrenze von 30 Jahren für die Versicherungspflicht als Studierende sollen die Belastungen der Solidargemeinschaft durch die niedrigen Beiträge der Studierenden in vertretbaren Grenzen gehalten werden." Mit anderen Worten: Es muss gespart werden. Begründet wird die Maßnahme damit, dass Studenten willkürlich ihr Studium verlängern und so die günstigen Tarife ausnutzen könnten. Daher seien Ausnahmeregelungen "eng auszulegen". "Das ist eine Unverschämtheit", sagt Studentin Göhricke. "Wir werden klar benachteiligt." Regina Behrendt von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen fordert nun, dass die Krankenkassen für Menschen mit geringen Einkommen sozial verträgliche Tarife festsetzen.