Keine Shorts, keine MatjesWelche Benimmregeln heute noch in Theater und Oper gelten

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Theater Oper

In Oper und Theater gelten nach wie vor einige Benimmregeln.

  • Aber bitte mit Stil! In unserer Kolumne „Wie geht’s?“ dreht sich alles um das richtige Verhalten. Ob bei offiziellen Anlässen, beim Essen, im Gespräch oder vor dem Kleiderschrank.
  • Protokollchefin i.R. Ingeborg Arians, Redakteurin und Modeexpertin Eva Reik, Restaurant-Chef Vincent Moissonnier sowie Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch schreiben abwechselnd über das richtige und stilvolle Auftreten.
  • In Theater und Oper wird heute manches großzügiger gesehen als früher. Trotzdem gibt es noch immer einige Benimmregeln, an die man sich halten sollte. Ingeborg Arians erklärt, welche das sind.

Köln – Opernabende, Theateraufführungen und klassische Konzerte sind Hochämter der bürgerlichen Kultur mit viel Tradition. Dazu gehört logischerweise auch ein ganzer Strauß an Benimmregeln. Allerdings wird heute manches großzügiger gehandhabt als früher. Bestes Beispiel: der Dresscode. Vom langen Kleid bis zum Minirock, vom Smoking bis zur Jeans – alles ist erlaubt, und zwar parallel.

Die theoretische Möglichkeit, dass ein „Kulturtempel“ per Hausrecht eine bestimmte Kleiderordnung vorschreibt, kommt in der Praxis nur noch selten vor. Jede und jeder darf sich also so anziehen, wie sie oder er möchte. Trotzdem empfehle ich für den Wohlfühleffekt zwei Faustregeln. Erstens: Alltagskleidung nur, wenn es nicht anders geht. Mit einer – wie auch immer – herausgehobenen Garderobe drücken Sie Ihre Wertschätzung für das Ereignis und die Darbietenden aus. Zweitens: Schön, aber bequem. Wählen Sie eine Bekleidung, in der Sie es mehrere Stunden auf einem womöglich engen Sitz aushalten. Mit einer Ausnahme: Keine Shorts! Kurze Hosen im Konzert sind nach wie vor tabu, für Männer wie für Frauen.

Zur Person

Ingeborg Arians 2

Ingeborg Arians

Foto: Michael Bause

Alles zum Thema Henriette Reker

Ingeborg Arians, geboren 1954, hat Sprachen und Volkswirtschaftslehre studiert und ist Dipl.-Übersetzerin für Französisch, Spanisch und Englisch. Von 1986 bis 2019 war sie Leiterin der Abteilung Repräsentation und Protokoll im Amt der Oberbürgermeisterin der Stadt Köln. In dieser Zeit arbeitete sie für insgesamt vier Oberbürgermeister und die amtierende OB Henriette Reker.

Für das Thema Pünktlichkeit gilt: Eine halbe Stunde vor Beginn am Ort zu sein, gibt Ihnen ausreichend Gelegenheit, die Atmosphäre aufzunehmen und Ihren Mantel loszuwerden. Mit einer pünktlichen Ankunft vermeiden Sie es obendrein, zu spät zu kommen. Ein sinnloser, weil allzu selbstverständlicher Hinweis? Nicht ganz: Anders als in Vorträgen oder anderen öffentlichen Veranstaltungen gestatten Konzertveranstalter es Nachzüglern nicht, sich noch schnell in den Saal zu stehlen. Stattdessen heißt es: Warten bis zur ersten Pause. Ein vermeidbarer Frust.

Bitte nicht mitsingen!

Bevor Sie Ihren Platz einnehmen, prüfen Sie dessen Lage: Je weiter in der Mitte einer Reihe Sie sitzen, desto früher sollten Sie sich dorthin begeben. Nur so vermeiden Sie das lästige Aneinandervorbeidrängeln. Dafür galt bis 2020: Immer mit dem Gesicht zu den Anwesenden durch die Reihe gehen. Corona hat dieses eherne Gesetz scheinbar fluid gemacht. Aber wofür gibt es die Maske?

Auch wenn die Wiedersehensfreude mit Ihrer Nachbarin im Abo-Konzert groß ist: Bitte nicht zwischendurch schwätzen! Und erst recht nicht mitsingen! Keinen „Gefangenenchor“ und auch nicht die „Ode an die Freude“. Dafür stehen die Profis auf der Bühne.

Geklatscht wird grundsätzlich erst am Ende eines Konzertstücks oder wenn der Vorhang fällt. Bei einer mehrsätzigen Sinfonie ist Zwischenapplaus extrem störend. Wenn Sie mit den Stücken nicht so vertraut sind, hilft für die Satzfolge ein Blick ins Programmheft oder die Orientierung an versierteren Zuhörenden.

Ein paar Minuten Wartezeit für Künstlerinnen und Künstler in Kauf nehmen

Aufstehen in laufender Aufführung? Möglichst nicht. Für Menschen mit schwacher Blase ist das eine Herausforderung, ich weiß. Aber bedenken Sie immer auch die Zumutung für andere. Zur Pause oder am Ende eines Konzerts ist es opportun, so lange zu bleiben, bis der Dirigent die Musiker gehen lässt oder sich der Vorhang endgültig senkt. Vorzeitig in die Pause zu stürzen oder den Schlussapplaus nicht abzuwarten, ist eine grobe Unsitte. Sie lässt vor allem den Respekt vor den Künstlerinnen und Künstlern vermissen. Für sie sollte man die wenigen Minuten Wartezeit in der Schlange beim Pausensekt oder später im Parkhaus investieren.

„Wie geht’s?“

In unserer Kolumne beantworten vier Experten abwechselnd in der Zeitung Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Ingeborg Arians, Protokollchefin der Stadt Köln a.D., weiß, wie man sich bei offiziellen Anlässen richtig verhält. Journalistin Eva Reik kennt sich bestens aus mit Mode und der passenden Kleidung zu jeder Gelegenheit. Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, hat die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete. Und Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren. (jf)

Senden Sie uns Ihre Fragen bitte per Mail an: Stilkolumne@dumont.de

Noch eine Bitte: Vermeiden Sie schweres Parfüm oder übertrieben aufgetragenes Eau de Toilette. Der Duft, der Sie erfreut, könnte die Nase Ihrer Nachbarn quälen. Und essen Sie Ihren Matjes oder die Spaghetti aglio e olio unbedingt erst nach der Vorstellung. Essensdünste haben schon so manchen Konzertabend zur Tortur werden lassen.

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