KultwirtinOma Kleinmann ist tot

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Oma Kleinmann ist tot. (Bild: Stefan Worring)

Oma Kleinmann ist tot. (Bild: Stefan Worring)

Innenstadt – Paula Kleinmann, Kultwirtin aus dem Kwartier Latäng, ist im Alter von 95 Jahren nach kurzer Krankheit am Montagmorgen im Hildegardis-Krankenhaus gestorben.

Es ist gerade einmal sieben Wochen her: Da saß Paula Kleinmann freudestrahlend und bester Laune in ihrer alten Kneipe im Studentenviertel, um Geschichten aus ihrem Leben zu erzählen. Zusammen mit dem Autor dieser Zeilen hatte sie unzählige Male Fans, Freunde, alte Stammgäste und Neugierige in die Kultkneipe gelockt. Viele kölsche Musikanten machten Musik zur Lesung aus dem Buch über ihr Leben; die gebürtige Westfälin genoss aus vollen Zügen noch einmal im Mittelpunkt zu stehen. Die Wirtin war auch mit 95 Jahren immer noch ein Unterhaltungsprofi. Gekonnt erklärte sie den Unterschied zwischen Kölschen und Westfalen, lästerte über Fernsehköche und erzählte herrliche Witze. Anlässlich ihres Geburtstages flimmerte bei den letzten Lesungen vor ihrem Tod noch einmal ihr legendärer Auftritt beim „Kölner Treff“ vor 30 Jahren über die Großbildleinwand. „Oma Kleinmann“ genoss genau wie die anderen Gäste die Zeitreise, lachte Tränen über sich selbst.

1941 war die gebürtige Westfälin nach Köln gekommen, wo sie nach dem Krieg mit ihrem zweiten Mann das berühmte, kleine Lokal an der Zülpicher Straße eröffnete. Unzählige Studentengenerationen sind seitdem von der „vorzüglichen Köchin und Meisterin der zündenden Witze“, wie schon 1951 eine bundesweit erscheinende Fachzeitung feststellte, bekocht worden. Im „Goldenen Krug“ - so der Name der Kneipe, der sich nie einbürgerte - faszinierte vor allem die bunte Mischung des Publikums: Anwohner trafen auf Studenten, Promis auf ein urkölsches Publikum. Vor allem der Karneval bei den Kleinmanns ist legendär. Paula inszenierte die Nubbelverbrennung lange bevor sie im Studentenviertel zum Massenereignis für Imis wurde. Mit anderen Ideen wie der eines kleinen Straßenfestes belebte sie das Viertel, dessen Wandlung zur Partymeile für Touristen ihr nicht behagte.

In den 70er Jahren fand Paula Kleinmanns Kochkunst bundesweite Resonanz. 1975 ließ sie zum 25. Geburtstag der Gaststätte eine Speisekarte mit 42 Hauptgerichten, allein 22 Wildgerichte, sowie 26 kleineren Speisen und Suppen drucken. Die Karte und die mit ihr verbundene Vielfalt der Küche war Paula Kleinmanns ganzer Stolz. Unvergessen sind die vorweihnachtlichen Gänseessen.

Der Abschied als Chefin der eigenen Kneipe fiel ihr schwer. Ihr Wunsch, nach dem Tod ihres Sohnes das Lokal dauerhaft an einen ihrer Enkel weitergeben zu können, ging nicht in Erfüllung. Nach den Weihnachtsferien 2003 wurde das Lokal „Bei Oma Kleinmann“ nach nur kurzer Pause von Olaf und Maureen Wolf weiter betrieben, die sich seitdem auch um die weiterhin im Haus wohnende Paula kümmerten. Als „Gegenleistung“ schälte Paula Kleinmann bis vor wenigen Wochen jeden Tag eimerweise Kartoffeln.

Ein Termin für ihre Bestattung steht noch nicht fest.

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