Mein KölnWarum die Jungfrau keine Frau ist

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Arnold Unkelbach (Bild: Hennes)

Arnold Unkelbach (Bild: Hennes)

Köln – Von wegen, Frauen haben im Karneval nichts zu sagen. Es war seine Mutter, die dafür sorgte, dass Arnold Unkelbach 1935 die Jungfrau im Kölner Dreigestirn stellen durfte. Die Patronin im Hause der Kaufmanns-Familie mit mehreren Lebensmittelgeschäften stellte eine für den damals 19-jährigen Gymnasiasten, der noch am Hansaring zur Schule ging, entscheidende Forderung.

Der Präsident des Festausschusses Kölner Karneval (heute: Festkomitee) Thomas Liessem bat Vater Arnold Unkelbach, mit dem er als Getränkehändler beruflich zu tun hatte, ihm seinen Sohn Willi als Bauern für das Dreigestirn zur Verfügung stellen. Und da war es Mutter Juliane, die darauf bestand: Dann soll der sieben Jahre jüngere Bruder Arnold Jungfrau werden. Es ist überflüssig zu betonen: Der weibliche Wille setzte sich durch.

„Und unser Vater sollte Prinz werden“, erinnerte sich Arnold Unkelbach nun während eines Interviews mit dem Filmemacher Hermann Rheindorf für die neue „Kölner Stadt-Anzeiger“-DVD „Mein Köln - Fastelovend im Film“. Doch da hatte die Mutter zu hoch gepokert: „Der Prinz war schon da und wollte nicht bis zum nächsten Jahr zurück treten“, erzählt der 94-jährige Lindenthaler. Es wurde nichts daraus, alle drei närrischen Regenten aus einer Familie zu stellen - und war dennoch eine ungewöhnliche Session: Prinz Konrad Maaßen (ein Aachener) und die Brüder hatten sich während ihrer Amtszeit nicht viel zu sagen und gingen auch im Ornat oft getrennte Wege, was heute undenkbar wäre. Die Lebensmittel-Erben schmissen ihre Rosenmontags-Kamelle auch nicht per Hand, sondern mit Schaufeln, „damit sie weiter flogen und die Leute in den oberen Etagen auch was mitbekommen“. Andere Straßen seien so eng gewesen, „dass wir den Leuten in den Fenstern die Hände reichen konnten“. Doch am meisten Spaß machte es dem Jungspund, der sich noch von einer der ersten Bühne herab in seine spätere Ehefrau Maria verliebte, sich gekonnt wie ein Mädchen zu gebärden. Auswärtige Männer ohne Köln-Kenntnisse hätten manchmal wirklich nicht vermutetet, dass Unkelbach ein Mann war, ihn mit ernsthaften Absichten zum Tanzen aufgefordert und sogar küssen wollen. „Ich ging sogar auf die Damentoilette“, freut sich der ehemalige Kaufmann noch heute über sein Rollenspiel. Im Gegensatz zu den Nationalsozialisten damals, „die das gar nicht gerne sahen“. Unkelbach musste deshalb beim Gauleiter vorsprechen, sein Bruder nicht.

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Auf Arnold Unkelbach sollten vorerst nur noch zwei männliche Jungfrauen folgen. Dann wurden sie - auf Druck der NSDAP - zwei Jahre lang von Frauen dargestellt. Bei diesen beiden Ausnahmen blieb es jedoch. Unkelbach erklärt, warum: „Die Frauen vertrugen den Alkohol einfach nicht so.“ Mehrfach hätten die „echten“ Jungfrauen früher heimgefahren werden müssen, „weil sie in jedem Saal Sekt gereicht bekamen“. Die restlichen Abendtermine hätten Prinz und Bauer alleine absolvieren müssen.

Die erste DVD-Kollektion „Mein Köln - Filmgeschichte(n) einer Stadt“ kann online oder unter Ruf 0 18 05 / 55 83 75 (0,14 Euro / Min. a.d.dt. Festnetz) bestellt werden. Die neue Karnevals-Reihe ist ab Oktober erhältlich.

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